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Wegen Rheuma in die Notfallambulanz

Die Riesenzellarteriitis (RZA) tritt ausschließlich bei Menschen über 50 Jahren auf. Am häufigsten betroffen sind große und mittelgroße Arterien wie die Aorta, die A. axillaris und die A. temporalis superficialis, schreiben Dr. Claus Bauer und PD Dr. Valentin Schäfer vom Universitätsklinikum Bonn. Die Erkrankung stellt einen der wenigen rheumatologischen Notfälle dar, vor allem, weil sie zur Erblindung oder Schlaganfall führen kann. Verdächtig auf eine RZA sind
- plötzlich aufgetretene Sehstörungen,
- Kopfschmerzen vor allem im Schläfenbereich,
- Kauschmerzen sowie
- Überempfindlichkeit der Kopfhaut.
Neben der Klinik diagnostisch wegweisend ist der Anstieg des CRP auf Werte über 10 mg/l. Der CRP-Spiegel geht dabei meist weit über diese Grenze, insbesondere bei Patienten mit bereits bekannter Polymyalgia rheumatica. Bildgebung der ersten Wahl ist die Gefäßsonografie der A. temporalis inklusive Ramus parietalis und frontalis und der A. axillaris beidseits. Die RZA präsentiert sich dabei typischerweise durch konzentrische Verdickung des Gefäßquerschnitts mit Lumeneinengung, die bei Kompression der Arterie nicht verschwindet, sowie eine erhöhte Intima-Media-Dicke.
Diagnostik darf Therapie mit Steroiden nicht verzögern
Weitere CT- oder MRT-basierte Verfahren dienen dazu, eine Beteiligung extrakranieller Arterien zu entdecken. Dies ist wichtig, da bei der Hälfte der Patienten die Aorta thoracalis befallen ist und deshalb Aortenaneurysmen drohen. Diese Zusatzdiagnostik darf nicht die Therapie mit hoch dosierten Glukokortikoiden verzögern, die bei okulären Symptomen sofort starten muss, um eine Erblindung zu verhindern.
Die Takayasu-Arteriitis kommt meist bei Menschen unter 40 Jahren vor, überwiegend bei Frauen. Häufig wird die Erkrankung jedoch erst verspätet erkannt, sodass als Klassifikationskriterium ein Alter < 60 Jahren festgelegt wurde. Die Takayasu-Arteriitis führt zu Stenosen, Okklusionen und/oder Aneurysmen in der Aorta, den von ihr abgehenden Nieren- und Mesenterialarterien sowie in den Aa. subclaviae und carotides. Die Temporalarterien sind im Gegemsatz zur RZA nur selten betroffen.
Die meisten Patienten mit Takayasu-Arteriitis zeigen nur eine B-Symptomatik. Manche fallen mit Symptomen ischämischer Organschäden wie Synkopen, Angina pectoris, Myalgien oder Extremitäten-Claudicatio auf. Bei der klinischen Untersuchung lässt sich eventuell ein abgeschwächter Puls der Aa. brachiales, eine Blutdruckdifferenz zwischen beiden Armen, bei Beteiligung der Nierenarterien auch eine arterielle Hypertonie beobachten. Laborchemisch finden sich durchweg erhöhte Entzündungsparameter.
Die Bildgebung gilt auch bei der Takayasu-Arteriitis als primäre Diagnostik. Am besten geeignet ist die MR-Angiografie. Sie hat sich als vergleichbar sensitiv und spezifisch wie die konventionelle Angiografie erwiesen und diese damit weitgehend abgelöst. Mittels Gefäßsonografie lassen sich insbesondere die Aa. carotides, subclaviae und die Aorta abdominalis gut untersuchen. Die thorakale Aorta und die Gefäßabgänge im weiteren Verlauf sind weniger gut darstellbar.
Beide Großgefäßvaskulitiden werden im Akutgeschehen mit Glukokortikoiden behandelt. Besonders hohe Dosen sind bei der RZA mit okulären Symptomen wie drohendem oder bestehendem Sehverlust, Doppelbildern oder Sehfeldausfällen erforderlich. Mittel der Wahl dafür ist Methylprednisolon (500–1.000 mg i.v. über 3–5 Tage). Wenn keine Sehstörungen vorliegen, genügen niedrigere Mengen (60 mg Prednisolon per os). Mit der gleichen Dosierung wird auch die Takayasu-Arteriitis behandelt.
Ist die Remission erreicht, muss die Glukokortikoidtherapie langsam wieder ausgeschlichen werden. Bei der RZA sollte nach drei Monaten eine Prednisolondosis von 10–15 mg/d und nach zwölf Monaten von ≤ 5 mg erreicht sein. Im Fall der Takayasu-Arteriitis soll noch vorsichtiger ausgeschlichen werden, da ein hohes Rezidivrisiko von bis zu 70 % innerhalb des ersten Jahres besteht: Ziel ist eine Dosis von 15–20 mg nach drei und ≤ 10 mg nach zwölf Monaten. Danach wird bei beiden Erkrankungen sukzessive das vollständige Absetzen der Glukokortikoide angestrebt.
Um das Ausschleichen der Substanzen zu beschleunigen, kann man Patienten mit RZA begleitend Tocilizumab (1 x wöchentlich 162 mg s.c.) verordnen. Bei der Takayasu-Arteriitis sind keine DMARD für eine solche Therapie zugelassen. Eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien deutet an, dass das Rezidivrisiko durch die zusätzliche Gabe von Mycophenolatmofetil, Methotrexat, Azathioprin oder TNFa-Blockern gesenkt werden kann. Die Kosten für eine Off-Label-Therapie mit Methotrexat übernehmen viele Krankenkassen auf Anfrage, schreiben die Experten.
Quelle: Bauer CJ, Schäfer VS. Innere Medizin 2024; 65: 107-113; DOI: 10.1007/s00108-023-01656-1
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