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Was gegen das komplexe regionale Schmerzsyndrom hilft
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Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) tritt in zwei Formen auf. Patientinnen und Patienten mit Typ 1 weisen keine erkennbaren Verletzungen größerer peripherer Nerven auf. Typ 2 liegt vor, wenn Nervengewebe erheblich geschädigt ist. Unterscheiden lassen sich Betroffene auch anhand ihrer Hauttemperatur: Bei etwa 70 % ist die Cutis warm und entzündlich verändert. In den übrigen Fällen fühlt sie sich wesentlich kühler an und ist grau verfärbt. Die zweitgenannte Gruppe ist zumeist schwieriger zu behandeln, erklärt Mehmet Demir vom DGS-Schmerzzentrum Ahlen/Drensteinfurt.
Kombination von Pharmako- und Physiotherapie
Beim CRPS handele es sich um „eine der wohl schwerwiegendsten Erkrankungen in der Geschichte der Schmerzmedizin“, so der Autor. Die primären Therapieziele – eine möglichst rasche und anhaltende Schmerzlinderung sowie eine maximale Wiederherstellung der Funktion – erreicht man am besten über eine Kombination von Medikamenten und Physio- bzw. Ergotherapie. Gegen die seelische Belastung durch die langwierigen Schmerzen können psychotherapeutische Verfahren helfen. Bei kritischen Komplikationen ist eventuell eine Sympathikusblockade oder rückenmarksnahe Elektrostimulation angezeigt.
Selbst wenn die Diagnose und der Beginn der Therapie frühzeitig erfolgen, ist damit zur rechnen, dass erst nach etwa einem Jahr eine als ausreichend empfundene Schmerzminderung eintritt. Bisphosphonate eignen sich zur Behandlung von oberer und unterer Extremität. Ihre Wirkung beruht überwiegend auf einer Reduktion von Osteoklastenaktivität und Inflammation. Randomisierte kontrollierte Studien ergaben einen günstigen Effekt auf Schmerz und Funktion. Alendronat kann oral (40 mg/d über acht Wochen) oder intravenös (7,5 mg/d über drei Tage) verabreicht werden, die übrigen Vertreter dieser Wirkstoffklasse müssen injiziert werden.
Steroide wirken antiinflammatorisch und antiödematös. Sie werden Erkrankten empfohlen, die frühzeitig entzündliche Symptome aufweisen. Der Therapieeffekt lässt sich bereits nach wenigen Tagen bis Wochen einschätzen. Gegen das akute CRPS werden Dosen von maximal 30–40 mg/d Prednisolonäquivalent über einen Monat empfohlen. Es gibt Berichte über gute Erfahrungen mit höheren initialen Dosierungen von 100 mg und mehr – das müsse im Einzelfall entschieden werden, rät der Experte. Bei einer Krankheitsdauer von mehr als sechs Wochen wirken Kortikoide nur noch in Einzelfällen und sollten deshalb abgesetzt werden.
Ebenfalls eingesetzt wird N-Acetylcystein. Es hat den Vorteil, dass es kaum unerwünschte Effekte auslöst. Zur Wirkung existieren jedoch nur wenige aussagekräftige Studien. Eine davon fand eine ähnlich gute Wirksamkeit wie Dimethylsulfoxid (DMSO) in Salbenform. Der Autor rät zur Anwendung von N-Acetylcystein nur unter Vorbehalt, da die Resorptionsrate nach oraler Applikation nur bei 10 % liegt. Zudem wecken aktuelle Arbeiten zur Indikation COPD Zweifel an der Wirksamkeit.
Gabapentin hilft nur bedingt gegen die Schmerzen
Auch zur Schmerzreduktion bei CRPS liegen inzwischen randomisierte kontrollierte Studien vor. Gabapentin eignet sich nur mit Einschränkung. Es erzielte in einer RCT lediglich einen geringen Effekt und linderte vor allem die Sensibilitätsstörungen, weniger den Schmerz. Die Startdosis liegt bei 300 mg/d. Sie kann täglich um jeweils 300 mg bis auf 1.200–2.400 mg (verteilt auf drei Einzeldosen) erhöht werden.
Der NMDA-Rezeptorantagonist Ketamin erzielte in zwei RCT positive Ergebnisse. In einer davon wurden chronische CRPS-Betroffene vier Tage lang mit einer Dauerinfusion behandelt. Die Schmerzreduktion war wesentlich stärker als unter Placebo und hielt bis zu zwölf Wochen länger an. Die Funktion der betroffenen Gliedmaßen verbesserte sich aber kaum. Unter anderem aufgrund der Nebenwirkungen gibt es Vorbehalte gegen den Einsatz.
Auch für den NMDA-Rezeptorantagonisten Memantin konnte ein Effekt auf Schmerz und Stimmung gezeigt werden. An Nebenwirkungen ist sowohl unter Ketamin als auch unter Memantin mit Übelkeit, Schwindel, Müdigkeit und Dysphorie zu rechnen, zudem besteht ein Abhängigkeitspotenzial.
Dimethylsulfoxid penetriert die Haut und bindet freie Radikale. In einer Studie erzielte die Behandlung mit 50%igen DMSO-Externa eine deutliche Verbesserung von Schmerz und Funktion. Zur Anwendung wird der Wirkstoff mit einer fetthaltigen Salbe wie Vaseline gemischt und fünfmal täglich auf die betroffene Extremität aufgetragen.
Quelle: Demir M. Schmerzmedizin 2024; 40: 40-43; doi: 10.1007/s00940-024-4699-2
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