Immuntherapie wirksamer machen

Josef Gulden

Natürliche Killerzellen sind nur eine Möglichkeit die Immunogenität zu erhöhen. Natürliche Killerzellen sind nur eine Möglichkeit die Immunogenität zu erhöhen. © SciePro – stock.adobe.com

Mittlerweile haben Immuntherapien auch beim kleinzelligen Lungenkarzinom einen festen Platz. Doch nur ein Teil der Tumoren ist wohl sensibel für Checkpoint-Inhibitoren. Die möglichen Ursachen diskutierten drei Ärzte.

Ein langfristiges Ansprechen auf Checkpoint-Inhibitoren, wie man es z.B. vom NSCLC kennt, ist beim SCLC selten zu beobachten. Ausnahmen gibt es allerdings: So präsentierte Professor Dr. ­David Barbie­, Dana-Farber Cancer Institute, Boston, den Fall eines Patienten, der nach zwei nicht ausreichend wirksamen Chemotherapie-Linien mit drei Zyklen Nivolumab/Ipilimumab eine Komplettremission entwickelte, die sechs Jahre nach der Erstdiagnose noch immer anhält. Die Herausforderung bestehe nun darin, Faktoren zu identifizieren, die ein solches Ansprechen vorhersagen.

Bei hoher MHC-I-Expression eignen sich CPI

Als potenziellen Marker nannte der Referent die Expression von MHC-I- Molekülen. Ein Charakteristikum des SCLC ist nämlich, dass es nur selten MHC-I stark exprimiert. Die wenigen Patienten, deren Tumoren gut auf eine Checkpoint-Blockade ansprechen, zählen zu der kleinen Subgruppe mit einer hohen Expression, erklärte Prof. ­Barbie.

Eine transiente Hemmung des EZH2-Transkriptionsfaktors führte in neuroendokrinen SCLC-Zellen dazu, dass sich daraus SCLC-Zellen nicht-endokriner Histologie mit hoher MHC-I-Expression bildeten. Möglicherweise zeichnen sich hier neue Optionen ab, um die Suszeptibilität dieses Tumors gegenüber Immuntherapien zu erhöhen.

Von einem anderen neuen Ansatz erzählte Professor Dr. Kate­ Sutherland­, Walter and Eliza Hall Institute of Medical Research, Melbourne. Sie konzentriert sich in ihrer Arbeit auf natürliche Killerzellen (NK-Zellen), die im angeborenen Immunsystem das Äquivalent zu den CD8+ zytotoxischen T-Lymphozyten darstellen. NK-Zellen hängen vom Wachstumsfaktor Interleukin 15 ab und spielen eine wichtige Rolle bei der Verteidigung des Organismus gegen infizierte Zellen und Karzinome. Die Zytotoxizität, die sie auf diese Zellen ausüben, basiert auf Perforin und Granzyme B und ist – im Gegensatz zu den T-Zellen – unabhängig von der Antigenpräsentation.

Drei Eigenschaften sprechen für NK-Zellen als Ansatz

In der Klinik sind effektive Immuntherapien, die NK-Zellen nutzen, bisher nicht verfügbar. Aber präklinisch wurden laut Prof. Sutherland­ bereits vielversprechende Eigenschaften gefunden:

  1. NK-Zellen, nicht aber CD8-Zellen, können die Metastasierung des SCLC im Tiermodell kontrollieren.
  2. Eine Hyperaktivierung von NK-Zellen – durch IL-15 oder einen aktiven TGFβ-Signalweg – provoziert ihre Aggressivität gegen SCLC-Metastasen.
  3. Es könnten Synergien zwischen der Aktivierung von NK-Zellen und T-Zell-basierten Immuntherapien bestehen.

Während in den frühen Studien mit Checkpoint-Inhibitoren beim rezidivierten SCLC die zuvor bekannten Überlebensraten nach einem Jahr mehr als verdoppelt zu werden schienen, konnte das in nachfolgenden Studien mit verschiedenen Checkpoint-Inhibitoren nicht reproduziert werden. Nur eine kleine Subgruppe von weniger als 10 % der Patienten hatte dabei ein länger dauerndes Ansprechen, so die Ärztin.

Dr. Nitin­ Roper­, National Cancer Institute, Bethesda, berichtete über ein umfangreiches genetisches Profiling von Patienten, die auf eine PD-L1-Blockade mit Durvalumab kombiniert mit dem PARP-Inhibitor Olaparib eine Komplettremission entwickelt hatten. Sie zeigten u.a. eine starke Expansion von T-Zellen während der Therapie. Ein solcher expandierter Klon war bei einem Patienten bereits vor der Behandlung im Tumor nachweisbar, nicht aber in einem zerebralen Rezidiv.

Eine Exom-Sequenzierung brachte keine Unterschiede zutage, die mit einem Ansprechen korreliert hatten, während die RNA-Sequenzierung einen Zusammenhang einer verstärkten Expression von Genen immunologischer Signalwege mit dem klinischen Nutzen der Blockade ergab. Besonders prominent war dieser Effekt dem Referenten zufolge beim Notch-Signalweg. Multivariate Analysen ergaben in mehreren unabhängigen Kohorten von SCLC-Patienten, dass eine Notch-Aktivierung der wichtigste Prädiktor für das Ansprechen auf diese Therapien ist. Die gängigen molekularen Subgruppen dieses Karzinoms korrelierten hingegen nicht mit der Wirksamkeit.

Überexpression von NOTCH1 fördert Antigenpräsentation

Das passt wiederum zu Befunden, wonach eine Notch-Aktivität an der Umwandlung neuroendokriner zu nicht-neuroendokrinen Zellen beteiligt ist: Eine verminderte neuroendokrine Differenzierung scheint nämlich mit einer intrinsischen Tumorimmunität und mit dem verbesserten Ansprechen auf die immunologischen Effektoren zusammenzuhängen. Die Überexpression von NOTCH1 fördert zudem die Präsentation von Antigenen in SCLC-Zellen.

Eine Aktivierung des Notch- und möglicherweise auch von anderen Immun-Signalwegen scheint also mit einem klinischen Nutzen einer Checkpoint-Blockade beim rezidivierten SCLC assoziiert zu sein. Notch-Signaling könnte durch Verminderung der neuroendokrinen Differenzierung die intrinsische Tumorimmunität beim SCLC verändern. Derzeit wird in Dr. Ropers Labor an der Entzifferung der Mechanismen für diese Vorgänge gearbeitet und daran, diese Befunde auch in der Erstlinie nachzuweisen.

Quelle: Barbie D, Sutherland K, Roper N. IASLC 2021 Hot Topic Meeting: Small Cell Lung Cancer; Session „Immunotherapy approaches in SCLC”

IASLC 2021 Hot Topic Meeting: Small Cell Lung Cancer

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Natürliche Killerzellen sind nur eine Möglichkeit die Immunogenität zu erhöhen. Natürliche Killerzellen sind nur eine Möglichkeit die Immunogenität zu erhöhen. © SciePro – stock.adobe.com