Welchen Stellenwert haben Mukolytika?

Dr. Dorothea Ranft

Durch Mukolytika soll der Schleim leichter abzuhusten sein. Durch Mukolytika soll der Schleim leichter abzuhusten sein. © RFBSIP – stock.adobe.com

Die Wirksamkeit einer mukolytischen Therapie bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung wird immer wieder in Zweifel gezogen. Neue Daten zeigen, wer von den Schleimlösern profitieren kann.

Als schleimlösende Arzneimittel zur Behandlung bei COPD werden vorwiegend drei Sub­stanzgruppen eingesetzt: Thiolverbindungen wie N-Acetylcystein (NAC) oder Carbocystein, verschiedene ätherische Öle wie das Cineol sowie Verbindungen, die auf Naturstoffe zurückgehen, etwa Bromhexin oder Ambroxol.

Die Thiole interagieren direkt mit den Mukoproteinen in den Atemwegen. Über das Aufbrechen von Disulfidbrücken verflüssigen sie den Schleim und vermindern den bei chronisch obstruktiver Lungen­erkrankung verstärkten oxidativen Stress, erläutert Prof. Dr. ­Martin ­Schwaiblmair vom Universitätsklinikum ­Augsburg. Inhaliert kann ­N-Acetylcystein Bronchospasmen auslösen, weshalb trotz der niedrigen Bioverfügbarkeit von nur 10 % die orale Applikation zu bevorzugen ist, führt der Experte aus. Den Daten aus zwei placebokontrollierten Studien zufolge verringert die Substanz zwar die Exazerbationsrate, lässt Lebensqualität und Lungenfunktion bzw. die Leistungsfähigkeit jedoch unbeeinflusst. Eine Metaanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass ­N-Acetylcystein lediglich in ausreichend hoher Dosierung (1.200 mg/d) eine akute Verschlimmerung der COPD zu verhindern vermag (­Odds ­Ratio 0,56 vs. Placebo). Im niedrigen Dosisbereich ist auch der antioxidative Effekt nicht mehr nachweisbar, berichtet Prof. ­Schwaiblmair.

Das macht dem Bronchialschleim Beine
Wirkstoffübliche orale Dosis
N-Acetylcystein400–1.800 mg/d
Carbocystein2.250 mg/d
Cineol400–800 mg/d
Bromhexin24–48 mg/d
Ambroxol60–90 mg/d

nach: M. Schwaiblmair

Bessere Ergebnisse mit NAC durch Langzeittherapie

Außerdem zeigte sich, dass die Behandlung mit NAC über mindestens ein Jahr bessere Ergebnisse erzielt als der kurzzeitige Einsatz. Im Rahmen der Standardtherapie genutzte inhalative Steroide können die Wirksamkeit allerdings aufheben. Zugleich ist ­N-Acetylcystein gut verträglich, die Nebenwirkungsrate ist verschiedenen Studien zufolge kaum höher als unter einer Scheintherapie. Am ehesten ist mit gastrointestinalen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhö rechnen.

Als weitere Option eignen sich orale Expektoranzien wie ­Cineol, ­Guaifenesin, Bromhexin und dessen Metabolit Ambroxol sowie ­Ipecac oder Ammoniumsalze. Diese Wirkstoffe führen vor allem zu einem vagal vermittelten Anstieg der Sekretion. Das ätherische Öl Cineol kann die vermehrte Exazerbationsrate in den Wintermonaten reduzieren. Die Wirkung von Ambroxol wird mit der verminderten Klebefähigkeit des Sputums erklärt, was den ziliären Transport des Schleims bis hin zum Pharynx erleichtert. Allerdings, so der Autor, ist die Datenlage zu diesen Expektoranzien begrenzt. Ambroxol zum Beispiel vermochte die Exazerbationsrate in einer Studie ausschließlich bei Patienten mit schwerer Symptomatik zu mindern.

Kaum Veränderungen bei LuFu und Lebensqualität

Wer soll nun aber die Mukolytika bekommen? Eine Cochrane-­Analyse kommt zu dem Fazit, dass Arzt und Patient gemeinsam darüber entscheiden sollen, ob die zu erwartenden Vorteile die routinemäßige Anwendung der Medikamente rechtfertigen.

In den 28 Studien, deren Daten zur Auswertung kamen, wurden Exazerbationen und Krankschreibungen zwar nur wenig, aber doch signifikant reduziert. Lungenfunktion und Lebensqualität hingegen besserten sich der Analyse zufolge nur in sehr begrenztem Ausmaß. Um einen einzigen Patienten vor erneuter akuter Verschlechterung zu bewahren, müssen acht Personen jeden Tag über neun Monate hinweg behandelt werden, heißt es.

Die Nationale VersorgungsLeitlinie COPD aus dem Jahr 2020 sieht das mögliche Einsatzfeld für eine Dauertherapie vor allem bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung, die überwiegend bronchitische Beschwerden haben. Das Ziel ist demnach die Prophylaxe akuter Exazerbationen.

Eine routinemäßige Versorgung mit Thiol­derivaten wird in den Leitlinien nicht empfohlen. Wenn sich aber die Sputumproduktion trotz Rauchentwöhnung und COPD-Standardtherapie nicht in ausreichendem Maß verringert, lohne sich durchaus der Therapieversuch beispielsweise mit ­N-Acetylcystein in angemessen hoher Dosierung (2 x 600 mg/d).

Zahlreiche andere Anwendungen zur mukolytischen Therapie können zwar den Schleim an sich verändern, haben bisher aber keine relevanten klinischen Effekte gezeigt. So führt eine Überwässerung nicht zur Besserung der Sputumclearance, allerdings sollte auch eine Dehydratation in jedem Fall vermieden werden. Die Inhalation von hypertoner Kochsalzlösung kann über vermehrte Bronchokonstriktion die Lungenfunktion sogar verschlechtern, warnt der Autor. Jodidverbindungen scheiden wegen ihre möglichen unerwünschten Nebenwirkungen aus.

Für Cromoglicinsäure liegen positive Resultate zum ­Asthma ­bronchiale vor, nicht jedoch bei chronisch ob­struktiver Lungenerkrankung. Auch die bei Mukoviszidose mit gutem Resultat eingesetzte rekombinante DNase (­Dornase ­alfa) eignet sich nicht zur Behandlung bei COPD.

Quelle: Schwaiblmair M. internistische praxis 2022; 64: 714-725

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