Von wegen Mandelentzündung

Dr. Elke Ruchalla

Fieber und Halsschmerzen: Das werden wohl die Mandeln sein – oder etwa nicht? Fieber und Halsschmerzen: Das werden wohl die Mandeln sein – oder etwa nicht? © iStock/Zinkevych

Bei Halsschmerzen und Fieber denkt man zunächst an eine Mandelentzündung. Doch nicht jede Pharyngitis ist ein Infekt.

Der 24-Jährige kommt mit schmerzhafter Pharyngitis und Fieber bis 40 °C in die Hals-Nasen-Ohren-Ambulanz. Die Beschwerden seien völlig aus heiterem Himmel aufgetreten, berichtet er. Bei der Untersuchung sieht man dazu passend auch einen stark geröteten Rachenraum, die für eine eitrige Tonsillitis sprechenden weißlich-gelben „Stippchen“ fehlen jedoch. Auch die Lymphknoten erweisen sich als normal groß. Erster Verdacht: virale Pharyngitis mit bakterieller Superinfektion, schreiben Sheila Büchel und Professor Dr. Markus Jungehülsing vom Ernst-von-Bergmann-Klinikum in Potsdam. Und entsprechend wird der junge Mann behandelt: Er erhält empirisch Clindamycin und gegen die Schmerzen ein nicht-steroidales Antirheumatikum.

Das bessert aber gar nichts, im Gegenteil: Nach acht Tagen kommt ein makulo-papulöser, nicht juckender, flüchtiger Hautausschlag dazu, vor allem an Armen und Beinen. Dazu entwickelt der Patient Schwellungen und Schmerzen in mittleren und kleinen Gelenken (Knie, Fuß, Hand). Das Fieber reagierte kaum auf die üblichen Antipyretika.

Die Mikrobiologie des Rachenabstrichs ergibt „normale Mundschleimhautflora“, die Laborwerte im Blut allerdings lassen die Kollegen dann doch zusammenzucken: Neben einer ausgeprägten Leukozytose, mit überwiegenden Granulozyten und verminderten Lymphozyten, ist die Konzentration des C-reaktiven Proteins massiv erhöht (118 mg/l). Dazu kommen pathologische Leberwerte (Transaminasen, Alkalische Phosphatase, Laktatdehydrogenase) und ein stark erhöhter Ferritinwert. Die Virus­serologie gibt nicht viel mehr her als einige frühere Infektionen. Auch Salmonellen, Listerien­ und Borrelien erweisen sich als unschuldig an der Erkrankung. Der Test auf antinukleäre Antikörper fiel schwach positiv aus (Titer 1:100).

Diese Kombi von Laborbefunden (Leukos ↑, Ferritin ↑, CRP ↑), schnell wechselndem Exanthem und fehlendem Nachweis eines Erregers brachte die Potsdamer Mediziner dann zur korrekten Diagnose: ein adulter Morbus Still – d.h. eine sys­temische juvenile idiopathische Arthritis bei über 16-Jährigen. Dazu passt die typische Trias aus Fieber, Arthritis und Exanthem.

Ibuprofen allein genügt häufig nicht

Halsschmerzen zu Beginn sind nicht selten und werden dann oft als beginnende Pharyngitis fehl­interpretiert. Wegweisend sind weiterhin erhöhte Entzündungswerte, Hyperferritin­ämie und pathologische Leberwerte.

Vor diesem Hintergrund setzten die HNOler nach fünf Tagen Clindamycin ab und behandelten antiphlogistisch mit Ibuprofen (dreimal 600 mg/d). Damit reduzierten sich die Symptome allmählich, die Gelenkbeschwerden hielten jedoch noch ein Vierteljahr an. Nach vier Monaten schließlich war der Patient beschwerdefrei und mit Normallabor. Nicht immer lässt sich diese rheumatologische Erkrankung so leicht in den Griff kriegen wie hier: Oftmals genügen einfache NSAR nicht, die Therapie kann dann stufenweise durch Glukokortikoide, Metho­trexat und ggf. weitere konventionelle DMARD erweitert werden. Werden Biologika erforderlich, eignen sich besonders TNF-α- und IL-6-Blocker.

Quelle: Büchel AS, Jungehülsing M. HNO 2021; 69: 671-673; DOI: 10.1007/s00106-020-00938-6

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Fieber und Halsschmerzen: Das werden wohl die Mandeln sein – oder etwa nicht? Fieber und Halsschmerzen: Das werden wohl die Mandeln sein – oder etwa nicht? © iStock/Zinkevych