Von hoffnungslos zu hoffnungsvoll

ELCC 2023 Dr. Miriam Sonnet

Nicht vergessen dürfe man die Patient:innenbetreuung, mahnte Prof. Baas. Nicht vergessen dürfe man die Patient:innenbetreuung, mahnte Prof. Baas. © yodiyim – stock.adobe.com

Lange Zeit wurde das maligne Pleuramesotheliom mit Chemotherapien behandelt – mit Einführung von Immuntherapeutika steht bestimmten Patient:innen nun eine weitere Option zur Verfügung. Doch es gibt noch viel Potenzial nach oben.

In Bezug auf die Behandlung des malignen Pleuramesothelioms hat die Ära der Immuntherapie uns neue Hoffnung gegeben, sagte Prof. Dr. ­Paul ­Baas, The Netherland Cancer Institut in Amsterdam. Als „große Errungenschaft“ bezeichnete der Referent die Phase-3-Studie ­CheckMate 743 mit Nivolumab + Ipilimumab in der Erstlinie von nicht-resezierbaren malignen Tumoren. Das Vier-Jahres-OS betrug mit der Kombination 17 % gegenüber 11 % unter einer Chemotherapie und das mediane OS verbesserte sich auf 18,1 Monate (vs. 14,1 Monate; HR 0,73). Betrachte man sich allerdings die verschiedenen Histologien, so werde deutlich, dass Patient:innen mit epitheloiden Tumoren mit einem medianen OS von 18,2 Monaten vs. 16,7 Monate weniger von Nivolumab + Ipilimumab profitieren als solche mit nicht-epitheloider Pathologie (18,1 Monate vs. 8,8 Monate). 

Real-World-Daten aus Großbritannien, die zwischen 2013 und 2017 bei knapp 9.500 Erkrankten erhoben wurden, legen nahe, dass Personen mit sarkomatoidem Mesotheliom seltener eine Chemotherapie erhielten als solche mit epitheloidem und biphasischem Tumor. 

Neue Targets und Biomarker

Als vielversprechenden Ansatzpunkt bezeichnete Prof. Baas das oftmals beim Mesotheliom deletierte Tumorsuppressorgen BAP1. Dieses beeinflusse Transkription, DNA-Reparatur, Zellzykluskontrolle und zelluläre Differenzierung. Auch Bio­marker für Immuntherapien entwickeln sich weiter. Da die Tumormutationslast im Falle des Mesotheliom nicht sehr hoch ist, fokussiert man sich unter anderem auf Chromothripsis und Chromoplexie.

Ein weiteres Ergebnis: Ältere Patient:innen mit schlechterem Performancestatus hatten eine hohe Chance, mit best supportive care behandelt zu werden. „Im Moment schneiden wir hier nicht gut ab“, bemängelte Prof. Baas. Laut den Daten waren 83 % der Betroffenen männlich und älter. Die meisten begannen ihre Therapie­reise mit einer Platinkomponente. Nur 3 % nahmen an einer Studie teil. Anhand der Daten könne man verfolgen, wie sich die Strategien im Laufe der Zeit verändern – auch in Bezug auf Immuntherapien. „Die Teilnahme an Studien muss sich verbessern“, appellierte Prof. Baas.

Derzeitige Entwicklungen umfassen z.B. Studien, in denen Forschende Kombinationen aus Chemo- und Immuntherapie prüfen. Darüber hinaus gibt es epigenetische Ansätze, Untersuchungen zu neuen und alten Medikamenten, CAR-T-Zellen sowie Vakzinen. Als Beispiel für eine „alte“ Substanz nannte Prof. Baas Doxorubicin, das zwar gut wirke, aber mit zahlreichen Nebenwirkungen einherginge. Mittlerweile ist bekannt, dass die Substanz nicht nur DNA-schädigend wirkt, sondern darüber hinaus die Chromatinstruktur verändert, indem sie Histone entfernt. Letzteren Effekt hat auch u.a. Aclarubicin, das eine ähnliche Struktur wie Doxorubicin aufweist. 

Aclarubicin sei möglicherweise die bessere Substanz, so der Referent: Denn sie führe nur zu einer Histon-Eviction und nicht zu DNA-Schäden, wirke aber dennoch. Die Kardiotoxizitäten fielen im Mausmodell wesentlich geringer aus als die von Doxorubicin. „In Zukunft werden wir Substanzen wie Aclarubicin wahrscheinlich in der Zweitlinie verwenden“, vermutete der Referent. 

Nicht vergessen dürfe man die Patient:innenbetreuung, mahnte Prof. Baas. In der westlichen Welt sei diese gut: Medizinische Unterstützung kommt unter anderem von spezialisierten Zentren, Pflegeexpert:innen, palliativer Versorgung und Patholog:innen.

Darüber hinaus etabliert seien psycho­soziale Unterstützung und rechtlicher/finanzieller Support. In der restlichen Welt sieht die Lage jedoch anders aus: Man wisse nur wenig über Inzidenz und Prävalenz, außerdem fehlten unter anderem Daten zur Primärversorgung. „Zuallererst braucht es eine Akzeptanz und Anerkennung der Erkrankung“, forderte der Referent. Viele Länder seien allerdings nicht dazu bereit, Asbest zu verbieten. „Die Regierungen müssen aufwachen“, so Prof. Baas.

Quelle: Kongressbericht Baas P. European Lung Cancer Congress 2023; Mesothelioma Treatment: From hopeless to hopeful.

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