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Tödlicher Kopfhautschorf

Einen 82-jährigen Patienten führten eine Dysarthrie und Schwindel in die Notaufnahme. Diese Beschwerden hatten sich nach seinem Eintreffen wieder zurückgebildet. Nicht zu übersehen waren allerdings die großflächigen Verschorfungen am oberen Hinterkopf und Oberkopf des Mannes. Die Veränderungen hatte er schon vier Wochen zuvor bemerkt und von seiner Ehefrau fotografieren lassen (in der Klinik: Abb. 3).
Verschorfungen auf dem Kopf zunächst ohne Erklärung
Die von ihm aufgesuchten Ärzte tappten zunächst im Dunkeln. Sie konnten den ausgeprägten Schorf keiner Ursache zuordnen, schreibt ein Team um Dr. Stefan Boskamp, Klinik für Neurologie und Neurologische Frührehabilitation, Albertinen Krankenhaus Hamburg.
Bei der körperlichen Untersuchung ergab sich beidseits eine verhärtete, druckschmerzhafte und pulslose A. temporalis superficialis. Anamnestisch waren mehrere ältere Schlaganfälle bekannt. Die Ärzte führten eine MRT durch, die keine Hinweise auf einen frischen Schlaganfall zeigte. In der Duplexsonografie der hirnversorgenden Arterien wurden die Mediziner fündig: Sie entdeckten eine konzentrische echoarme Wandverdickung beider Vertebralarterien sowie eine Flussumkehr der A. basilaris. Zudem waren beide Temporalarterien echoarm wandverdickt und nicht komprimierbar. Der umgehende Verdacht auf eine Riesenzellarteriitis wurde durch das CRP (41 mg/dl) und die Blutsenkungsgeschwindigkeit (28/54 mm) bestätigt. Passend dazu berichtete der Patient von bereits länger bestehenden Schmerzen an Hinterkopf, im Nacken und Schultergürtel sowie von Kauschmerzen.
Entsprechend der Leitlinie starteten die Ärzte eine Therapie mit Prednisolon. Als Ursache der passageren Dysarthrie vermuteten sie eine transiente ischämische Attacke, ausgelöst durch die vaskulitischen Gefäßverschlüsse.
Die Therapie besiegelte das Schicksal des Patienten
Die ausgedehnten Kopfhautverschorfungen interpretierten sie als ischämische Nekrosen, vereinbar mit einer seltenen Manifestation der Riesenzellarteriitis. Dies erwies sich schlussendlich als fatal. Durch die erforderliche Prednisolontherapie wurde das Immunsystem des Mannes geschwächt. Die Folge: In den nekrotischen Bereichen der Kopfhaut entstand trotz sorgfältiger Wundpflege und Infektionsprävention eine bakterielle Infektion. Eine sofortige Wundsanierung und Antibiotikatherapie konnte eine Phlegmone mit nachfolgender Sepsis, Multiorganversagen und damit Tod des Patienten nicht verhindern.
Eine ischämische Kopfhautnekrose als Manifestation der Riesenzellarteriitis ist selten. Der Fall zeigt, dass bei derartigen Befunden frühzeitig auch an die im Alter häufige Arteriitis temporalis gedacht werden sollte, betonen die Autoren.
Quelle Text und Abb.: Boskamp S et al. Hamburger Ärzteblatt 2024; 78: 32-33 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg
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