Was ist der beste Kompromiss zwischen Nutzen und Risiken?

Dr. Angelika Bischoff

Vor einem chirurgischen Eingriff muss die rheumatologische Erkrankung optimal eingestellt werden. Vor einem chirurgischen Eingriff muss die rheumatologische Erkrankung optimal eingestellt werden. © Syda Productions – stock.adobe.com

Es gibt eine Reihe von Indikationen dafür, immun­modulatorische Basistherapien bei entzündlich-rheumatologischen Erkrankungen zu unterbrechen. Ein Rheumatologe erklärt, wann und wie lange dies erforderlich ist.

Ein Pausieren der Rheumatherapie mit Immunmodulatoren kann notwendig werden bei einer OP, bei Infektionen oder bestimmten Impfungen, wenn Neben- oder Wechselwirkungen auftreten oder eine Schwangerschaft geplant wird bzw. besteht. Abzuwägen ist in solchen Situationen zwischen der Gefahr von Komplikationen beim Fortführen der Therapie und der Gefahr von entzündlichen Schüben nach dem Absetzen.

Die Angst vor perioperativen Wundheilungsstörungen und Infektionen bei fortgesetzter Basistherapie stammt aus Zeiten, in denen es noch kaum steroidsparende Optionen gab, erläutert Dr. Rainer Hintenberger von der Johannes Kepler Universität Linz. Die diesbezügliche Datenlage für moderne Medikamente ist bisher unzureichend. Es spricht vieles dafür, dass das Problem weniger ausgeprägt ist. Klar ist, dass die Infektanfälligkeit von der Krankheitsaktivität abhängt. Deshalb muss die rheumatologische Grunderkrankung vor einem Eingriff optimal eingestellt werden.

Eine Therapie mit Abatacept scheint laut aktuellen Studien unproblematisch zu sein. Deshalb empfehlen Leitlinienautoren, eine OP frühestens einen Tag nach dem üblichen Dosierungsintervall durchzuführen. Gleiches gilt für Anifrolumab, Belimumab, Tocilizumab und andere Biologika.

Mycophenolat und Azathioprin sollten bei hohem Schubrisiko perioperativ fortgeführt werden. Ansonsten empfiehlt die DGRh* ein präoperatives Pausieren für einen bis zwei Tage, die ACR**-Leitlinie eine siebentägige Pause. Entsprechendes gilt für Ciclosporin A.

Vor einer OP Prednisolon auf maximal 10 mg reduzieren

Oberhalb von 10 mg Prednisolonäquivalent steigt das Risiko für periprothetische und systemische Infektionen. Bis zu zwei Wochen vor einem Eingriff sollte die Prednisolondosis deshalb einen Wert von maximal 10 mg erreichen. Wenn dies nicht möglich ist, sollte man nochmals über die Dringlichkeit der OP nachdenken. Ist ein Eingriff wirklich dringend, kann die aktuelle Dosierung beibehalten werden. Eine Therapie mit Hydroxychloroquin kann fortgeführt werden.

Die wenigen bisher verfügbaren Daten weisen nicht auf ein perioperativ erhöhtes Infektionsrisiko unter JAK-Inhibitoren hin. In neueren Kohortenstudien zeichnet sich jedoch ein leicht erhöhtes Thromboembolierisiko ab. Daher wird vorsichtshalber eine präoperative Pause von drei bis vier Tagen (DGRh) oder einer Woche (ACR) empfohlen.

IL-1-Inhibitoren wie Anakinra werden bei autoinflammatorischen Syndromen wie dem M. Behçet eingesetzt. In diesem Zusammenhang ist das Fortführen der Therapie sehr wichtig. Falls man eine Therapiepause macht, kann man aufgrund der sehr kurzen Halbwertszeit schon am nächsten Tag operieren.

Leflunomid kann perioperativ weiter gegeben werden. Auch für Methotrexat gibt es bisher keine Hinweise auf ein erhöhtes perioperatives Infektionsrisiko. Die Therapie kann großzügig fortgeführt werden. Für Rituximab ist ein erhöhtes perioperatives Komplikationsrisiko nicht ausgeschlossen. Eine Operation sollte deshalb laut den rheumatologischen Gesellschaften frühestens vier Monate nach der letzten Gabe geplant und die Therapie frühestens vier Wochen danach wieder aufgenommen werden. Die Einnahme von Sulfasalazin muss nicht unterbrochen werden.

Anti-TNF-Therapie fortsetzen, wenn die Fäden gezogen sind

Für TNF-a-Blocker haben Studien kein erhöhtes perioperatives Infektionsrisiko ergeben. Bei einer längeren Pause hingegen steigt das Risiko für einen Schub der Grunderkrankung. Für einen OP-Termin wählt man den Tag nach Ende des Dosierungsintervalls. Postoperativ kann nach abgeschlossener Wundheilung bzw. Entfernung von Nähten und Klammern weiterbehandelt werden.

Bei einer schweren fieberhaften Infektion empfiehlt die DGRh generell das Pausieren einer immunmodulatorischen Medikation. Dies gilt für alle Substanzen außer Hydroxychloroquin und Sulfasalazin. Allerdings überwiegt in den meisten Fällen der Vorteil des Fortführens.

Methotrexat und Rituximab können die Impfantwort, u. a. auf Influenza- und SARS-CoV-2-Vakzinen, abschwächen. Deshalb sollte die Medikation nach der Impfung für eine bis zwei Wochen ausgesetzt werden. Gleiches gilt für Abatacept, Antimetaboliten, Apremilast, Belimumab, Calcineurininhibitoren, JAK-Inhibitoren, Leflunomid und Sulfasalazin.

Unter einer Medikation mit 20 mg Prednisolonäquivalent oder mehr sollten keine Lebendimpfstoffe verabreicht werden. Wenn man die Dosierung zurücknimmt, um eine solche Impfung durchführen zu können, sollte man frühestens vier Wochen nach Lebendimpfung wieder zur vorherigen Dosis zurückkehren. Bei Behandlung mit B-Zell-Depletoren muss die letzte Dosis mindestens sechs Monate zurückliegen, bevor ein Lebend­impfstoff gegeben werden kann, bei anderen Immunmodulatoren mindestens drei Monate. Für Behandlungen mit Hydroxychloroquin und Sulfasalazin sind keine Abstände erforderlich.

*    Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie
**    American College of Rheumatology

Quelle: Hintenberger R. Rheuma plus 2024; DOI: 10.1007/s12688-024-00715-1

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