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Wenn der Wolf an der Lunge nagt

Autoimmunerkrankungen wie der systemische Lupus erythematodes oder die systemische Sklerose (v. a. die progressive) können zu einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) führen, indem sie im Interstitium chronisch-entzündliche und/oder fibrosierende Veränderungen auslösen. Zu den lungenaffinen Kollagenosen gehören auch die verschiedenen Formen der idiopathischen inflammatorischen Myopathien, das primäre Sjögren-Syndrom und die Mischkollagenose, erklären Forschende um Elena Heinze Martinez vom Universitätsklinikum für Pneumologie in Magdeburg.
Wenn Patientinnen und Patienten mit Kollagenose eine ILD entwickeln, berichten sie häufig von trockenem Reizhusten und einer fortschreitenden Belastungsdyspnoe. Beim Abhören macht sich ein endinspiratorisches Knisterrasseln („velcro noise“) bemerkbar, insbesondere lateral basal. In späteren Stadien fallen mitunter Zyanose, Trommelschlegelfinger, Uhrglasnägel und ein Cor pulmonale sowie Zeichen einer Herzinsuffizienz auf.
Die Lungenerkrankung beginnt meist symptomarm
Ein Lungenhochdruck kann im Rahmen einer ILD oder – insbesondere bei Menschen mit systemischer Sklerose – auch als eigenständige pulmonalvaskuläre Krankheitsmanifestation auftreten. Tückisch ist, dass ILD und pulmonale Hypertonie meist symptomarm beginnen.
Der Nachweis von antinukleären Antikörpern (ANA) mittels Immunfluoreszenz erfolgt im Rahmen der Autoantikörperdiagnostik als Screeningtest. Aber: positive ANA (in niedrigen Titern) kommen auch bei Gesunden häufig vor. Als „Red Flags“ für eine ILD nennen die Autorinnen und Autoren: Anti-MDAS5-Antikörper, Anti-Scl70-Antikörper, Anti-PM/Scl-Antikörper, Antisynthetaseantikörper (Jo 1, PL7, PL12) und Anti-Ro52/SSA-Antikörper.
Schlechte Aussichten bei pulmonaler Hypertonie
Die Prognose von Kollagenosen richtet sich entscheidend nach der Lungenbeteiligung. Hohes Lebensalter, initial reduzierte forcierte Vitalkapazität (FVC), amyopathische Dermatomyositis und das gleichzeitige Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie gelten dabei als negative Prognosefaktoren. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate bei kollagenoseassoziiertem Lungenhochdruck liegt bei weniger als 50 %.
Lungenfunktionstests werden vor allem zur Schweregradeinteilung und zur Verlaufskontrolle durchgeführt. Eine restriktive Ventilationsstörung mit eingeschränkter totaler Lungenkapazität und forcierter Vitalkapazität gilt als typischer Befund. Eine Blutgasanalyse unter Belastung und eine Spiroergometrie helfen beim Nachweis latenter Störungen. Da die Bilder aussagekräftiger sind als beim Röntgenthorax, sollte jeder oder jede mit begründetem Verdacht auf eine Lungenbeteiligung zur hochauflösenden Dünnschicht-CT (HRCT).
Bei Pleuraergüssen auch an pulmonale Hypertonie denken
Bei pulmonaler Hypertonie wird eine Perfusionsszintigrafie zum Ausschluss einer chronischen thromboembolischen pulmonalen Hypertonie empfohlen. Lassen sich bei Rheumapatientinnen und -patienten asymptomatische Pleuraergüsse feststellen – was häufig vorkommt – ist zusätzlich zur Bildgebung eine diagnostische Punktion angezeigt. Die Kolleginnen und Kollegen empfehlen auch, an die Möglichkeit einer pulmonalen Hypertonie zu denken und dies entsprechend abzuklären. Klinische Hinweise sind Erschöpfung, Leistungsabfall und Dyspnoe. Später können Bluthusten, Synkopen und Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz hinzukommen. Bei entsprechendem Verdacht dient die transthorakale Echokardiografie als Screeningmethode, Gewissheit bringt jedoch erst eine Rechtsherzkatheteruntersuchung.
Die Prognose von Menschen mit Kollagenose ist deutlich schlechter, wenn eine interstitielle Lungenbeteiligung mit pulmonalen Symptomen und auffälligem HRCT vorliegt. Daher sollte eine intensive Therapie erwogen werden. Liegt eine moderate bis schwere ILD vor, sind z. B. Cyclophosphamid, Azathioprin, Tacrolimus oder Rituximab plus ein Kortikoid bewährte Möglichkeiten. Bei progredienter Lungenfibrose wurde ergänzend zur antiinflammatorischen Therapie ein antifibrotischer Ansatz mit Nintedanib zugelassen.
Menschen mit einer Kollagenose und Lungenbeteiligung benötigen eine gründliche diagnostische Abklärung und engmaschige Kontrolluntersuchungen. Erforderlich ist eine enge Zusammenarbeit von Kolleginnen und Kollegen aus Pneumologie und Rheumatologie.
Quelle: Heinze Martinez E et al. Z Pneumologie 2024: 6; doi: 10.1007/s10405-024-00576-7
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