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Was von der kardiologischen Telemedizin erwartet werden kann

Was wie Science-Fiction klingt, ist bereits in Realität umgesetzt. Nicht bei uns, aber in den USA, Schweden und Kanada, von wo die aufgezählten Beispiele stammen. Ärzte werden sich mit den telemedizinischen Möglichkeiten auseinandersetzen müssen. Nicht morgen oder übermorgen, sondern jetzt! „Das betrifft nicht nur technische Aspekte, sondern soziale, ökonomische und politische Faktoren“, sagte Professor Dr. Johannes Brachmann, Direktor der Kardiologie am Klinikum Coburg.
Natürlich könnte Telemedizin ein Segen sein, vor allem in Regionen, in denen der nächste Arzt, das nächste Klinikum nur weit weg zu finden sind. Eines der besten Beispiele dafür ist die Versorgung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz (CHF): Erhält der Arzt elektronisch Informationen über wichtige Funktionen wie Herzrhythmus, Blutdruck, Gewicht und Flüssigkeitshaushalt, kann er erkennen, wann das System zu entgleisen droht, und die richtigen Maßnahmen anordnen. So werden Komplikationen vorgebeugt und Krankenhauseinweisungen abgewendet. Lebensqualität und womöglich sogar die Lebenserwartung der Patienten steigen.
Chronische Herzinsuffizienz kostet pro Jahr 3 Mrd. Euro
Jede Hospitalisierung kostet Patienten Überlebenszeit, erinnerte der Kollege. Wer nach der ersten krankenhauspflichtigen Dekompensation keine weitere durchmachen muss, hat eine 50%ige Chance, nach sechs Jahren noch am Leben zu sein. Bei zwei und mehr weiteren Krankenhausaufenthalten sinkt sie auf unter 20 %. Für das Gesundheitssystem dürfte sich die elektronische Überwachung ebenfalls lohnen, entfallen auf die CHF doch rund drei Milliarden Therapiekosten pro Jahr, 85 % davon für stationäre Behandlung.
Großes Potenzial also, aber was bringt die Telemedizin im klinischen Alltag? Folgt man der European Society for Cardiology, ist Telemonitoring machbar. In ihrer Schrittmacher-Leitlinie gibt sie der Methode eine A-IIa-Empfehlung. Zwar könnte die Evidenz besser sein, aber die Empfehlungsstärke ist hoch. Die amerikanische Heart Rhythm Society kam 2015 sogar zur „Höchstnote“ IA.
„Wir müssen uns also fragen lassen, warum wir das nicht flächendeckend einsetzen“, meinte Prof. Brachmann. „Der Grund ist einfach: Die Datenlage ist leider nicht so positiv, wie wir uns das wünschen würden.“
Messdaten müssen für prompte Reaktionen sorgen
Ein Züricher Kollege hatte randomisierte kontrollierte Studien zum Telemonitoring der chronischen Herzinsuffizienz anhand des Pulmonalarteriendrucks zusammengefasst und analysiert:1 Von zehn Arbeiten kamen nur zwei zu einem positiven Ergebnis, in acht schnitt die Fern-überwachung nicht besser ab als die konventionelle Betreuung.
Die beiden positiv verlaufenen Studien waren tatsächlich sehr erfolgreich, berichtete Prof. Brachmann. Allein in der IN-TIME-Studie, die größtenteils an deutschen Zentren stattfand, konnten die Autoren eine Senkung der Mortalität um fast zwei Drittel verbuchen. Besonders profitiert hatten Patienten, die zugleich an Vorhofflimmern litten, was den Stellenwert dieser Rhythmusstörungen bei CHF unterstreicht. CHAMPION erprobte den Drucksensor CardioMEMSTM, ebenfalls mit gutem Ergebnis: Ein beträchtlicher Teil der Hospitalisierungen konnte vermieden werden.
Das Erfolgsrezept dieser Studien? Neben der ausgefeilten Messtechnik dürfte es vor allem der Umstand gewesen sein, dass die Messdaten täglich an die Ärzte übermittelt wurden und dass diese auch adäquat darauf reagierten. In der fehlgeschlagenen Studie OptiLink HF waren 30 % der von den Devices übermittelten Ereignisse schlicht nicht beantwortet worden, berichtete Prof. Brachmann, der selbst an dieser Studie beteiligt war.
„Die bisherigen Daten sind heterogen“, resümierte der Kardiologe. „Hinweise aus den positiven Endpunktstudien deuten auf die wesentliche Bedeutung häufiger Übertragungen und geeigneter Sensoren hin.“ Bis zu einem flächendeckenden Einsatz der Telemedizin bleibt aber noch reichlich Arbeit zu leisten, um den wissenschaftlichen Nachweis zu führen und klare Kriterien zu formulieren, die den Kostenaufwand rechtfertigen.
Quelle: 1. Nägele MP. Eur J Heart Failure 2017; 19: 670-672
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