NSCLC: Bei wem die Checkpoint-Inhibition warten sollte

Dr. Claudia Schöllmann

Der Erfolg von Checkpoint-Hemmern hängt von vielen Faktoren ab. Der Erfolg von Checkpoint-Hemmern hängt von vielen Faktoren ab. © Sebastian Kaulitzki – stock.adobe.com

„Das NSCLC ist eine Modellerkrankung für die biomarkergetriebene personalisierte Onkologie“, betont Professor Dr. Sonja Loges, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Aber wie ist der Stellenwert einer Checkpoint-Inhibition bei häufigen Treibermutationen? Ein Überblick.

Patienten mit EGFR/ALK-positiven nicht-kleinzelligen Lungentumoren (NSCLC) waren bei nahezu allen Erstlinienstudien zur Immunonkologie ausgeschlossen, erklärte Prof. Loges. Der Grund: Im Vorfeld wurden Phase-2-Studien durchgeführt. Und hier zeigte sich die Wirkungslosigkeit einer PD1-Inhibition bei EGFR-mutierten Patienten (PD-L1 > 1 %), die noch nicht mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) behandelt worden waren.

Die zugrunde liegenden Mechanismen sind noch nicht in allen Details geklärt, werden aber zunehmend besser verstanden, erläuterte die Referentin. Zum einen ist die PD-L1-Expression bei Patienten mit EGFR-mutierten Karzinomen geringer als bei denjenigen mit EGFR-Wildtyp-Tumoren. Zum anderen ist das Tumormicroenvironment von EGFR-mutierten Tumoren „kalt“, das heißt es ist immunologisch weniger aktiv. Vermutlich ist dieser Punkt besonders bedeutsam, betonte Prof. Loges.

Das zeigt sich beispielsweise daran, dass nur wenige tumorinfiltrierende Lymphozyten nachweisbar sind. Nicht zuletzt ist auch die Tumormutationslast bei EGFR-mutierten Tumoren geringer als bei Karzinomen ohne diese Treibermutation. All das könnte einen Beitrag dazu leisten, dass PD(-L)1-Inhibitoren bei EGFR-positiven Tumoren schlechter wirken. Für die Expertin bleibt damit festzuhalten: „Bei EGFR/ALK-mutierten NSCLC gibt es keinen Stellenwert für PD(-L)1-Inhibitoren in der Erstlinie.“

Als erstes zielgerichtete Kinasehemmer nutzen

Patienten mit EGFR/ALK-Treibermutationen sollten stattdessen eine zielgerichtete Behandlung mit einem TKI erhalten. Tritt nach einer solchen Behandlung ein Progress auf, empfiehlt Prof. Loges, zunächst eine Re-Biopsie anzustreben, um den Resistenzmechanismus und die daraus resultierenden Therapieoptionen zu analysieren.

Soll eine Immuntherapie erfolgen, sei es sinnvoll, den Checkpoint-Hemmer gemeinsam mit einer anti­angiogenen, gegen VEGF gerichteten Therapie zu verabreichen. Das bei EGFR/ALK-mutierten Tumoren in hoher Konzentration vorliegende VEGF sei nämlich nicht nur ein proangiogener, sondern auch ein bedeutender immunsuppressiver Faktor.

Laut der Referentin kann in dieser Situation eine Therapie mit Carboplatin/Paclitaxel/Bevacizumab in Kombination mit dem Checkpoint-Inhibitor Atezolizumab erwogen werden. In der IMpower150-Studie hatte sich damit ein Überlebensvorteil gezeigt (medianes Gesamt­überleben [OS] 19,2 Monate vs. 14,7 Monate; HR 0,78; p = 0,02).

Liste therapierbarer Targets bei NSCLC wird immer länger

Die zielgerichtete Behandlung des NSCLC wird sich in den nächsten Jahren erheblich ausweiten, berichtete Privatdozentin Dr. Lucia Nogova, Universitätsklinikum Köln. Denn für immer mehr Treiberalterationen stehen zielgerichtete Substanzen zur Verfügung oder befinden sich in klinischer Entwicklung. So wurde im September 2019 in der EU der TKI Larotrectinib zur Behandlung fortgeschrittener solider Tumoren mit NTRK-Fusionen zugelassen – eine seltene Alteration, die auch beim NSCLC ohne plattenepitheliale Histologie vorkommt. Beim Nicht-Plattenepithel-NSCLC befinden sich weiterhin in klinischer Testung:
  • Pyrotinib bei HER2-Mutationen,
  • Poziotinib bei Exon-20-Insertionen in EGFR oder HER2, die mit einem schlechten Ansprechen auf TKI einhergehen, sowie
  • Selpercatinib und Pralsetinib bei RET-Fusionen.
Bei der NSCLC-„Platte“ werden derzeit Capmatinib und Tepotinib bei MET-Exon-14-Skipping-Mutationen sowie Erdafitinib für FGFR1-Amplifikationen getestet. Dr. Nogova plädierte dafür, Patienten in klinischen Studien auch schon vor der Zulassung Zugang zu den neuen Substanzen zu ermöglichen. Voraussetzung sei eine frühe molekulargenetische Testung.

Situation für weitere Treibermutationen noch unklar

Die Monotherapie mit einem ­PD(-L)1-Hemmer stellt bei Patienten mit EGFR/ALK-Alterationen nach Auffassung von Prof. Loges dagegen allenfalls eine Option nach Versagen der Standardtherapien dar. Das progressionsfreie Überleben sei unter einer solchen Behandlung schlechter als bei einer Therapie mit Docetaxel. In dieser Situation solle „vor dem Vorliegen des molekularpathologischen Befundes bei Therapiedruck zunächst ein immunonkologiefreies Regime gewählt werden.“ Über den Zusammenhang von immunonkologischen Strategien und anderen Treibermutationen beim NSCLC ist die Datenlage bisher vergleichsweise dünn und teilweise widersprüchlich, sagte Prof. Loges. Therapierelevante Aussagen zum Einsatz einer Checkpoint-Inhibition bei diesen Treiberalterationen seien derzeit noch nicht möglich.

Quelle: DGHO-Jahrestagung 2019

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