Nach Riesenzellarteriitis die Gefäße beobachten

Maria Weiß

Auch nach Ausheilung der Riesenzellarteriitis sollten die Gefäße weiter beobachtet werden. (Agenturfoto) Auch nach Ausheilung der Riesenzellarteriitis sollten die Gefäße weiter beobachtet werden. (Agenturfoto) © agenturfotografin – stock.adobe.com

Die neuen ACR/EULAR-Diagnosekriterien für die Riesen­zellarteriitis berücksichtigen, dass die Erkrankung nicht auf die A. temporalis beschränkt ist. So sollen mehr Fälle rechtzeitig erfasst und behandelt werden.

In den Kriterien für die Riesenzellarteriitis (RZA, s. Tabelle) wird ein Alter über 50 Jahre für die Dia­gnose vorausgesetzt, ohne dass es dafür eigens Punkte gibt. Auch in Bezug auf die Bewertung der Beschwerden und bei den Labor­parametern hat sich einiges getan: Im Alltag kann die Diagnose RZA nun bereits bei plötzlichem Visusverlust und erhöhter BSG gestellt werden. Dies wäre nach den alten Kriterien von 1990 nicht möglich gewesen, sagte PD Dr. Ludwig­ Caspary­, niedergelassener Angiologe aus Hannover. Ein Halo im Ultraschall der A. temporalis wird mit 5 Punkten ebenso hoch bewertet wie eine positive Temporalisbiopsie, die für die Diagnose nun nicht mehr nötig ist. Seit 2018 empfiehlt die EULAR (European Alliance of Associations for Rheumatology­) den Ultraschall als vorrangige Untersuchung bei Großgefäßvaskulitiden.

ACR/EULAR-Kriterien RiesenzellarteriitisACR/EULAR-Kriterien Riesenzellarteriitis

obligat: Alter ≥ 50 Jahre, keine alternative Diagnose

klinische Kriterien

Punkte

Morgensteifigkeit in Schultern und Nacken

2

plötzlicher Visusverlust

3

Schmerzen in Kaumuskulatur oder Zunge

2

neu aufgetretener Schläfenkopfschmerz

2

druckschmerzhafte Kopfhaut

2

auffällige Temporalarterie

2

technische Kriterien (Labor, Bildgebung, Biopsie)

BSG ≥ 50mm/h oder CRP ≥ 10 mg/l

3

A. temporalis: positive Biopsie, Halo im Ultraschall5bilaterale Axillarisveränderungen (Ultraschall, Angio, PET)

2

PET-CT: Anreicherungen in der Aorta

2

Für die Diagnose sind ≥ 6 Punkte erforderlich.

Beidseitiger Ultraschall verbessert die Diagnostik

Die neuen Kriterien haben dazu beigetragen, dass immer häufiger eine Beteiligung nicht-kranialer Arterien erkannt wird. Insbesondere die beidseitige Ultraschalluntersuchung der A. axillaris bringt einen Zugewinn. Nach einer US-amerikanischen Untersuchung konnten bei 92 Patienten mit bestätigter RZA in 13 Fällen eine zusätzliche Wandverbreiterung der Axillararterien und in weiteren 15 Fällen isolierte Veränderungen nachgewiesen werden. Das entspricht 16 % an zusätzlichen Diagnosen mit einer Spezifität von 100 %, so der Angiologe.

Eine weitere Untersuchung, die zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist die PET-CT. Für die Diagnosestellung ist das Verfahren gut geeignet, nicht aber zur Verlaufskontrolle. Das liegt daran, dass sich mit der PET-CT bisher keine klare Aussage über die Krankheitsaktivität und die erforderliche Intensität der Behandlung treffen lässt, so Dr. Caspary­. In Zukunft könnte das mit neuen Tracern möglich werden. 

Biopsie der Temporalisarterie liefert Zusatzinformationen

Eine Temporalisbiopsie sollte auf jeden Fall erfolgen, wenn nach den klinischen Kriterien ausreichend Punkte erreicht, aber z.B. Ultra­schall und BSG unauffällig sind, sagte der Angiologe. Zudem liefert der positive Befund in der Biopsie weitere wichtige Informationen. So haben Betroffene ein 46 % höheres Risiko für Sehstörungen. Tückischerweise treten diese in einem Drittel der Fälle erst nach der Diagnose auf.

Auch wenn eine RZA ausgeheilt ist, muss man die Gefäße im Blick behalten. Nach den Ergebnissen einer dänischen Registerstudie ist das Risiko für weitere Schäden innerhalb der nächsten 20 Jahre stark erhöht. Das gilt vor allem für das thorakale Aorten­aneurysma, das über 15 Jahre hinweg zehnmal häufiger auftritt als in der Normalbevölkerung. Bei Frauen, die bei der Diagnose jünger als 70 Jahre sind und eine positive Temporalisbiopsie haben, steigt das Risiko gar um den Faktor 40.

Kongressbericht: 14. Interdisziplinäres Update Gefäßmedizin

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Auch nach Ausheilung der Riesenzellarteriitis sollten die Gefäße weiter beobachtet werden. (Agenturfoto) Auch nach Ausheilung der Riesenzellarteriitis sollten die Gefäße weiter beobachtet werden. (Agenturfoto) © agenturfotografin – stock.adobe.com