Checkpoint-Inhibition: Nebenwirkungsspektrum der Krebsimmuntherapie

Dr. Elke Ruchalla

Immuncheckpoint-Inhibitoren machen zwar die Krebszellen angreifbar, sind jedoch auch mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Immuncheckpoint-Inhibitoren machen zwar die Krebszellen angreifbar, sind jedoch auch mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden. © iStock/wildpixel

Immuncheckpoints sind in der Onkologie von besonderer Bedeutung. Antikörpermedikamente lösen die krebsbedingte Blockade dieser Kontrollpunkte auf und ermöglichen den Immunzellen, die Tumorzellen zu erkennen und zu vernichten. Doch das geschieht nicht ohne Kollateralschäden. Denn auch das gesunde Gewebe kann angegriffen werden.

Die Immuncheckpoint-Inhibitoren haben die Behandlung vieler fortgeschrittener Malignome entscheidend verändert. Abhängig vom Tumortyp und dem eingesetzten immunonkologischen Medikament lassen sich bei Patienten mit Fernmetastasen, die in der Vergangenheit als unheilbar krank gegolten hätten, bisweilen dauerhafte Ansprechraten von bis zu 50 % erreichen. Doch je öfter diese neuartigen Arzneistoffe eingesetzt werden und je mehr dieser Antikörperpräparate ihren Weg in die reguläre Krebstherapie finden, desto deutlicher rücken ihre spezifischen, immunbedingten und teils fatalen Nebenwirkungen in den Blick, erklären Dr. ­Karmela K. Chan und Dr. ­Anne R. Bass.

Die Wissenschaftlerinnen vom Hospital for Special Surgery in New York haben die einschlägige Literatur gesichtet und vor allem Hautausschläge, Kolitiden, Entzündungen der Leber und des Lungengewebes, endokrine und muskuloskelettale Nebeneffekte der neuen Wirkstoffe als bedeutsam ausgemacht.

CTLA4-Hemmer am gefährlichsten

Diese Ereignisse sind keine Seltenheit, im Gegenteil: Nahezu jeder Patient, der einen Checkpoint-Inhibitor bekommt, muss entsprechende Reaktionen in Kauf nehmen. Schwerwiegende Nebenwirkungen treten bei jeder vierten Monotherapie auf. Unter einer Kombinationsbehandlung – etwa dann, wenn ein CTLA4*-Hemmer zusammen mit einem gegen PD1** oder PD-L1*** gerichteten Antikörper gegeben wird – trifft es fast jeden zweiten Patienten.

Checkpoint-Inhibitor ist dabei nicht gleich Checkpoint-Inhibitor: Offenbar stehen die verschiedenen Klassen dieser neuartigen Arzneistoffe in unterschiedlichem Maß für bestimmte unerwünschte immunologische Effekte, wobei Kombinationen riskanter zu sein scheinen als die Einzelwirkstoffe. Tödliche Komplikationen kommen unter CTLA4-Hemmern etwa dreimal so häufig vor wie unter PD1- oder PD-L1-Blockern (1,2 % vs. 0,4 %). Die Letalität scheint bei Myokarditiden und Myositiden am höchsten zu sein.

Einige Immuncheckpoint-Hemmer und ihre Ziele:
Blockade vondagegen gerichtete monoklonale Antikörper
cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4 (CTLA4) CTLA4-Inhibitoren
z. B. Ipilimumab
programmed cell death protein 1 (PD1) PD1-Inhibitoren
z.B. Pembrolizumab, Nivolumab, Cemiplimab
programmed cell death protein ligand 1 (PD-L1) PD-L1-Inhibitoren
z.B. Atezolizumab, Avelumab, Durvalumab

Erst die Haut, dann die inneren Organe

Die unerwünschten Reaktionen weisen ihre ganz eigene Chronologie auf. Nach Therapiebeginn mit CTLA4-Inhibitoren treten etwa Exantheme schon nach zwei bis drei Wochen auf. Probleme mit dem Gastrointestinaltrakt, der Leber oder der Lunge lassen sich in der Regel nach sechs oder sieben Wochen beob­achten, während sich endokrinologische Komplikationen mit neun bis elf Wochen länger Zeit lassen. Sogar mit einer Verzögerung von zwei Jahren können sich die unerwünschten Effekte noch zeigen.

Oftmals erkennen die behandelnden Ärzte diese immunologischen Reaktionen nicht als solche, schreiben die beiden Autorinnen. Etwa weil aus naheliegenden Gründen nicht bei jedem Patienten mit Durchfall eine Endoskopie und Gewebebiopsie erfolgt. Doch nur mit ihr ließe sich zum Beispiel die Diagnose einer auto­immunen Kolitis sichern. Umso wichtiger wären validierte Biomarker, die sich beispielsweise aus dem Blut heraus bestimmen lassen. Auch die „hauseigene“ Darmflora und deren Veränderungen stellen Parameter dar, die künftig als Marker für die ungewollten Effekte einer immunonkologischen Therapie dienen könnten.

Schwerere Komplikationen mit Immunsuppressiva mildern

Die Behandlung der teils lebens­bedrohlichen Komplikationen unter Checkpoint-Inhibitor-Therapie stützt sich derzeit im Wesentlichen auf die üblichen Immunsuppressiva. Wobei die endokrinologischen Komplikationen in diesem Punkt eine Ausnahme bilden: Bei ihnen reicht oftmals eine Hormonsubstitution aus, etwa mit Thyroxin im Falle einer Thyreoiditis. Ansonsten lässt sich bei leichteren Reaktionen zunächst aufmerksam zuwarten.

Bei höhergradigen Ereignissen muss man dann aber doch zu Kortikosteroiden greifen, schreiben Drs. Chan und Bass. Die Therapie mit den Checkpoint-Hemmern sollte dann – zumindest vorübergehend – ausgesetzt werden. Bei schweren Nebenwirkungen sind auch schon Biologika zum (Off-Label-)Einsatz gekommen, z.B. der Tumornekrosefaktor-α-Blocker Infliximab.

Sind die Immunreaktionen abgeklungen, kann sich ein weiterer, vorsichtiger Therapieversuch mit demselben oder einem anderen Checkpoint-Hemmer lohnen. Nur bei gut der Hälfte der Betroffenen kommt es erneut zu Reaktionen. Die allerdings verlaufen dann öfter tödlich.

* cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4
** programmed cell death protein 1
*** programmed cell death ligand 1

Quelle: Chan KK, Bass AR. BMJ 2020; 369: m736; DOI: 10.1136/bmj.m736

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Immuncheckpoint-Inhibitoren machen zwar die Krebszellen angreifbar, sind jedoch auch mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden. Immuncheckpoint-Inhibitoren machen zwar die Krebszellen angreifbar, sind jedoch auch mit teils erheblichen Nebenwirkungen verbunden. © iStock/wildpixel