Unfruchtbar vom Sex

Dr. Andrea Wülker

Die Pelvic inflammatory disease (PID) kann auch Unfruchtbarkeit bei der betroffenen Frau zur Folge haben. Die Pelvic inflammatory disease (PID) kann auch Unfruchtbarkeit bei der betroffenen Frau zur Folge haben. © fotolia/pololia

Eine junge, sexuell aktive Frau klagt über Unterbauchschmerzen – in diesem Fall sollten Sie immer auch an eine Entzündung der oberen Geschlechtsorgane denken. Subklinische Verläufe werden leicht übersehen und die Therapie zu spät eingeleitet. Nicht selten ist dann eine Sterilität die Folge.

Pelvic inflammatory disease (PID) lautet der Oberbegriff für ein Spektrum von auf einer genitalen Infektion beruhenden Erkrankungen. Dazu zählen z.B. Endometritis, Salpingitis, Tuboovarialabszess, Peritonitis im kleinen Becken und deren Kombinationen. Inzidenz und Schwere der PID sind zwar rückläufig, trotz vorhandener Therapiemöglichkeiten resultieren jedoch oft Fertilitätsprobleme, extrauterine Schwangerschaften oder chronische Unterbauchschmerzen – vor allem durch verpasste subklinische Verläufe und teils fehlende Präventionsprogramme, so Dr. Gian-Piero Ghisu von der Frauenklinik des Universitätsspitals Zürich und Kollegen.

Erreger teils aus dem Atemtrakt

Ursache der akuten Form, definiert als eine Krankheitsdauer ≤ 30 Tage, ist eine aus Zervix oder Vagina aufsteigende bakterielle Infektion. In über 85 % der Fälle werden die Keime sexuell übertragen. Die übrigen Fälle gehen auf das Konto von Erregern des Atem- oder Magen-Darm-Trakts, die den unteren Genitaltrakt kolonisieren. Der chronischen Ausprägung (> 30 Tage Dauer) liegt z.B. eine Infektion mit Mycobacterium tuberculosis oder Actinomyces-Spezies zugrunde – oder sie ist Überbleibsel einer akuten PID. Hat sich ein Tuboovarialabszess gebildet, spricht man von einem komplizierten Verlauf.

Verschiedene Keime können die Erkrankung auslösen:

  • Chlamydia trachomatis (für bis zu 60 % der Fälle verantwortlich)
  • Neisseria gonorrhoeae
  • Anaerobier (Rolle hinsichtlich Ausprägung und Verlauf noch nicht vollständig geklärt)
  • Mycoplasma genitalium (selten, bei Therapieversagen bedenken)

Auch die bakterielle Vaginose könnte mit der PID in Zusammenhang stehen, die Autoren sprechen aber von einer noch unklaren Kausalität.

Inzwischen kommt es tendenziell häufiger zu atypischen, milderen klinischen Verläufen. Bei Unterbauchschmerzen gilt es daher, immer an eine Pelvic inflammatory disease zu denken, besonders wenn Symptome plötzlich und perimens­truell auftreten.

 

Kombinationstherapie der Pelvic inflammatory disease
BehandlungsregimeDosis und Dauer
Leichte bis mäßige Form1

Ceftriaxon

plus

Doxycyclin**

einmalig 1g i.m. oder i.v.

