Vorsicht bei natürlichen Alternativen gegen Wechseljahresbeschwerden

Dr. Angela Speth

Ob Mönchspfeffer und andere Vertreter aus der Naturheilkunde die Beschwerden der Wechseljahre lindern, ist fraglich. Ob Mönchspfeffer und andere Vertreter aus der Naturheilkunde die Beschwerden der Wechseljahre lindern, ist fraglich. © fotolia/unpict

Bei einem klimakterischen Syndrom kann eine Hormontherapie zwar vielen Frauen helfen, die potenziellen Nebenwirkungen führen jedoch zu Verunsicherung. Einige Anbieter haben die Marktlücke erkannt und bieten Alternativen zu Östrogenen an. Die Datenlage lässt jedoch Zweifel an der Wirksamkeit der Präparate aufkommen.

In den Wechseljahren werden viele Frauen grummelig, reizbar und kriegen fliegende Hitze. Zu diesen Widrigkeiten kommen oft solche hinzu, die zumindest anfangs unbemerkt bleiben. Etwa ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten, Typ-2-Diabetes, Osteoporose oder Muskelschwund, zählen Professor Dr. Patrick Diel und seine Kollegen von der Deutschen Sporthochschule Köln auf. Da all dies durch ein „dramatisches Absinken“ von Östrogen und Progesteron ausgelöst werde, wäre ein Hormonersatz die Therapie der Wahl, würde sie nicht ihrerseits das Risiko gravierender Nebenwirkungen erhöhen, Brustkrebs, Herzinfarkt oder Schlaganfall zum Beispiel.

Wild miteinander kombiniert und zu hoch dosiert

Da man nur im Notfall sozusagen den Teufel mit dem Beelzebub austreiben möchte, sind Alternativen begehrt, zumal wenn sie als „natürlich“ propagiert werden. Ein großes Problem sehen die Autoren um Prof. Diel im unkontrollierten Gebrauch aufgrund der freien Verfügbarkeit. Nicht selten berichteten Frauen, dass sie Präparate kombinieren oder in Dosierungen einnehmen, die das, was die Hersteller anraten, um ein Vielfaches überschritten.

Die am häufigsten verwendete Gruppe dieser Phytopharmaka sind Extrakte aus Hopfen, Soja, Granatapfel und Rotklee. Sie werden als „natürliche“ Östrogene vermarktet, denn kennzeichnend ist eine hohe Konzentration an Substanzen, die strukturell den weiblichen Hormonen ähneln. Zu diesen Phytoöstrogenen gehören Isoflavone und Lignane. Isoflavone kommen in Soja, Rotklee, Obst und Gemüse vor, Lignane in Vollkorn, Ölsamen, Obst und Hülsenfrüchten.

An der klinischen Evidenz allerdings hapert es: Ein Cochrane Review und eine Metaanalyse zu Isoflavonen belegen keine Linderung klimakterischer Beschwerden. Vergleichsstudien ergaben, dass Hitzewallungen mit Isoflavonen um 57 %, mit Placebo um 63 %, mit Hormonen aber um 94 % vermindert werden. Zwar liegen auch Ergebnisse vor, wonach Hitzeschübe und Depressivität verglichen mit Placebo zurückgehen, insgesamt überwiegen aber jene ohne Wirk­nachweis.

Außerdem ist nebulös, welche molekularen Prozesse die Phytoöstrogene in der Zelle ankurbeln. Oder wie es mit dem Nutzen im Verhältnis zu Risiken bestellt ist, etwa für Tumoren. Kein Wunder, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit bisher alle für Isoflavone beantragten EU Health Claims, die für klare, evidenzbasierte gesundheitsbezogene Aussagen stehen, abgelehnt hat. Auch für Lignane oder andere Phytoöstrogene existieren aktuell keine EU Health Claims.

Yams zur Verhütung und bei Kinderwunsch angepriesen

In einer zweiten Gruppe lassen sich Präparate zusammenfassen, die nicht über den Östrogenrezeptor wirken. Dazu gehören Extrakte aus Mönchspfeffer, Traubensilberkerze, Yamswurzel, Rhabarber und Spinat. Der Mönchspfeffer heißt umgangssprachlich auch Keuschbaum oder Keuschlamm, da er angeblich den Geschlechtstrieb abschwächt. Als pharmakologisch taugliche Substanzen gelten dopaminanaloge Diterpene, die an Rezeptoren in der Hypophyse binden und so den Prolaktinspiegel steigern. Die Anbieter empfehlen Mönchspfeffer gegen Spannungen in der Brust, Gereiztheit und Gewichtszunahme. Studien belegen zwar eine Linderung des prämenstruellen Syndroms (PMS), nicht aber von postmenopausalen Symptomen.

Yamswurzel wird in der Naturheilkunde zur Milderung von Wechseljahrsbeschwerden, PMS und sowohl zur Empfängnisverhütung wie auch bei Kinderwunsch eingesetzt. Ein Hauptinhaltsstoff ist Diosgenin, das die Hersteller als „natürliches“ Progesteron anpreisen. Dabei seien die Wirkmechanismen so ungewiss wie die Nebenwirkungen, betont Prof. Diel. In Zellkulturen zeigten sich zumindest Effekte auf Knochen.

Der Wurzelstock der Traubensilberkerze enthält Triterpenglykoside, Phenolcarbon-, Fukinol- und Cimicifugasäure. Bekannt sind mögliche unerwünschte Effekte, nämlich Magenprobleme, Übelkeit und – sehr selten – Leberschädigung. Als Indikation geben die Produzenten Hitzewallungen, Schlafstörungen, Nervosität und Verstimmung an, weiterhin PMS und Menstruationsbeschwerden. Ein Review stellt derartige Versprechen jedoch infrage.

Spinat enthält Ecdysteroide, eigentlich Gliederfüßerhormone, die Häutung und Reproduktion regulieren, wie Prof. Diel erläutert. Im Jahr 1966 wurden sie auch in Pflanzen entdeckt, in denen sie wahrscheinlich als Schutzschild fungieren, indem sie Fressfeinde in deren Entwicklung stören. Bei Menschen wirken sie vermutlich über Steroidrezeptoren. Spinatextrakte werden für Frauen in der Postmenopause zur Prävention von Osteoporose und Muskelschwund offeriert. In vitro wurde eine Stimulation der Proteinbiosynthese beobachtet, sodass ein Abbremsen der altersbedingten Sarkopenie immerhin erklärlich wäre. Ein klinischer Effekt ist allerdings nicht erwiesen, daher liegt auch kein EU Health Claim für diese Nahrungsergänzungsmittel vor.

Insektenhäutungs-Hormone gegen Osteoporose?

Letzteres gilt auch für Extrakte aus dem Sibirischen Rhabarber, obwohl zwei Studien ergaben, dass sich postmenopausale Beschwerden durch die Einnahme bessern. Als aktive Faktoren dieser Knöterichgewächse gelten Stilbene. Das Fazit der Autoren: Die Datenlage zu den alternativen Präparaten ist heterogen, ein eindeutiger Wirkungsnachweis existiert aktuell nicht. Im Gegenteil bestehen für einige Inhaltsstoffe sogar Sicherheitsbedenken, Nebenwirkungen wurden nur ungenügend untersucht. 

Diel P et al. Bundesgesundheitsbl 2017; 60: 297-304

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