Chemoimmuntherapie schlägt Wellen

Mascha Pömmerl

Der griechischen Mythologie zufolge ist der Olympioi Poseidon bekanntermaßen der Meeresgott. Die nach ihm benannte Studie sorgt nun für Aufruhr. Der griechischen Mythologie zufolge ist der Olympioi Poseidon bekanntermaßen der Meeresgott. Die nach ihm benannte Studie sorgt nun für Aufruhr. © Vitaliy – stock.adobe.com

Ein Highlight auf der diesjährigen World Conference on Lung Cancer waren die Ergebnisse von POSEIDON. Ihnen zufolge könnte in der Erstlinie des metastasierten NSCLC­ mit Durvalumab und Tremelimumab plus Chemotherapie bald eine weitere Option existieren. Wie zudem die Studie ATEZO-BRAIN nahelegt, profitieren wohl auch Patienten mit Hirnmetastasen von einer Chemoimmuntherapie.

PD(-L)1-Antikörper werden beim metastasierten NSCLC allein, zusätzlich zur Chemotherapie und mittlerweile auch als Teil einer doppelten Checkpoint-Blockade in Kombination mit einem CTLA4-Antikörper und Chemotherapie eingesetzt. Eine solche duale Immun- plus Chemotherapie wurde u.a. in der dreiarmigen Phase-3-Studie POSEIDON­ untersucht.

POSEIDON

Als Erstlinie erhielten die 1.013 Patienten mit Plattenepithel- oder nicht-Plattenepithel-metastasiertem ­NSCLC entweder

  • Durvalumab + Chemotherapie (nach Wahl des Prüfarztes),
  • Durvalumab + Tremelimumab + Chemotherapie
  • oder nur eine Chemotherapie und anschließend zusätzlich zu den oberen Regimen Pemetrexed bis zur Progression.

Die Ergebnisse der Studie stellte Dr. Melissa­ Johnson­, Tennessee Oncology, Nashville, vor.1 So verlängerte Durvalumab/Chemotherapie signifikant das progressionsfreie Überleben gegenüber alleiniger Chemotherapie (HR 0,74; p = 0,00093). Im Median kletterte das PFS von 4,8 Monaten auf 5,5 Monate. Die Verlängerung des Gesamtüberlebens verfehlte allerdings das Signifikanzniveau (11,7 Monate vs. 13,3 Monate; HR 0,86; p = 0,07581).

Die Tripletherapie verbesserte jedoch sowohl das mediane PFS von 4,8 Monaten auf 6,2 Monate als auch das mediane OS von 11,7 Monaten auf 14,0 Monate signifikant (HR 0,72; p = 0,00031 bzw. HR 0,77; p = 0,00304). Das mediane Ansprechen bezifferte sich auf 5,1 Monate in der Kontrolle, 7,0 Monate unter zusätzlichem Durvalumab und 9,5 Monate unter dem Trio. Nach einem Jahr sprachen noch 21,4 % der Patienten auf die Therapie an bzw. 38,9 % und 49,7 %.

In der Subgruppen-Analyse fiel auf, dass Nie-Raucher nicht von der dualen Chemoimmuntherapie profitierten. Patienten mit hoher PD-L1-Expression von mindestens 50 % hatten wiederum den größten Nutzen von diesem Regime. Zudem wirkte das Regime bei Teilnehmern mit nicht-plattenepithelialer Histologie deutlicher. Wie die Expertin betonte, sollte man bei der Interpretation der Subgruppen-Ergebnisse die geringeren Patientenzahlen und die genaue Art der erhaltenen Chemotherapie berücksichtigen.

Das Sicherheitsprofil von Durvalumab/Tremelimumab/Chemotherapie unterschied sich kaum von dem von Durvalumab/Chemotherapie und führte nicht zu gehäuften Therapie­abbrüchen. „Durvalumab plus Tremelimumab plus Chemotherapie könnte eine neue Behandlungsoption in der Erstlinie darstellen“, schloss Dr. ­Johnson.

Hinsichtlich PD-L1-Status und Histologie auswerten

In der Diskussion verglich Professor Dr. Julie­ Brahmer­, Johns Hopkins, Baltimore, die Ergebnisse von POSEIDON und CheckMate-9LA. Letztere hatte zur Zulassung von Nivolumab/Ipilimumab/Chemotherapie in der Erstlinie des metastasierten NSCLC geführt. In beiden Studien verlängerte sich das OS durch die duale Chemoimmuntherapie und die Kaplan-Meier-Kurven blieben getrennt, erklärte die Onkologin. Prof. Brahmer vermisste jedoch eine Auswertung der POSEIDON-Studie hinsichtlich Histologie und PD-L1-Status. Zudem sei ein Biomarker für den Benefit durch den zusätzlichen CTLA-4 Inhibitor wichtig für die Zukunft.

Quelle: Brahmer J. IASLC WCLC 2021; Presidential Lecture 02.01

ATEZO-BRAIN

Für Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC und Hirnmetastasen besteht ein großer Bedarf an Therapieoptionen. Von klinischen Studien mit Checkpoint-Inhibitoren als Erstlinie sind sie allerdings meist ausgeschlossen – wenn überhaupt, dürfen nur Patienten mit stabilen Hirnmetastasen teilnehmen. Dieses Problem adressierte die einarmige Phase-2-Studie ATEZO-BRAIN. In ihr wurde Atezolizumab/Chemotherapie bei 40 therapienaiven Patienten mit Nicht-Plattenepithel-NSCLC im Stadium IV und unbehandelten Hirnmetastasen untersucht.2 Eingeschlossen wurden auch Menschen mit Steroidbedarf, erlaubt war eine Therapie mit Antikonvulsiva und Dexamethason maximal 4 mg/d. Nach 12 Wochen lebten 60 % der Teilnehmer progressionsfrei, nach einem medianen Follow-up von 17,3 Monaten lag das mediane systemische PFS bei 8,9 Monaten und das mediane intrakranielle PFS bei 6,9 Monaten. Die Zwei-Jahres-Rate des Gesamt­überlebens betrug 32 %. Fast immer sprachen die Patienten sys­temisch und intrakraniell gleich an, berichtete Dr. Ernest­ Nadal vom Institut Català d’Oncologia L’Hospitalet in Barcelona. Vorwiegend waren die Nebenwirkungen von Grad 1/2, höhergradige Toxizitäten entwickelten 27,5 % der Patienten, so der Referent weiter. Die kleine Studie liefere ein Signal, dass die Chemoimmuntherapie auch bei Patienten mit Hirnmetastasen und Steroidbedarf einsetzbar ist. Dr. ­Nadal beurteilte die Therapie als sicher und für diese Patientengruppe als vielversprechend. Und es scheint noch eine weitere potenzielle Option für Patienten mit Hirnmetastasen zu geben: Wie eine Post-hoc-Analyse der Studie CheckMate-9LA belegte, verlängerte Nivolumab/Ipilimumab/Chemotherapie bei Patienten mit Hirnmetastasen sowohl das mediane OS als auch das intrakranielle PFS signifikant (HR 0,43 bzw. HR 0,36).3 Von den 719 eingeschlossenen Patienten hatten 14 % zu Studienbeginn Hirnmetastasen.

Quellen:
1. Johnson M. IASLC WCLC 2021; Presidential Lecture 02.01
2. Nadal E. IASLC WCLC 2021; Oral Abstracts 09.02
3. Carbone D. IASLC WCLC 2021; Oral Abstracts 09.01

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