Vitamin-B12-Mangel richtig erkennen

Dr. Andrea Wülker

6–12 % der Erwachsenen unter 60 Jahren 
haben einen Vitaminmangel. Neben Haarausfall schlägt das Defizit oft auch auf die Psyche. 6–12 % der Erwachsenen unter 60 Jahren haben einen Vitaminmangel. Neben Haarausfall schlägt das Defizit oft auch auf die Psyche. © Siam – stock.adobe.com

Haarausfall, Lethargie oder Gefühlsstörungen an Händen und Füßen können Ausdruck von zu wenig Vit­amin B12 sein. Bestätigen Sie den Verdacht mit den richtigen Tests und gleichen Sie das Defizit unkompliziert wieder aus.

Vitamin-B12-Mangel kommt häufiger vor als gedacht: Rund 6–12 % der unter 60-jährigen Erwachsenen sind davon betroffen. Doch es gibt bestimmte Risikogruppen, die besonders anfällig für ein Defizit sind, schreiben Dr. Nithya­ Sukumar­ und Professor Dr. Ponnusamy­ Saravanan­ von der Warwick Medical School, Coventry. Dazu zählen Schwangere, Babys und Kleinkinder, Vegetarier/Veganer sowie ältere Menschen. Auch Patienten mit bestimmten Grunderkrankungen entwickeln häufiger einen Vitamin-B12-Mangel.

Erworbene Ursachen für einen B12-Mangel

  • Anorexia nervosa
  • Alkoholismus
  • perniziöse Anämie
  • altersassoziierte atrophische Gastritis oder H.-pylori-Infektion
  • Malabsorptive Erkrankungen, z.B. M. Crohn, Pankreasinsuffi­zienz, Resektion von Magen oder Ileum
  • Medikamente wie Metformin, H2-Rezeptorantagonisten, Protonenpumpeninhibitoren, orale Kontrazeptiva

Die Symptome eines B12-Defizits können vor allem in frühen Stadien unspezifisch sein. Manche Patienten berichten über Haarausfall, Lethargie oder Gewichtsverlust bzw. Diarrhö, wenn eine Malabsorption besteht.

Test auf perniziöse Anämie nicht nur nach dem B12 richten

Im Zusammenhang mit einer Anämie kann es zu auffälliger Blässe, Dyspnoe oder Kurzatmigkeit kommen. Auch neuropsychiatrische Symptome wie kognitiver Abbau, Depression, Gliederschwäche, Gangauffälligkeiten oder ein Taubheitsgefühl in Händen und Füßen können auf den Vitaminmangel hinweisen. Bei entsprechendem Verdacht sollten Hausärzte folgende Labor­tests veranlassen:
  • Vitamin B12 (< 150 pmo/l) und Folsäure im Serum; kombiniertes Defizit v.a. bei Malabsorption oder schwerer Mangelernährung
  • großes Blutbild (wichtig sind v.a. Hämoglobin, Hämatokrit und mittleres korpuskuläres Volumen) sowie Blutausstrich
  • Antikörper gegen Intrinsic Factor (bei klinischem Verdacht auf perniziöse Anämie)
  • Holotranscobalamin (wenn die B12-Spiegel trotz hoher klinischer Wahrscheinlichkeit eines Mangels grenzwertig sind oder das Gesamt-B12 ggf. zu tief gemessen wurde)

Fünf Fakten zum B12-Defizit

  1. Ein Vitamin-B12-Mangel kann sich durch unspezifische Symptome bemerkbar machen. Aber wenn häma­tologische oder neurologische Auffälligkeiten vorliegen, muss eine rasche Abklärung und Behandlung erfolgen.

  2. Das Defizit kann medikamentös induziert, ernährungsbedingt oder auf eine gastrointestinale Störung zurückzuführen sein. Die auf einer Autoimmunreaktion beruhende perniziöse Anämie kommt relativ selten vor.

  3. Überweisen Sie an einen Spezialisten, wenn es keinen offensichtlichen Grund für den Mangel gibt, die Therapie nicht greift, eine neurologische Störung oder eine persistierende makrozytäre Anämie vorliegt.

  4. Eine parenterale B12-Gabe ist bei dringend erforderlicher Behandlung, Verdacht auf gastrointestinale Malabsorption und älteren Patienten indiziert.

  5. Die orale Supplementation ist bei asymptomatischen Personen mit ernährungsbedingtem B12-Mangel eine geeignete Alternative.

Die Autoren empfehlen, bei Patienten mit hämatologischen oder neurologischen Symptomen unabhängig vom jeweiligen B12-Level nach einer perniziösen Anämie zu suchen (auf Antikörper gegen Intrinsic Factor testen). Das gilt auch für Patienten mit niedrigen Serum-B12-Werten ohne offensichtliche Ursache.

Holotranscobalamin gibt Auskunft über Gesamtspiegel

In der Diagnostik haben sich Tests auf spezielle Biomarker als sinnvoll erwiesen. Einer dieser Marker ist Holotranscobalamin. Die funktionelle bzw. aktive Form von Vitamin B12 korreliert im Allgemeinen­ mit den Gesamtspiegeln des Vitamins und wird nicht von Erkrankungen beeinflusst, die das B12 bindende Protein reduzieren. Erhöhte Werte an Methylmalonsäure und Homocystein sind Indikatoren eines B12-Mangels.

Symptomfreie Patienten erhalten orale Supplemente

Ein solches Defizit kann parenteral durch intramuskuläre oder tiefe subkutane Injektionen von Hydroxy­cobalamin ausgeglichen werden (z.B. 1 mg dreimal wöchentlich über zwei Wochen, anschließend einmal alle drei Monate). Bei asymptomatischen Personen ohne Hinweis auf Malabsorption kann Cyanocobalamin oral gegeben werden (50–150 µg/d). Letzteres kann auch als Erhaltungstherapie im Anschluss an eine parenterale Behandlung verabreicht werden.

Quelle: Sukumar N, Saravanan P. BMJ 2019; 365: l1865; DOI: 10.1136/bmj.l1865

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6–12 % der Erwachsenen unter 60 Jahren 
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