
Additiv oder alternativ?

Derzeit gebe es keine prospektive Evidenz aus klinischen Studien, um validiert beantworten zu können, ob CDK4/6-Inhibitor und Chemotherapie bei Erkrankten mit frühem HR+/HER2- Brustkrebs kombiniert oder sequenziell verabreicht werden sollten, erläuterte Prof. Dr. Frederik Marmé, Universitätsklinikum Mannheim. In den beiden adjuvanten Phase 3-Studien monarchE und NATALEE hatten Forschende die Kombination aus CDK4/6-Inhibitor plus endokriner Therapie (ET) in einer Gruppe von Personen mit hohem Rezidivrisiko mit der alleinigen adjuvanten ET verglichen.
Es ergaben sich jeweils signifikante Wirksamkeitsvorteile. Unter anderem verlängerte sich das invasive krankheitsfreie Überleben (iDFS), ohne allerdings bislang einen signifikanten OS-Benefit zu generieren. Da in beiden Studien der Großteil der Teilnehmenden (neo-)adjuvant chemotherapeutisch vorbehandelt war, ist laut Prof. Marmé davon auszugehen, dass der „nachgewiesene Nutzen der adjuvanten CDK4/6-Inhibitor-Therapie zusätzlich zum Chemotherapie-Benefit“ bestehe. Eine Unklarheit gebe es dahingehend, ob dies auch bei geringerem Rezidivrisiko der Fall sei. Grundsätzlich gelte, dass ein niedriges Risiko mit einem geringen absoluten Vorteil einhergehe.
Daten aus dem neoadjuvanten Setting – CORALEEN- und NeoPAL-Studien – weisen laut Prof. Marmé darauf hin, dass Chemotherapie und CDK4/6-Inhibition (+ ET) bei ähnlicher Wirksamkeit unterschiedliche Effekte auf definierte Surrogat-Endpunkte erzielen. In beiden Untersuchungen erreichte die neoadjuvante CDK4/6-Hemmung (plus ET) eine deutliche Reduktion der Tumorproliferation, die im Vergleich zur Chemo ausgeprägter war und in der CORALEEN-Studie auch schneller abnahm. Unter CDK4/6-Inhibition waren mehr Patient:innen anhand des ROR*-Scores nach ROR-low konvertiert, der Ki-67-Wert fiel deutlicher ab und mehr Erkrankte hatten einen niedrigen PEPI-Score (PEPI 0; preoperative endocrine prognostic index).
Im Zweifelsfall
Bestehen im klinischen Alltag Zweifel sowohl am Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie als auch an der ausreichenden Effektivität der ET, sieht Prof. Marmé in der CDK4/6-Inhibition im Einzelfall auch eine „alleinige Alternative zur adjuvanten Chemotherapie“. Beispiele seien ältere (≥ 75 Jahre) und/oder komorbide Patient:innen mit HR+/HER2- frühem Brustkrebs und einer Lebenserwartung von < 10 Jahren, so sein persönliche Fazit.
Neoadjuvante Chemotherapie und Studienlimitationen
Im neoadjuvanten Chemotherapie-Arm erreichten dagegen mehr Teilnehmende eine pathologische Komplettremission (pCR) und eine Reduktion der residualen Tumorlast (RCB 0/1). Limitation beider Studien ist die geringe Fallzahl – jeweils gut 100 Personen waren eingeschlossen. In NeoPAL bestand zudem in der CDK4/6-Inhibitor-Gruppe die Option des Cross-overs zur Chemotherapie.
Für die Mehrheit der Erkrankten mit HR+/HER2- frühem Brustkrebs und hohem Rezidivrisiko – definiert als N2/3 – ist laut Prof. Marmé weiterhin eine adjuvante Chemotherapie mit nachfolgender ET „gängige Praxis“. Es sei jedoch nicht auszuschließen, dass es in diesem Kollektiv eine Gruppe gibt, die keinen Vorteil aus einer adjuvanten Chemo zieht. Eine wichtige klinische Studie, in der Forschende dies unter anderem validieren, sei ADAPTcycle.
Bei Patient:innen mit frühem HR+/HER2- Mammakarzinom und N1-Situation bzw. N0-Situation plus Risikofaktoren definiere sich die Chemotherapie-Indikation anhand eines hohen genomischen Risikoprofils, betonte der Referent. Zudem bestehe eine Indikation für die Gruppe der prämenopausalen Betroffenen, wenn diese auf eine kurze endokrine Induktion nicht angesprochen haben. Wichtige klinische Daten zu diesem Kollektiv werden von der RIBO-LARIS- und der ADAPTcycle-Studie erwartet.
* risk-of-recurrence
Quelle:
Marmé F. 43. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag: „CDK4/6 Inhibition – additiv oder alternativ zur Chemotherapie“
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).