Von neuen Strategien, Resistenzen gegen EGFR-Inhibitoren zu umgehen

WCLC 2022 Josef Gulden

Ca. 50 % der NSCLC-Adenokarzinome weisen Treibermutationen auf. Beim Plattenepithelkarzinom beträgt die Rate nur 5- 10 %. 
Ca. 50 % der NSCLC-Adenokarzinome weisen Treibermutationen auf. Beim Plattenepithelkarzinom beträgt die Rate nur 5- 10 %. © Rasi – stock.adobe.com

Durch die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Osimertinib hat sich die Prognose von NSCLC-Patient:innen mit EGFR-Mutationen stark verbessert. Dennoch ist die Entwicklung von Resistenzen ein großes Problem, was neue Ansätze erfordert.

Osimertinib ist ein EGFR-TKI der dritten Generation und Standard für die Therapie von NSCLC-Patient:innen mit ­EGFR-Alterationen. Hauptresistenzmechanismus seien dabei ­EGFRC797X-Mutationen, konstatierte Prof. Dr. Suresh S. Ramalingam von der Emory University in Atlanta.1 Allerdings sei die Dynamik des Auftretens bisher nicht gut untersucht worden.

Mutationen entstehen und verändern sich im Verlauf

Der Referent legte eine Bestandsaufnahme zu den Mechanismen der Osimertinibresistenz vor: In einer großen US-amerikanischen Datenbank fanden er und seine Kolleg:innen unter rund 65.000 Personen mit NSCLC, von denen ­ctDNA-Analysen vorlagen, 9.306 mit Exon-19-Deletionen oder einer L858R-Punktmutation im EGFR-Gen. Von ihnen hatten 1.337 in der Erstlinie und 713 in der Zweitlinie Osimertinib erhalten.

Im ersten Jahr nach dem TKI in der Erstlinie stellten zunächst Amplifikationen des MET- und des CCNE1-Gens die häufigsten Resistenzmechanismen dar, die die Forschenden ab median 10,5 Monaten bzw. 9,1 Monaten nachweisen konnten. Daraufhin wurden diese Alterationen aber von EGFRC797X-Mutationen überholt. Fünf Jahre nach Beginn der Erstlinientherapie mit Osimertinib betrug die kumulative Inzidenz für MET- und CCNE1-Amplifikationen sowie C797X-Mutationen 6,4 % und 7,9 % sowie 8,0 %.

Bei der Zweitlinienbehandlung mit dem TKI war das Vorherrschen von C797X mit 17,5 % gegenüber 7,2 % bzw. 10,3 % für MET- bzw. CCNE1-Amplifikationen sehr viel stärker. Das unterstreicht Prof. Ramalingam zufolge die Notwendigkeit von neuen zielgerichteten Therapien, die sich gegen die Resis­tenzmechanismen richten.

In einer Phase-1-Studie, die Prof. Dr. Melina Marmarelis, University of Pennsylvania in Philadelphia,  vorstellte, wurden gleich zwei dieser Mechanismen angegangen:2 Die Autor:innen prüften bei bislang 20 Patient:innen mit rezidiviertem oder refraktärem NSCLC und mutiertem EGFR eine Kombination aus dem Drittgenerations-EGFR-TKI Lazertinib und dem EGFR-MET-bispezifischen Antikörper Amivantamab. Zusätzlich wurden die Erkrankten mit einer Chemotherapie aus Carboplatin und Pemetrexed behandelt. Median hatten die Teilnehmenden zwei Vortherapien erhalten.

JIN-A02 in Laborversuchen wirksam

Über einen Viertgenerations-EGFR-Inhibitor, JIN-A02, berichtete Prof. Dr. Bjoung Chul Cho vom Yonsei Cancer Center in Seoul. Die Substanz  hemmte in Zellkultur- und Tierversuchen die C797S-Mutante des Rezeptors ebenso wie die klassischen Varianten wie Exon-19-Deletionen oder T790M – und darüber hinaus seltenere Mutationen wie L718Q, für die es bisher keinerlei Therapieoptionen gibt. In den Experimenten wurde bei den Mäusen keine signifikante Toxizität beobachtet. Eine Phase-1-Studie ist derzeit in Planung.

Quellen:
Cho BC. IASLC WCLC 2022; Abstract MA07.08

Zehn Patient:innen erreichten nach median 7,1 Monaten Beobachtungszeit eine partielle Remission und sieben weitere eine Krankheitsstabilisierung. Bei den zehn Betroffenen mit Hirnmetastasen zu Beginn waren die Ansprechraten ähnlich hoch. Alle Responder und fünf der sieben Personen mit Krankheitsstabilisierung waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung weiterhin in Behandlung. Derzeit wird die Kombination bereits in der Phase-3-Studie MARIPOSA-2 in einem randomisierten Setting untersucht.

Eine etwas andere Strategie verfolgten Kolleg:innen in einer weiteren US-amerikanischen Phase-1b/2-Studie:3 Wie Prof. Dr. Dr. Jonathan Goldman von der University of California in Los Angeles berichtete, erhielten darin bisher 15 Erkrankte mit EGFR-mutiertem NSCLC, die nach Osimertinib progredient waren, den Inhibitor erneut, aber in Kombination mit dem EGFR-Antikörper Necitumumab und dem HER2-Antikörper Trastuzumab. In präklinischen Untersuchungen hatte eine solche duale EGFR-/HER2-Blockade eine lang anhaltende Rückbildung einer Osimertinibresistenz bewirkt.

Neue Substanz zielt auf ­C797-Mutation ab

In der Studie, so Prof. Goldman, war ein Ausschlag die häufigste Nebenwirkung. Fünf von acht bislang auswertbaren Personen (62,5 %) erzielten eine partielle Remission oder eine Krankheitsstabilisierung. Es sollen weitere Patient:innen rekrutiert werden.

Eine weitere Neuentwicklung, ­BBT-176, hemmt die C797S-Mutante von EGFR und wird in einer Phase-1-Studie geprüft, in der bisher 25 Teilnehmende mit vorausgegangener Anti-EGFR-Therapie den TKI erhielten, so Prof. Dr. Dr. Sun Min Lim, Yonsei Cancer Center in Seoul.4 In einer ersten vorläufigen Auswertung schrumpfte der Tumor mehrerer Erkrankter, darunter auch solcher mit dreifach mutiertem EGFR. 

Quellen:
1.Ramalingam S. IASLC WCLC 2022; Abstract MA07.03
2. Marmarelis M. IASLC WCLC 2022; Abstract MA07.04
3. Goldman JW. IASLC WCLC 2022; Abstract MA07.05
4. Lim SM. IASLC WCLC 2022; Abstract MA07.09

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Ca. 50 % der NSCLC-Adenokarzinome weisen Treibermutationen auf. Beim Plattenepithelkarzinom beträgt die Rate nur 5- 10 %. 
Ca. 50 % der NSCLC-Adenokarzinome weisen Treibermutationen auf. Beim Plattenepithelkarzinom beträgt die Rate nur 5- 10 %. © Rasi – stock.adobe.com