
Monate später

Der PD1-Inhibitor Pembrolizumab kann die Plazentaschranke überwinden, insbesondere im dritten Trimenon. Dies mag ernste klinische Konsequenzen für das ungeborene Kind haben, wie Dr. Dr. Manuel A. Baarslag, Radboud University Medical Center, Nijmegen, und Kolleg:innen anhand eines Fallberichts schildern.
Eine 26-Jährige, bei der Ärzt:innen ein Melanom diagnostiziert hatten, erhielt ab der 16. SSW alle sechs Wochen 400 mg Pembrolizumab. Sie gebar ihren Sohn in der 37. SSW, drei Wochen nach der letzten Antikörperinfusion. Er wirkte gesund und zeigte keine Anzeichen von Fehlbildungen oder Wachstumsverzögerungen.
Mit vier Monaten kam der Säugling aufgrund wässriger Durchfälle, die seit drei Wochen anhielten, in eine Klinik. Weitere Symptome bestanden aus Erbrechen, verminderter Nahrungsaufnahme und Gewichtsverlust. Die Mediziner:innen stellten außer Dehydratation und einem aufgeblähten Bauch zunächst keine Auffälligkeiten fest. Unter oraler Rehydratation und Nahrungskarenz besserte sich die Diarrhö vorübergehend, kehrte aber mit der normalen Kost sowie einer aminosäurebasierten Formulanahrung zurück.
GI-Toxizitäten
Ab einem Alter von 4,5 Monaten wurde das Kind vollständig parenteral ernährt. Zwei Wochen später diagnostizierten die Behandelnden eine schwere Hypoalbuminämie sowie einen Mangel an IgG. Endoskopische Untersuchungen von Magen, Duodenum und Teilen des Kolons stützten den Verdacht auf eine entzündliche Enteropathie. Histologisch fielen unter anderem eine chronische Inflammation und eine vollständige Zottenatrophie im Zwölffingerdarm auf. Die Autor:innen betonen, dass die Veränderungen stark denen ähnelten, die sich bei Erwachsenen mit immuntherapiebedingten GI-Toxizitäten beobachten lassen. Im Serum des Patienten wiesen sie noch 4,5 Monate nach der Geburt eine Pembrolizumab-Konzentration von 0,5 ng/ml nach.
Angesichts dieser Befunde leiteten die Ärzt:innen eine Therapie mit intravenösem Prednisolon ein (initial 2 mg/kgKG/d). Der Wirkstoff wurde über 13 Wochen hinweg ausgeschlichen und durch Azathioprin ersetzt. Hinzu kam eine Behandlung mit Infliximab (5 mg/kgKG in Woche 0, 2 und 6), gefolgt von einer Erhaltung mit 5–10 mg/kgKG des Antikörpers alle ein bis zwei Monate.
Innerhalb der ersten Woche besserte sich die Diarrhö. Der Junge konnte schrittweise eine Ernährung mit einer Hydrolysat-Lösung, die zur Hälfte mittelkettige Triglyzeride enthielt, beginnen. Nach 10 Wochen durfte er das Krankenhaus verlassen, vollständig enteral ernährt und normal an Gewicht zunehmend. Im Alter von zwei Jahren ließ eine Gastroenteroskopie keine Schädigung oder Entzündungsaktivität mehr erkennen. Die Behandelnden planen, Infliximab mindestens bis zum 3. Geburtstag weiter zu verabreichen und danach regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchzuführen.
Dr. Baarslag und Kolleg:innen resümieren, dass die histologischen und immunphänotypischen Befunde, die hohen postnatalen Pembrolizumab-Konzentrationen und das Ansprechen auf Infliximab und Glukokortikoide für eine immunvermittelte Gastroenteritis sprechen. Dieser Fall verdeutliche, dass CPI auch Monate nach der Geburt derartige Komplikationen bei exponierten Säuglingen verursachen können.
Quelle:
Baarslag MA et al. N Eng J Med 2023; 389: 1790-1796; DOI: 10.1056/NEJMoa2308135
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