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Alternativen zu Anticholinergika bei gereizter Männerblase

Die hyperaktive Blase ist definiert als Symptomkomplex mit imperativem Harndrang, erhöhter Miktionsfrequenz und/oder Nykturie. Sie kann, muss aber nicht mit einer Inkontinenz einhergehen. Die Erkrankung ist mit einer Prävalenz von 11 % auch unter Männern weit verbreitet. Allerdings leiden männliche Patienten seltener an einem unfreiwilligen Harnverlust, oft aber an einer begleitenden Prostatahyperplasie.
Mirabegron erhöht die Blasenkapazität
Wenn Lebensstilveränderungen und Blasen- bzw. Beckenbodentraining die Beschwerden nicht mehr adäquat lindern, wird es Zeit für eine medikamentöse Therapie. Diese erfolgt i.d.R. primär mit einem Anticholinergikum. Allerdings bricht rund die Hälfte der Patienten diese Therapie innerhalb von zwei Jahren wieder ab – ein Großteil davon wegen mangelnder Effizienz oder intolerabler Nebenwirkungen. Internationale Leitlinien empfehlen einen Therapiewechsel, wenn sich innerhalb von drei Monaten mit Anticholinergika keine ausreichende Symptomkontrolle erzielen lässt oder unerwünschte Begleiteffekte eine Fortsetzung verhindern.
Wissenschaftler haben anhand von Studien der vergangenen 20 Jahre untersucht, welche Strategien in dieser Situation am besten greifen. Berücksichtigt wurden Arbeiten, die sich gezielt mit der Behandlung von Männern mit hyperaktiver Blase beschäftigen.
Als medikamentöse Alternative zu den Anticholinergika gilt Mirabegron. Der Beta-3-Adrenozeptor-Agonist erhöht die Blasenkapazität durch eine Relaxation der Wandmuskulatur. Er wurde als Einziger extensiv bei Männern mit vesikulärer Hyperaktivität untersucht und hat sich dabei als sicher und gut verträglich erwiesen. Selbst bei Patienten mit begleitender Prostatahyperplasie kommt es nur selten zu einem Harnverhalt. In den meisten Untersuchungen brachen weniger als 2 % der Behandelten die Therapie wegen Nebenwirkungen ab.
In Studien ließ sich im Vergleich zu Placebo eine signifikante Reduktion von Miktionsfrequenz und imperativen Harndrang-Episoden (mit und ohne Inkontinenz) nachweisen. Die erzielte Wirkung sei zwar limitiert, aber klinisch relevant, betonen Dr. Cosimo De Nunzio von der Sapienza-Universität in Rom und Kollegen. Unter anderem ließ sich eine Verbesserung der Lebensqualität zeigen, sowohl bei naiven Patienten als auch bei den Vorbehandelten mit unzureichendem Therapieerfolg.
Für die Autoren ist Mirabegron das Mittel der Wahl, wenn Anticholinergika nicht in Betracht kommen. Auch eine primäre Kombination des Beta-3-Agonisten mit einem Anticholinergikum halten sie bei Männern mit Reizblase (mit und ohne prostatische Obstruktion) für sinnvoll. Eine weitere interessante Option scheint das Duo Mirabegron plus Alpha-1-Blocker zu sein.
Erste Daten deuten darauf hin, dass sich auch PDE5-Inhibitoren zur Behandlung von Patienten mit vesikulärer Hyperaktivität eignen könnten. Aber für eine klare Empfehlung ist es nach Einschätzung von Dr. de Nunzio und Kollegen noch zu früh.
Wenn Patienten auf Medikamente unzureichend ansprechen oder diese nicht vertragen, bietet sich eventuell die Injektion von Botulinumtoxin A in den Detrusor an. Allerdings tragen Männer im Vergleich zu Frauen ein deutlich erhöhtes Risiko für einen akuten Harnverhalt (Harnwegsinfekte) und benötigen häufiger eine intermittierende Selbstkatheterisierung. Kaum Evidenz gibt es bisher für zwei weitere interventionelle Verfahren, die perkutane tibiale Nervenstimulation (PTNS) und die Sakralnervenstimulation (SNS). Beide Methoden wurden bisher vor allem bei Frauen untersucht, spezielle Subanalysen für Männer fehlen.
Erfolg minimalinvasiver Eingriffe ist unsicher
Eine transurethrale Prostataresektion hingegen kann sich für Männer mit Harnwegsbeschwerden bei benigner Prostataobstruktion lohnen. Denn in zwei Dritteln der Fälle normalisiert sich mit diesem Eingriff auch die vorbestehende Detrusorhyperaktivität. Einen unsicheren Erfolg zeigen hingegen die minimalinvasiven Formen der Prostatahyperplasie-Therapie. Falls Reizsymptome (v.a. nach nicht-ablativen Eingriffen) fortbestehen, raten die Urologen, zunächst zu prüfen, ob die Obstruktion hinreichend beseitigt wurde.
Quelle: De Nunzio C et al. Eur Urol 2021; DOI: 10.1016/j.eururo.2020.12.032
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