und

2 x 100 mg/d für 14 Tage

2Moxifloxacin1 x 400 mg/d für 14 Tage
3

Amoxicillin/ Clavulansäure

plus

Doxycyclin**

2-3 x 875 mg/125 mg/d oral*

und

2 x 100 mg/d oral für 14 Tage

Schwere Form1

Ceftriaxon

plus

Metronidazol

plus

Doxycyclin**

1 x 2 g/d i.v.*

und

2 x 500 mg/d i.v. oder oral*

und

2 x 100 mg/d möglichst oral für 14 Tage

2

Piperacillin/Tazobactam

plus

Doxycyclin**

4g/0,5 g alle 8 h i.v.*

und

2 x 100 mg/d möglichst oral, mind. 14 Tage

Die Schemata 1 und 3 bei leichter bis mäßiger Form können zusätzlich mit Metronidazol kombiniert werden. * Therapiedauer abhängig von der Klinik. Fausregel: mind. 7 Tage, i.d.R. nicht mehr als 14 Tage, Absetzen der i.v. Therapie frühestens 24 h nach deutlicher Besserung. ** Doxycyclin kann durch Azithromycin ersetzt werden.
Quelle: S2k-Leitlinie Infektionen mit Chlaymidia trachomatis, AWMF-Register Nr. 059/005, www.awmf.org

 

Klinisch finden sich fast immer druckdolente Beckenorgane

Betroffene Frauen können über Blutungsstörungen, Schmerzen und Kontaktblutungen beim Geschlechtsverkehr, Dysurie oder vaginalen Ausfluss klagen. Fieber kann, muss aber nicht bestehen. Die Diagnose erfolgt primär klinisch. Die Gynäkologen empfehlen Abdomenpalpation, bimanuelle Untersuchung sowie vaginale Spekulumeinstellung. In über 95 % der Fälle lassen sich druckdolente, überempfindliche Beckenorgane tasten. Putrider Ausfluss am Wattestäbchen, vulnerable Portio oder massenhaft Leukozyten in der Nativdiagnostik des Scheidensekrets erhärten den Verdacht. Bei normalem Ausfluss und fehlender Leukorrhoe gilt die PID als unwahrscheinlich.

Eine transvaginale Sonographie sollte bei allen Patientinnen durchgeführt werden, eine Magnet­resonanztomographie bleibt ausgewählten Fällen vorbehalten. Bestehen weiterhin Zweifel, kann eine Bauchspiegelung helfen. Bei unauffälliger Laparoskopie kommt eine Endometriumbiopsie in Betracht.

In jedem Verdachtsfall muss untersucht werden, ob eine Infektion mit N. gonorrhoeae oder C. trachomatis vorliegt – wobei die mikrobiologische Diagnostik am besten aus dem Zervikal- oder Vaginalabstrich gelingt. Unbehandelt führt etwa jede fünfte Chlamydieninfektion zu einer klinisch manifesten Pelvic inflammatory disease.

An weiterer Diagnostik empfehlen die Autoren:

  • Blutbild und CRP (normale Werte schließen PID nicht aus)
  • Schwangerschaftstest (Extrauteringravidität?)
  • HIV-Test (HIV-positive Frauen haben ein erhöhtes Risiko für Tuboovarialabszesse)

Bestätigt sich der Verdacht, wird empirisch mit Breitspektrumantibiotika behandelt, die die wahrscheinlichsten Erreger abdecken. Ein verzögerter Therapiestart kann die Fertilität weiter beeinträchtigen. Leichte bis mittelschwere Fälle ohne Komplikationen können ambulant angegangen werden.

Risikofaktoren

  • häufig wechselnde Sexualpartner
  • junges Alter
  • Rauchen
  • Drogenkonsum
  • Scheidenspülungen

Sexualpartner der letzten 60 Tage mitbehandeln

Eine Klinikeinweisung ist erforderlich bei Schwangerschaft, Notwendigkeit eines chirurgischen Eingriffs, ausbleibendem Ansprechen auf die Therapie nach 72 Stunden, unklarer Diagnose, schwerem Verlauf oder Unfähigkeit der oralen Medikamenteneinnahme. Der empirischen Mitbehandlung des Partners kommt eine zentrale Bedeutung zu. Sämtliche Sexualpartner der letzten 60 Tage – bzw. der letzte Partner, falls der jüngste Verkehr länger zurückliegt – sollten eine chlamydien- und gonokokkenwirksame Therapie erhalten.

Quelle: Ghisu G-P et al. Schweiz Med-Forum 2017; 17: 597-603

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