Welche Anticholinergika das Gehirn verschonen

Maria Weiß

Insgesamt ergab sich bei Anticholinergikagebrauch ein um 18 % höheres Demenzrisiko mit einem deutlichen Geschlechtsunterschied. Insgesamt ergab sich bei Anticholinergikagebrauch ein um 18 % höheres Demenzrisiko mit einem deutlichen Geschlechtsunterschied. © Eugeniusz Dudziński - stock.adobe.com

Der längere Gebrauch von Anticholinergika gegen eine überaktive Blase wurde in Studien mit kognitivem Abbau und Demenz in Verbindung gebracht. Offenbar gilt das aber nicht für die gesamte Substanzgruppe.

Die bei überaktiver Blase eingesetzten Anticholinergika stehen im Verdacht, bei Langzeitgebrauch das Risiko für eine Demenz zu erhöhen. In einer Fall-Kontroll-Studie hat die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Barbara Iyen von der School of Medicine an der University of Nottingham untersucht, ob das für alle in dieser Indikation eingesetzten Medikamente gleichermaßen gilt. 

Dazu wertete das Team die Daten von 170.742 mindestens 55-jährigen Personen mit Erstdiagnose einer Demenz im Studienzeitraum zwischen 2006 und 2022 aus und verglich sie mit rund 800.000 Menschen ohne Demenz. 62,6 % der Erkrankten waren Frauen, das mittlere Alter lag bei 83 Jahren. Von ihnen hatten 9 % in den 3–16 Jahren vor der Demenzdiagnose Anticholinergika zur Behandlung der überaktiven Blase eingenommen – in der Kontrollgruppe waren es 7,9 %. 

Insgesamt ergab sich bei Anticholinergikagebrauch ein um 18 % höheres Demenzrisiko mit einem deutlichen Geschlechtsunterschied (22 % bei Männern und 16 % bei Frauen). Personen, die zum Zeitpunkt der Diagnose unter 80 Jahre alt waren, wiesen ein größeres Risiko auf als ältere. 

Am deutlichsten waren die Assoziationen für Oxybutynin (adjustierte Odds Ratio, aOR, 1,31), Solifenacin (aOR 1,18) und Tolterodin (aOR 1,27). Kein signifikanter Anstieg der Erkrankungsgefahr zeigte sich dagegen bei einer Therapie mit Darifenacin, Fesoterodin, Flavoxat, Propiverin und Trospium. Für das nicht-anticholinerge Medikament Mirabegron variierte das Demenzrisiko zwischen den verschiedenen Dosiskategorien, was nach Einschätzung des Autorenteams auch durch eine Vorbehandlung mit anticholinergen Medikamenten bedingt sein könnte. 

Die Untersuchung macht deutlich, dass es für die medikamentöse Behandlung der überaktiven Blase im Alter durchaus Alternativen gibt, die nicht mit einem erhöhten Demenzrisiko einhergehen. Dies sollte im Praxisalltag stärker berücksichtigt werden, so die Autorengruppe.

Quelle: Iyen B et al. BMJ Med 2024; 3: e000799; DOI: 10.1136/bmjmed-2023-000799

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Insgesamt ergab sich bei Anticholinergikagebrauch ein um 18 % höheres Demenzrisiko mit einem deutlichen Geschlechtsunterschied. Insgesamt ergab sich bei Anticholinergikagebrauch ein um 18 % höheres Demenzrisiko mit einem deutlichen Geschlechtsunterschied. © Eugeniusz Dudziński - stock.adobe.com