Viele Ältere können auf Statine zur Primärprävention verzichten

Statine werden auch bei alten Menschen häufig verordnet – in den USA schluckt heute bereits jeder dritte über 79-Jährige einen solchen Fettsenker. Ausreichende Evidenz für den Nutzen dieser Therapie bei älteren Patienten gibt es aber nicht, wie Professor Dr. Michael Freitag von der Abteilung für Allgemeinmedizin an der Universität Oldenburg darstellt. Fragwürdig ist der Statineinsatz insbesondere in der Primärprävention bei über 75-Jährigen.

Für diese Altersgruppe konnte in mehreren Studien zwar ein mäßiger Nutzen in Bezug auf kardiovaskuläre Ereignisse festgestellt werden. Einen signifikanten Vorteil hinsichtlich der Gesamtsterblichkeit belegten die Arbeiten aber nicht. Der Autor berichtet von einer weiteren Untersuchung, derzufolge Atorvastatin Menschen über 65 Jahren keinen Überlebensvorteil gegenüber Placebo brachte, jenseits des 75. Lebensjahres die Mortalität aber leicht erhöhte. Den Daten einer Beobachtungsstudie nach profitierten über 75-Jährige ohne Diabetes nicht von der Therapie. Anders könnte das aber bei Diabetikern dieser Altersgruppe aussehen, vor allem bei denjenigen mit einem kardiovaskulären Gesamtrisiko von > 20 % in zehn Jahren, schreibt der Autor.

Vornehmlich bei Älteren kann es unter Statinen vermehrt zu muskuloskelettalen Erkrankungen wie Myopathien, Myalgien, Muskelschwäche und Arthropathien kommen, erinnert er. Und das wiederum kann den Allgemeinzustandes verschlechtern sowie Sturzgefahr und Gebrechlichkeit erhöhen. Insbesondere bei reduzierter Lebenserwartung und eingeschränktem Allgemeinzustand sollte man daher den Statineinsatz prüfen, meint Prof. Freitag und schlägt folgendes Vorgehen vor:

• Ältere gebrechliche Patienten mit limitierter Lebenserwartung: Statine absetzen
• Sekundärprävention bei vorliegenden kardiovaskulären Erkrankungen: Statintherapie fortführen
• Patienten mit Diabetes: Statintherapie fortführen.
• Über 75-Jährige zur Primärprävention: Entscheidung gemeinsam mit dem Patienten treffen, bei limitierter Evidenz.

Quelle: Freitag M. Arzneiverordnung in der Praxis 2019