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Welche Medikamente kann man Zirrhotikern verschreiben und welche nicht?

Je nach hepatischer Restfunktion verändert sich bei Patienten mit Leberzirrhose, wie manche Arzneimittel verstoffwechselt werden. Die Hauptursache dafür ist der verminderte First-Pass-Effekt, ausgelöst durch die veränderte Durchblutung der Leber und eine eingeschränkte Enzymaktivität. Auch Hypalbuminämie, Aszites und Beeinträchtigungen der biliären und/oder renalen Ausscheidung spielen eine wichtige Rolle, schreiben Dr. Thomas Stammschulte von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) in Berlin und Kollegen aus Deutschland und den Niederlanden.
Maximal 2 g/d Paracetamol für Trinker und Unterernährte
Eine niederländische Arbeitsgruppe hat mehr als 200 Medikamente auf ihre Sicherheit bei Patienten mit Leberzirrhose untersucht. 13 % wurden als sicher eingestuft, bei 28 % waren zumindest keine zusätzlichen Risiken bekannt. Mittel aus beiden Kategorien können nach Einschätzung der Autoren bei Leberzirrhose eingesetzt werden, sie erfordern aber eventuell eine Dosisanpassung.
Als unsicher bei Leberzirrhose wurden 14 % der analysierten Arzneimittel eingestuft. Drei der getesteten Medikamente bergen zusätzliche Risiken für schwer Leberkranke:
- Methadon verlängert die QT-Zeit und kann ein hepatopulmonales Syndrom auslösen.
- Unter dem Immunsuppressivum Azathioprin kommt es vermehrt zu hämatologischen Nebenwirkungen.
- Heparin steigert die Blutungsgefahr.
Von den Analgetika gilt Paracetamol als sicher, allerdings plädieren die niederländischen Autoren für eine Dosisreduktion auf 2 g/d bei zusätzlichen Risikofaktoren wie Alkoholkonsum oder Unterernährung. Die AkdÄ will diese Maximaldosis auf alle Patienten mit fortgeschrittener Zirrhose ab Child-Pugh C ausdehnen. Opioid-Analgetika bergen ein erhöhtes Risiko für eine hepatische Enzephalopathie. Diese Schmerzmittel sollten deshalb sehr vorsichtig aufdosiert werden.
Außerdem muss man bei Oxycodon im Stadium C die Eingangsdosis halbieren und das Applikationsintervall verdoppeln. Bei Buprenorphin ist ab Stadium B die Anfangsdosis zu halbieren, mit oralem Morphin schon im Stadium A. Besonders wichtig für alle Opioidpatienten mit Zirrhose ist eine sorgfältige Obstipationsprophylaxe. Nicht-selektive Betablocker (Propranolol, Nadolol, Carvedilol) sind die Standardmedikamente zur Prophylaxe einer Varizenblutung. Aber bei renaler Dysfunktion bzw. Kreatininanstieg und/oder Hypotension (< 90 mmHg syst.) dürfen sie nicht verabreicht werden. Für Carvedilol sollte schon bei mittelschwerer Zirrhose (Child-Pugh B) die Startdosis halbiert werden, im Stadium C sogar geviertelt.
Das Diuretikum Triamteren gilt es zu meiden
Für Propranolol wird eine Startdosis von maximal 20 mg dreimal täglich empfohlen. Den Einsatz des Antidiabetikums Metformin stufen die Autoren als sinnvoll ein, solange die Zirrhose kompensiert ist. Allerdings erhöhen Alkoholkonsum und eingeschränkte Nierenfunktion das Risiko für eine Laktatazidose. Eine GFR < 30ml/min gilt als Kontraindikation. Sicher sind auch Insulin und Acarbose. Von Dapagliflozin sollten Patienten im Stadium C als Startdosis höchstens 5 mg pro Tag erhalten (Maximaldosis 10 mg).
ASS zur Plättchenhemmung unbedenklich
Auch für die Sulfonylharnstoffe Glibenclamid, Gliclazid und Glimepirid wird eine möglichst niedrige Anfangsdosis gefordert, die Aufdosierung erfolgt dann abhängig von Wirkung und Nebenwirkungen. ASS erfordert keine Dosisanpassung, soweit die Substanz nur als Plättchenhemmer genutzt wird. Bei Dalte-, Enoxa- und Nadroparin bevorzugen die Autoren Darreichungsformen mit zweimal täglicher Applikation. Phenprocoumon wird mit 9 oder 6 mg eindosiert, am zweiten Tag erhalten die Patienten 3 mg, am dritten 1,5 mg und an Tag 4 wird die INR gemessen.
Zahlreiche Antibiotika von Amoxicillin bis Roxithromycin sind für Patienten mit Leberzirrhose erlaubt. Unklar ist die Sicherheitslage z.B. für Penicillin G, Flucloxacillin, Levofloxacin, Nitrofurantoin und Doxycyclin. Ab Child-Pugh B wird für Clindamycin ein Dosierungsintervall von mindestens acht Stunden gefordert.
Von den Diuretika sind Furosemid, Hydrochlorothiazid, Spironolacton und Eplerenon erlaubt. Unklar ist die Situation nach dem Urteil der Autoren für Chlorthalidon und Indapamid, als unsicher gilt Triamteren.
Quelle: Stammschulte T et al. Arzneiverordnung in der Praxis 2020
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