US-Chemotherapieprotokoll wirksamer, verträglicher und kürzer

Josef Gulden

Eine Vergleichsstudie prüft die Effektivität der amerikanischen und europäischen Chemotherapie-Behandlung für das Ewing-Sarkom. Eine Vergleichsstudie prüft die Effektivität der amerikanischen und europäischen Chemotherapie-Behandlung für das Ewing-Sarkom. © Caner – stock.adobe.com

Das Ewing-Sarkom wurde in Europa und den USA bislang mit zwei verschiedenen Chemotherapie-Regimen behandelt. Ein randomisierter Vergleich erfolgte nun erstmals in einer multinationalen Studie. Darin war die amerikanische Variante deutlich überlegen.

Das Ewing-Sarkom ist ein seltener Knochen- oder Weichteiltumor – in ganz Europa werden pro Jahr zwischen 500 und 600 Fälle diagnostiziert. Rund 80 % der Erkrankten sind Kinder und junge Erwachsene. Mit Kombinations-Chemotherapien werden Drei-Jahres-Raten für das ereignisfreie Überleben (EFS) von rund 65 % erreicht. Das OS beträgt nach drei Jahren ca. 75 %. Im metastasierten Stadium sinken die Raten leicht; liegen extrapulmonale bzw. extrapleurale Filiae vor, sind die Aussichten mit einer Überlebensrate von knapp 30 % deutlich schlechter. 

Die in den USA und in Europa gebräuchlichen Chemotherapien unterscheiden sich nach Zusammensetzung und Dauer. Prof. Dr. ­Bernadette Brennan vom Royal Manchester Children’s Hospital und Kolleg:innen verglichen nun in der Phase-3-Studie EURO EWING 2012 die beiden Regime. Zwischen 2014 und 2019 randomisierten sie 640 Patient:innen im medianen Alter von 15 Jahren (2–49) aus 110 Zentren in zwei Behandlungsarme (siehe Kasten). 

US-Variante erscheint tendenziell verträglicher

Nach einem medianen Follow-up von 47 Monaten betrug die Drei-Jahres-EFS-Rate mit dem europäischen Protokoll 61 % und mit dem US-amerikanischen 67 %. Die adjustierte Hazard Ratio von 0,71 begünstigte mit einem 95%-Konfidenzintervall von 0,55–0,92 das amerikanische Vorgehen; die Wahrscheinlichkeit, dass die echte Hazard Ratio unter 1 lag, betrug mehr als 99 %. Ähnlich fiel das Ergebnis für das OS aus, mit Drei-Jahres-Raten von 74 % versus 82 % (HR 0,62; 95%-KI 0,46–0,85).

Europäisch vs. US-amerikanisch

Das europäische Regime bestand aus einer Induktion mit Vincristin, Ifosfamid, Doxorubicin und Etoposid (VIDE) sowie einer Konsolidierung, deren Zusammensetzung vom Risiko abhing: Patient:innen mit lokalisierter Erkrankung und geringem Rezidivrisiko erhielten einen Zyklus Vincristin, Actinomycin D und Ifosfamid (VAI) und sieben Zyklen Vincristin, Actinomycin D und Cyclophosphamid (VAC). Hatten sie ein hohes Risiko wurden sie mit einem Zyklus VAI und einem Zyklus Busulfan und Melphalan behandelt. Bestanden Kontraindikationen gegen letztere Substanzen oder wiesen die Betroffenen Lymphknoten- oder Fernmetastasen auf, erhielten sie acht Zyklen VAI.

Das amerikanische Protokoll umfasste die Induktion aus neun Zyklen von alternierendem VDC (Vincristin, Doxorubicin, Cyclophosphamid) und IE (Ifosfamid, Etoposid) und die Konsolidierung aus fünf Zyklen alternierendem IE und VC oder einem Zyklus VAI mit Busulfan und Melphalan (letzteres Regime bei lokalisierter Hochrisiko-Erkrankung ohne Kontraindikationen für die beiden Substanzen).

Auch die Verträglichkeit war mit dem amerikanischen Regime tendenziell besser: Febrile Neutropenien vom Grad 3–5 traten hier mit 58 % seltener auf als mit dem europäischen Protokoll (74 %). Zudem benötigten in der ersten Gruppe mehr Personen Thrombozyten-Transfusionen (64 % vs. 43 %), während das Verhältnis bei Bluttransfusionen umgekehrt war (87 % vs. 89 %). Das Toxizitätsgeschehen spiegelte sich auch darin wider, dass 75 % der Patient:innen in Arm 2, aber nur 58 % in Gruppe 1 sämtliche Konsolidierungszyklen erhalten konnten. Zudem war die Dauer des amerikanischen Regimes im Mittel zwölf Wochen kürzer. 

Kombination mit TKI sollte geprüft werden

Dieses Protokoll sei nun auch in Europa der neue Standard zur Behandlung des Ewing-Sarkoms, resümieren die Autor:innen. Die gute Wirksamkeit und Verträglichkeit sprächen außerdem dafür, dieses Regime in künftigen Studien mit Nicht-Chemotherapie-Optionen wie Tyrosinkinase-Inhibitoren zu kombinieren, für die es bereits positive, frühe klinische Daten gibt.

Quellen:
Brennan B et al. Lancet 2022; 400: 1513–21. DOI: 10.1016/S0140-6736(22)01790-1

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Eine Vergleichsstudie prüft die Effektivität der amerikanischen und europäischen Chemotherapie-Behandlung für das Ewing-Sarkom. Eine Vergleichsstudie prüft die Effektivität der amerikanischen und europäischen Chemotherapie-Behandlung für das Ewing-Sarkom. © Caner – stock.adobe.com