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Vergipst und zugenäht: Frisch Operierte dürfen nur unter bestimmten Bedingungen fliegen

Eine Flugreise verlangt schon einem Gesunden einiges ab. Die Luftfeuchtigkeit wird an Bord gezielt niedrig gehalten, der Luftdruck ist hohen Schwankungen ausgesetzt, dazu kommt noch die Immobilität, zu der die Passagiere verurteilt sind. Für Frischoperierte können solche Belastungen erst recht zu einer Herausforderung werden, schrieben Dr. Corinna Trevisan vom Fliegerärztlichen Institut in Dübendorf und Kollegen.
Nach Mandel- oder Schönheits-Op. zwei Wochen warten
Ob sie eine Reise trotzdem wagen dürfen, hängt vor allem von Art und Zeitpunkt des Eingriffs ab. HNO-Patienten haben zum Beispiel am ehesten mit den speziellen Druckverhältnissen in der Luft zu kämpfen. Der Druck im Kabineninneren wird beim Steigflug abgesenkt und vor der Landung angehoben. Wenn der Druckausgleich im Ohr über die Eustachische Röhre nicht einwandfrei funktioniert, kann das gerade beim Landen zu Problemen führen.
Ein solches Barotrauma hat manchmal Schmerzen, Schwindel oder Blutungen bis zu Trommelfellrupturen zur Folge. Schaffen Betroffene den Druckausgleich im Ohr nicht, gilt das als Beleg der Fluguntauglichkeit. Gegen leichtere derartige Störungen, beispielsweise nach einer Nasen-Op. oder bei Schleimhautschwellungen, helfen oft abschwellende Tropfen oder das Vasalva- (Aufbau von Überdruck bei zugehaltener Nase) bzw. Toynbee-Manöver (Schlucken bei zugehaltener Nase).
Nach einer Tonsillektomie, Adenotomie, Uvuloplastik, frakturbedingten oder schönheitschirurgischen Operationen im Gesichtsbereich fordert die International Air Transport Association sogar eine postoperative Wartezeit von zwei Wochen. Grund: die erhöhte Blutungsgefahr.
Gasreste im Gelenk gehen gleich mit in die Luft
Vorsicht ist auch angebracht nach arthro- oder laparoskopischen sowie einigen intrathorakalen und intrakraniellen Eingriffen, bei denen Gas in das Operationsgebiet eingeleitet wird. Noch vorhandene Reste können sich nach dem Start ausdehnen und Schmerzen, Übelkeit und in seltenen Fällen sogar dauerhafte Schäden verursachen. Theoretisch drohen auch Perforationen oder Anastomoseninsuffizienzen. Aus Sicherheitsgründen empfehlen Experten deshalb nach derartigen Operationen eine Wartezeit von mindestens 24 Stunden.
In der Literatur findet sich sogar der Rat, mit bildgebenden Verfahren vor Reisebeginn extra zu prüfen, ob wirklich kein Gas mehr in Bauch oder Gelenk vorhanden ist. Aus demselben Grund empfiehlt es sich, zirkuläre Gipsverbände vor Reiseantritt zu spalten. Und Achtung nach Spinalanästhesie; die schwankenden Druckverhältnisse führen evtl. zu einer Leckage im Bereich der Punktionsstelle.
Der Sauerstoffpartialdruck ist an Bord ebenfalls ein anderer als am Boden. Das muss man nach Eingriffen mit hohem Blutverlust oder bei Atemproblemen im Auge behalten. Eine Thromboseprophylaxe stellt heute vor einer Flugreise nicht nur bei Frischoperierten die Regel dar. Allerdings bringt sie manchmal unter diesen Umständen neue Komplikationen mit sich, weil sie das Blutungsrisiko erhöht.
Airlines dürfen den Transport verweigern
Raten Sie Ihrem Patienten auf jeden Fall von der Flugreise ab, wenn er nicht einmal die Mindestanforderungen erfüllt: Jeder Passagier, sagen Fachleute, sollte in der Lage sein, symptomlos eine Gehstrecke von 50 Metern zu absolvieren oder mindestens ein Stockwerk Treppen zu bewältigen.
Ein Tipp empfiehlt sich außerdem immer: die Reisebedingungen der einzelnen Airlines zu studieren. Denn sie dürfen in bestimmten Fällen den Transport eines frisch Operierten einfach verweigern. Auch wichtig ist es, vorher anzurufen, wenn der Fluggast nicht in der Lage ist, bei Start, Landung oder Turbulenzen aufrecht zu sitzen. Hier kann ein sogenannter Stretcher helfen, der aber stets eine qualifizierte Begleitperson erfordert. Diese muss man 48 bis 72 Stunden vor der Reise bestellen.
Quelle: Trevisan C et al. Swiss Medical Forum 2017; 17: 420-424
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