
Weniger kombinieren und früher therapieren

Treat-to-Target gilt auch für die Psoriasisarthritis (PsA). Das Therapieziel ist die very low disease activity (VLDA) oder zumindest die minimale Krankheitsaktivität (MDA). Die Ziele hat man nicht willkürlich gewählt, betonte Prof. Dr. Frank Behrens vom Universitätsklinikum Frankfurt. Werden MDA oder VLDA erreicht, haben Patientinnen und Patienten das geringste Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und eine radiografische Progression.
Doch die Lage bei der PsA insgesamt überzeugt noch nicht. Einer globalen Metaanalyse zufolge erreichte innerhalb von neun Jahren nur etwa ein Drittel der gut 11.000 ausgewerteten Erkrankten eine MDA, im schwedischen PsA-Register waren es 40 % in fünf Jahren. Das alles sind aber Menschen, die nicht frei von Beschwerden sind, da sie z. B. immer noch eine Enthesitis oder ein geschwollenes Gelenk aufweisen, betonte Prof. Behrens.
Eine Möglichkeit zur Verbesserung der Situation könnte eine frühzeitigere Diagnose sein. Denn die ist bei der PsA häufig verzögert, vor allem, wenn die ersten Beschwerden in Form von Enthesitiden auftreten.
Je mehr erkrankte Gelenke, desto schneller die Diagnose
In diesen Fällen dauert es durchschnittlich 40 Monate, bis die PsA erkannt wird, zitierte der Referent eine niederländische Studie. Bei geschwollenen Gelenken klappt es dagegen besser: Je mehr die Erkrankten davon aufweisen, umso schneller geht es mit der Diagnose.
Ist es überhaupt wichtig, direkt früh einzugreifen? Bisher waren die Daten dazu nicht eindeutig. Inzwischen zeigt allerdings eine Studie ganz klar: Um die geforderte MDA zu erreichen, sollte innerhalb von zwölf Monaten eine adäquate Therapie begonnen haben. Das sonst Versäumte lässt sich später nicht mehr aufholen, auch nicht durch Eskalation der Therapie, betonte der Referent. Es gibt also auch bei der PsA ein Window-of-Opportunity: Am besten beginnt man innerhalb von drei bis sechs Monaten mit der Therapie, spätestens innerhalb eines Jahres.
Seit etwa fünf Jahren wird diskutiert, ob sich durch die erfolgreiche Therapie der Psoriasis die Entwicklung einer PsA verhindern lässt. Aus Kohorten oder Registern kann man z. B. erschließen, wie häufig es bei Psoriasiserkrankten unter verschiedenen Therapien zu einer Gelenkbeteiligung kommt. Eine solche Studie ließ kürzlich aufhorchen.1 In der Auswertung von mehr als 1.500 Menschen mit Schuppenflechte entwickelten diejenigen, die Methotrexat (MTX) erhielten, häufiger eine PsA als diejenigen unter Biologikatherapie.
Eigentlich alles klar, sagte Prof. Behrens, gäbe es da nicht einen Selektionsbias. Denn die gleiche Studie zeigte auch, dass sich bei milder Psoriasis unter Phototherapie oder lokaler Therapie seltener eine PsA entwickelte als bei denjenigen, die DMARD benötigen. Das Ganze heißt also nur eins: Menschen mit milder Erkrankung haben ein geringes Risiko für eine PsA, ungeachtet der Behandlung. Ist die Schuppenflechte jedoch so stark ausgeprägt, dass DMARD nötig sind, scheint das PsA-Risiko per se erhöht zu sein. Auf belastbare Daten zur Frage der Vorbeugung muss also noch gewartet werden.
Zu überdenken ist auch der Methotrexateinsatz bei Psoriasisarthritis. In einer 2023 publizierten Studie kam heraus, dass bei aktiver Erkrankung die Monotherapie mit dem Biologikum Ustekinumab der Kombinationstherapie von Ustekinumab plus MTX nicht unterlegen war. Eine 2024 publizierte Analyse von Versorgungsdaten zeigt, dass es zwischen einer Monotherapie mit einem Biologikum oder zielgerichteten DMARD (b/tsDMARD) und einer Kombination von b/tsDMARD plus MTX keine Unterschiede bezüglich Retention und klinischer Parameter gibt.2 Prof. Behrens zeigte sich überzeugt: MTX hat keinen additiven Effekt bei der PsA, man sollte es einfach weglassen. Eine Ausnahme gebe es allerdings: Wurde zuerst MTX verordnet und das Biologikum später hinzugefügt, sollte man MTX erst absetzen, wenn das Biologikum sicher wirkt. Der überlappende Einsatz ermöglicht, dass ein etwaiger Resteffekt zwischenzeitlich nicht verloren geht.
Trotz der überzeugenden Datenlage zu MTX sieht man allerdings anhand des RABBIT-SpA-Registers, dass immer noch 20 bis 40 % der Patientinnen und Patienten eine Kombitherapie erhalten, und zwar vor allem mit MTX. Womöglich liegt das daran, dass die EULAR-Empfehlungen dazu widersprüchlich sind, so der Referent.
Expertenempfehlung bedarf der Überprüfung
Geprüft werden muss auch eine weitere Empfehlung, die allerdings ohnehin nur auf Expertenmeinung beruht: Laut EULAR kann man bei oligoartikulärer PsA aufgrund der guten Prognose mit der DMARD-Behandlung warten. Eine Studie spricht dagegen: In dieser erhielten PsA-Betroffene mit durchschnittlich 2,6 schmerzenden und 3,3 geschwollenen Gelenken entweder Placebo oder Apremilast. Nach 16 Wochen erreichten 33,9 % der Teilnehmenden der Verumgruppe eine MDA bezüglich der Gelenke. Das war aber nur bei 16,0 % unter Placebo der Fall.
Oligoartikuläre Arthritis kann nicht warten
Von denjenigen, die zu Beginn weniger als vier betroffene Gelenke aufwiesen, steigerte sich die Anzahl aktiver Gelenke unter Placebo stärker als unter Verum. Dieser Unterschied zwischen den beiden Gruppen zeigte sich bereits in Woche 12. „Ich weiß nicht, warum wir sagen, man könne bei Oligoarthritis warten“, fragte sich Prof. Behrens. „Diese Daten zeigen, dass ohne vernünftige Therapie aus der Oligoarthritis eine Polyarthritis wird.“ Auch die Oligoarthritis müsse suffizient behandelt werden, wenn sich das Therapieziel MDA anders nicht erreichen lasse. Prof. Behrens forderte, die Expertenmeinung gegen eine auf harte Daten beruhende Empfehlung auszutauschen.
Auch, dass die TNF-Blockade der potenteste Wirkmechanismus für die muskuloskelettalen Manifestationen bei PsA ist, lässt sich so nicht mehr halten, wie eine Metaanalyse zeigte. Danach waren die Interleukin(IL)-17- und die IL-23-Blocker dem TNF-Inhibitor in puncto ACR 50 nicht unterlegen. Wenn bei PsA-Erkrankten aufgrund ausgeprägter Hautmanifestationen über ein interleukinhemmendes Biologikum nachgedacht wird, muss man aufgrund schmerzender Gelenke nicht an der Anti-TNF-Therapie festhalten, betonte Prof. Behrens.
Quelle:
1. Watad A et al. Rheumatol Ther 2024; 11: 963
2. Regierer AC et al. RMD Open 2024; 10: e004389
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