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Von TIL bis Bispecific

Checkpoint-Inhibition sowie zielgerichtete Therapien hätten die Behandlung von Patient:innen mit fortgeschrittenem Melanom in den vergangenen Jahren „dramatisch verbessert“, betonte Prof. Dr. John Haanen, Netherlands Cancer Institute, Amsterdam.1 So würde etwa die Kombination aus Nivolumab und Ipilimumab häufig als Erstlinientherapie im metastasierten Setting eingesetzt; gegen PD(-L)1 gerichtete Substanzen seien Standard in der Adjuvanz von Tumoren im Stadium III. Trotz dieser enormen Fortschritte gebe es aber weiterhin einen hohen Bedarf an neuen Optionen. Prof. Haanen: „Rund 50 % der Erkrankten mit Stadium-IV-Melanom sterben immer noch binnen fünf Jahren nach der Diagnose an ihrer Erkrankung.“
Als erfolgversprechende Strategie sieht Prof. Haanen die Behandlung mit tumorinfiltrierenden Lymphozyten (TIL). Nachdem diese bereits in verschiedenen Phase-1/2-Studien wirksam waren, liegen nun Phase-3-Daten vor. Die 168 Teilnehmenden mit nicht-resezierbarem Melanom in den Stadien IIIC–IV hatten maximal eine systemische Vortherapie erhalten. Die Randomisierung erfolgte zu TIL oder Ipilimumab.
Laut Prof. Haanen wurde der primäre Endpunkt, eine Verbesserung des PFS nach RECIST 1.1 gemäß der Bewertung der Investigator:innen, erreicht. Nach einem medianen Follow-up von rund 22 Monaten war das PFS unter dem Einfluss der TIL-Therapie gegenüber Ipilimumab im Erst- sowie Zweitliniensetting bei Anti-PD(-L)1-refraktären Erkrankten signifikant verbessert (median 7,2 Monate vs. 2,1 Monate; HR 0,5; p < 0,001). Zudem zeigte sich bereits ein Trend zu einem besseren OS. 49 % der Erkrankten des Prüfarms sprachen auf die Behandlung an, darunter 20 % mit einer kompletten Remission (CR) versus 21 % (7 % CR) in der Kontrolle.
Neue Sicherheitssignale wurden laut dem Referenten nicht beobachtet. Bemerkenswert war auch, dass die gesundheitsbezogene Lebensqualität unter dem Einfluss der TIL besser ausfiel als unter Ipilimumab. Prof. Haanens Fazit: „TIL könnten eine mögliche neue Behandlungsoption für Erkrankte mit fortgeschrittenem Melanom werden.“ Der Registrierungsprozess bei der Zulassungsbehörde EMA sei bereits gestartet.
Tumorinfiltrierende Lymphozyten
Im Zuge der Herstellung werden Lymphozyten, die sich im Zentrum des Malignoms befinden, aus chirurgisch entfernten Melanomläsionen gewonnen, in Ex-vivo-Kultur nach einem Rapid-expansion-Protokolls angereichert und dann der/dem Betroffenen nach nicht-myeloablativer, lymphodepletierender Chemotherapie in einer einzigen Infusion verabreicht, gefolgt von hoch dosiertem Interleukin-2.
Die Biologie uvealer Melanome unterscheide sich grundlegend von der kutaner Tumoren, erklärte Prof. Dr. Sebastian Ochsenreither, Charité – Universitätsmedizin Berlin.2 Erstere zeichneten sich durch spezifische Treibermutationen, chromosomale und genetische Veränderungen sowie eine extrem geringe Mutationslast aus. Das habe zur Folge, dass „die Ansprechraten auf systemische Therapien gering sind“. Da uveale Melanome fast immer in die Leber streuen, definiere die Kontrolle der hepatischen Metastasierung die Morbidität und Mortalität.
Im Rahmen der Behandlung metastasierter Tumoren komme der Lokaltherapie, die in Abhängigkeit vom Metastasierungsmuster, den Gefäßverhältnissen und der kardiovaskulären Fitness eingesetzt werde, ein hoher Stellenwert zu, sagte Prof. Ochsenreither. Der Experte plädierte dafür, die verfügbaren lokal-ablativen Optionen zur Behandlung von Lebermetastasen auszuschöpfen, da sie weniger toxisch und – zumindest bei HLA A*02:01-negativ Erkrankten – vermutlich äquivalent zu systemischen Ansätzen (duale Checkpoint-Inhibition, Chemotherapie, TKI) seien.
Systemischer Standard für HLA A*02:01-positive Personen ist der bispezifische T-Zell-Aktivator Tebentafusp, dessen Applikation laut Prof. Ochsenreither von erfahrenen Zentren initiiert und gesteuert werden sollte. In die randomisierte, kontrollierte Phase-2-Studie IMCgp100-102 waren HLA A*02:01-positive Erkrankte ohne vorherige systemische und lokale Leber-gerichtete Therapie (außer Operation) eingeschlossen. Unter Tebentafusp hatte sich im Vergleich zu einer Behandlung nach ärztlicher Wahl (Dacarbazin, Ipilimumab oder Pembrolizumab) ein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich des OS gezeigt (median 21,7 Monate vs. 16,0 Monate; HR 0,51). Die Ein-Jahres-OS-Rate betrug 73 % vs. 59 %. Prof. Ochsenreither riet dennoch dazu, im Einzelfall lokal ablative Verfahren als Alternative zu Tebentafusp zu prüfen.
Quelle:
1 Haanen J. Jahresstagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie 2023; Vortrag „Tumor-infiltrating lymphocyte (TIL) therapy“
2 Ochsenreither S. Jahresstagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie 2023 ; Vortrag „Aderhautmelanom “
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