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Nebenwirkungen reichen von Muskelentzündung über Gicht bis Kollagenose
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Zu den bekannten rheumatologischen Nebenwirkungen von Medikamenten gehören Myopathien und Myositiden. Eine davon ist die nekrotisierende immunvermittelte Myopathie, die z.B. durch Statine ausgelöst werden kann. Dreh- und Angelpunkt dieser Erkrankung sind Anti-HMG-CoA-Rezeptor-Antikörper, berichtete Dr. Peter Korsten von der Klinik für Nephrologie und Rheumatologie der Universitätsmedizin Göttingen. Er rät allerdings dazu, bei jeder unklaren Myositis diese Antikörper zu bestimmen – auch bei Patienten, die keine Statine einnehmen. Denn bei etwa einem Drittel der Betroffenen kommt es auch ohne Statinexposition dazu.
Klinisch zeigt sich die Myopathie durch Muskelschmerzen und Muskelschwäche, in der Literatur werden auch Dysphagien und assoziierte Tumoren angegeben. Weitere Kennzeichen sind u.a. hohe CK-Werte als Zeichen der oft ausgedehnten Muskelnekrosen, die sich sowohl mittels Histologie als auch in der MRT gut darstellen lassen. In der Göttinger Klinik werden die Patienten mit Glukokortikoiden, Azathioprin und intravenösen Immunglobulinen behandelt. Fast alle Betroffenen schaffen es damit zur Remission. Manche behalten jedoch die hohen Kreatinkinasewerte, auch wenn sich die Muskelkraft erholt.
Low-dose-ASS begünstigt Hyperurikämie und Gicht
Häufiger als Myositiden sind Hyperurikämien und Gicht als medikamentös bedingte Nebenwirkungen. Klassischerweise gelten Ciclosporin A, Tacrolimus, Diuretika und Low-dose-ASS zu den Auslösern. Letzteres, weil es in niedriger Dosierung die Ausscheidung der Harnsäure vermindert. Hohe ASS-Dosen (> 3 mg/d) wirken dagegen urikosurisch, erklärte der Referent.
Top Ten der Lupus-Auslöser
- Procainamid
- Hydralazin
- Aesculus-Extrakt
- Minocyclin
- Ethosuximid
- Chinidin
- Infliximab
- Tocainid
- Acebutolol
- Corticotropin
Die Pseudogicht oder Chondrokalzinose wird pathophysiologisch durch eine Hypomagnesiämie begünstigt. Als potenzielle Auslöser kommen daher Medikamente infrage, die den Magnesiumspiegel im Blut erniedrigen. Dazu gehören vor allem Protonenpumpenhemmer und Thiaziddiuretika, berichtete Dr. Korsten. Beide Wirkstoffgruppen waren in einer aktuellen Studie mit der Entwicklung einer Chondrokalzinose assoziiert, Schleifendiuretika dagegen nicht. Bei Betroffenen mit nachgewiesener Hypomagnesiämie sollten Thiazide abgesetzt und andere Diuretika verordnet werden, empfahl der Experte.
Ein in der Praxis häufiges Problem sind durch Aromatasehemmer ausgelöste Arthralgien (Aromatase-Inhibitor-induced musculoskeletal symptoms, AIMSS). Offenbar gibt es eine genetische Veranlagung, die im Zusammenhang mit den Substanzen zu einer vermehrten Produktion von Interleukin 17 und damit zu entzündlichen Veränderungen und Gelenkschmerzen führt. Dr. Korstens Erfahrung nach benötigen die Patienten NSAR, manchmal auch niedrig dosierte Glukokortikoide. In der Literatur empfohlen wird bei AIMSS außerdem Bewegung, Yoga, aber auch Omega-3-Fettsäuren und Duloxetin.
Als Auslöser eines medikamenteninduzierten Lupus erythematodes werden mindestens 118 Substanzen gehandelt. Die Top Ten reicht von Antiarrhythmika bis zu Corticotropin (s. Kasten). In der Liste steht auch ein OTC-Präparat, warnte Dr. Korsten. Hinter seinem lateinischen Namen verbirgt sich auf Platz 3 der bei Patienten mit Venenschwäche beliebte Rosskastanienextrakt.
Tendinopathie durch Statine oder Chinolone
Auch eine Sarkoidose kann durch Medikamente ausgelöst werden. Dabei sind alle Manifestationen von Lungenbeteiligung über Daktylitis, Pernio, Myositis oder Tattoo-Sarkoidose möglich. Als mögliche Verursacher gelten Interferone, Checkpoint-Inhibitoren und die hochaktive antiretrovirale Therapie (HAART), aber auch TNF-alpha-Inhibitoren.
Häufig kommt es auch zu medikamenteninduzierten Tendinopathien, z.B. an der Achillessehne. Sie drohen bei Einnahme von Statinen und Aromatasehemmern. Aber auch Chinolone und Glukokortikoide können dafür verantwortlich sein, allen voran Ciprofloxacin und Levofloxacin.
Beispiel für eine medikamenteninduzierte Knochenerkrankung ist die atypische Femurfraktur durch Bisphosphonate. Sie ist prinzipiell selten, hängt aber von der Einnahmedauer ab: Bei einer zweijährigen Therapie beträgt die Prävalenz 1,78 pro 100.000 Personenjahre. Bei sechs bis acht Jahren Bisphosphonatgabe steigt sie auf 38,9, bei über zehn Therapiejahren sogar auf 107,5.
Seit Kurzem wird auch viel über die MTX-Osteopathie diskutiert. Sie kommt zum Beispiel an Tibia und Calcaneus vor und betrifft aktuellen systematischen Reviews zufolge vor allem Patienten mit RA oder PsA. Die Morphologie ist typisch: In der MRT zeigen sich quere Aufhellungszonen. Doch auch wenn darüber viel gesprochen wird, bleibt die Erkrankung eine Rarität, meinte Dr. Korsten.
Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2022
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