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Was Sie bei geriatrischen Patienten mit benignem Prostatasyndrom beachten sollten

Ein 87-Jähriger lag schon länger wegen einer operativ versorgten Femurfraktur mit postoperativer Infektion und Immobilität im Krankenhaus und entwickelte ein akutes Nierenversagen. Als Ursache entpuppte sich ein Harnverhalt bei benignem Prostatasyndrom. Nach Anlage eines transurethralen Blasendauerkatheters erholte sich die gestaute Niere wieder. Der Allgemeinzustand blieb jedoch schlecht, zusätzlich war eine tiefe Beinvenenthrombose aufgetreten, die mit Rivaroxaban behandelt wurde. Dauerhaft nahm der Mann einen ACE-Hemmer und ein Statin, schreiben Dr. Dominik Stefan Schoeb vom Universitätsklinikum Freiburg und seine Kollegen.
Wie soll man weiter vorgehen? Die aktuellen Leitlinien benennen zwar keine Alterslimitation nach oben – trotzdem müssen Ärzte bei hochbetagten multimorbiden Patienten zahlreiche Besonderheiten beachten. Den in diesem Fall bestehenden Dauerkatheter könnte man weiterführen oder einen Auslassversuch starten, so die Autoren. Der Entschluss zur Dauerversorgung sollte wegen der dadurch eingeschränkten Lebensqualität und des hohen Komplikationsrisikos jedoch erst nach Ausschluss aller anderen Optionen erfolgen. Ein Auslassversuch nach spontanem Harnverhalt ist bei Hochbetagten jedoch selten erfolgversprechend.
Eine vorbereitende medikamentöse antiobstruktive Therapie über einige Tage fördert die Erfolgsrate. Hierzu können leitliniengerecht α1-Rezeptorantagonisten, 5α-Reduktaseinhibitoren, PDE-5-Inhibitoren oder Phytotherapeutika zum Einsatz kommen. Aufgrund des relativ schnellen Wirkeintritts bestehen für α1-Rezeptorantagonisten die größten Erfolgsaussichten.
Bei wiederholtem Harnverhalt ist eine OP indiziert
Bei Älteren ist aber die blutdrucksenkende Wirkung mit erhöhter Hypotonie- und Sturzgefahr ins Kalkül zu ziehen, insbesondere im Fall ohnehin gebrechlicher Patienten. Der Einsatz von Tamsulosin steht zudem mit einem Demenzrisiko in Zusammenhang. PDE-5-Inhibitoren senken ebenfalls den Blutdruck, gelten jedoch bei Herzinsuffizienz als kontraindiziert.
Eine OP ist indiziert bei wiederholtem Harnverhalt, Überlaufinkontinenz, rezidivierenden Harnwegsinfektionen, behandlungsresistenter Makrohämaturie und – wie in diesem Fall – bei Harnverhalt mit Stauung des oberen Harntraktes (mit oder ohne Niereninsuffizienz). Die Entscheidung für den Eingriff birgt aber bei Senioren oft einige Tücken. So müssen das erhöhte Narkoserisiko mit Gefahr eines postoperativen Delirs, ein erhöhtes Infektionsrisiko und vermehrte pulmonale Komplikationen berücksichtigt werden.
Minimalinvasive Verfahren mit Dampf und Mikrowellen
Eine Alternative zu den üblichen transurethralen oder offenen Prostataenukleationsverfahren mit Vollnarkose stellen Methoden wie die transurethrale Mikrowellentherapie oder Wasserdampfablation dar. Sie lassen sich mit regionaler Anästhesie durchführen. Eine grundsätzliche Herausforderung ist jedoch die erhöhte Blutungsgefahr unter oraler Antikoagulation.
Wie ging es mit dem Patienten weiter? Die transurethrale Prostataresektion lehnte er ab – mehrere Auslassversuche nach prolongierter medikamentöser Vorbehandlung (Dutasterid plus Tamsulosin) brachten keinen Erfolg. Da sich der Allgemeinzustand inzwischen verbessert hatte, willigte er in eine interstitielle Wasserdampfablation unter weiter bestehender Antikoagulation ein. Nach zwei Monaten wurde der Blasenkatheter entfernt, die Blasenentleerung erfolgte sonographisch restharnfrei und der Patient hatte keine Beschwerden mehr.
Quelle: Schoeb DS et al. Der Urologe 2019; 58: 1029-1038; DOI: 10.1007/s00120-019-0988-0
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