Checkpoint-Inhibition erfordert umfassende interdisziplinäre Zusammenarbeit

ASCO-GU 2022 Friederike Klein

Vor Beginn der Immuntherapie der Facharztes für die jeweilige Autoimmunerkrankung konsultiert werden. Vor Beginn der Immuntherapie der Facharztes für die jeweilige Autoimmunerkrankung konsultiert werden. © iStock/wildpixel

In klinischen Studien zur Krebsimmuntherapie werden Patienten mit Autoimmunkrankheiten meist ausgeschlossen. Dabei ist die Gabe von Checkpoint-Inhibitoren auch bei Rheuma und Co. nicht unmöglich, sie setzt jedoch eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit voraus. Das verdeutlicht die Kasuistik einer 60-Jährigen mit Nierenzellkarzinom und rheumatoider Arthritis.

Eine Behandlung mit Checkpoint-Inhibitoren (CPI) kann bei einer bestehenden Autoimmunkrankheit nicht nur die bekannten unerwünschten Immunnebenwirkungen auslösen, sondern auch einen Schub der Autoimmunerkrankung. Wie damit umzugehen ist, erläuterte Prof. Dr. Xin Gao vom Massachusettes General Hospital in Boston anhand des Falles einer 60-jährigen Patientin mit Nierenzellkarzinom (RCC).

Die Frau litt seit vielen Jahren unter einer seronegativen rheumatoiden Arthritis (RA), die unter einer Behandlung mit Diclofenac und Hydroxychloroquin stabil war. Da das RCC nicht metastasiert zu sein schien, wurde es zunächst reseziert, berichtete der Referent. Es zeigte sich eine klarzellige Histologie ohne sarkomatöse oder rhabdoide Anteile. Der Tumor hatte einen Durchmesser von 9,2 cm, die Exzisionsränder waren negativ und die Kollegen diagnostizierten ein Stadium pT3aNx. Bereits bei der ersten Kontrolle drei Monate nach der Nephrektomie fanden sich multiple, asymptomatische Metastasen in der Lunge. Nach den IMDC-Kriterien war das Risiko zu diesem Zeitpunkt als intermediär einzuschätzen (2 Punkte).

Eine Immuntherapie schien indiziert, ob zusammen mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor oder als kombinierte Checkpointblockade mit Ipilimumab plus Nivolumab. Allerdings gibt es dazu keine prospektiven Daten, betonte Prof. ­Gao, da Patienten mit Autoimmunerkrankungen von entsprechenden RCC-Studien ausgeschlossen wurden.

Bereits nach Stunden erste Arthralgien

Die Frau war einverstanden, eine Behandlung mit Pembrolizumab und Axitinib zu beginnen. Parallel stellte sie sich bei ihrem Rheumatologen vor und verabredete eine stabile Einnahme von Hydroxychloroquin sowie eine regelmäßige Kontrolle. Bereits Stunden nach der ers­ten Pembrolizumab-Infusion traten Arthralgien an verschiedenen Gelenken auf und die Patientin erhöhte die Dosis ihrer NSAR, woraufhin die Schmerzen wieder verschwanden.

Die nächste Kontrolluntersuchung beim Rheumatologen ergab allerdings eine Verschlechterung und die Hydroxychloroquin-Dosis wurde auf 400 mg/Tag gesteigert. Nach dem Start des zweiten Zyklus von Pembrolizumab plus Axitinib entwickelten sich erneut innerhalb von 24 Stunden an vielen Gelenken Arthralgien, Schmerz und Steifheit und die Frau war in Alltagsaktivitäten trotz NSAR-Einnahme eingeschränkt. Daraufhin begann sie eine Kortikosteroidtherapie, pausierte Pembrolizumab/Axitinib und entwickelte aber zusätzlich eine Thyreo­iditis.

Die Arthralgien sprachen auf Prednison an und die Kollegen begannen erneut die Axitinib-Gabe, setzten Pembrolizumab aber weiter aus. Die Schilddrüsenfunktionstests ergaben eine Hypothyreoiditis und die Patientin erhielt Levothyroxin. Nach Ausschleichen von Prednison stieg die Aktivität der Gelenkentzündungen wieder an. Der Rheumatologe versuchte es zunächst mit Sulfasalazin, das die Frau aber nicht vertrug. Danach erhielt sie Adalimumab zusätzlich zu Hydroxychloroquin.

CPI: Sicher und wirksam bei Autoimmunerkrankungen

In einer retrospektiven Auswertung prüften Forscher Sicherheit und Wirksamkeit von CPI bei Patienten mit fortgeschrittenem RCC und verschiedenen Autoimmunerkrankungen. In 31 % der Fälle flammte die vorbestehende Autoimmunerkrankung auf und 38 % der Betroffenen entwickelten neue immunassoziierte unerwünschte Ereignisse (irAE). Schübe wie neue irAE traten vor allem in den ersten zwei bis drei Monaten auf, sie waren meist mild und mit systemischer Immunsuppression zu beherrschen. Ein dauerhaftes Absetzen der CPI war i.d.R. nicht notwendig. Die Substanzen zeigten gleichzeitig eine klinische Aktivität, betonte Prof. Gao.

Konsultation des Facharztes vor Therapiebeginn empfohlen

In der CT-Kontrolle zeigte sich zu diesem Zeitpunkt eine milde radiologische Progression, die Patientin war noch symptomatisch stabil. Vor dem Hintergrund der verstärkten rheumatologischen Behandlung wurde wieder mit der Pembrolizumab-Gabe begonnen und Axitinib weitergeführt. Dieses Mal vertrug die Betroffene die Immuntherapie gut und sie sprach laut Prof. Gao gut an. CPI können demnach auch bei Personen mit Autoimmunerkrankungen zum Einsatz kommen und wirksam sein. Vor Beginn der Immuntherapie empfiehlt Prof. ­Gao in jedem Fall die Konsultation des Facharztes für die jeweilige Autoimmunerkrankung. 

Quelle:
Gao X. 2022 ASCO-GU; „From Genetic Testing to Systemic Therapies: Case-Based Panel on Renal Cell Carcinoma“
2022 ASCO Genitourinary Cancers Symposium

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Vor Beginn der Immuntherapie der Facharztes für die jeweilige Autoimmunerkrankung konsultiert werden. Vor Beginn der Immuntherapie der Facharztes für die jeweilige Autoimmunerkrankung konsultiert werden. © iStock/wildpixel