Husten und Dyspnoe als Frühmanifestationen von Arthritis und Kollagenosen

Dr. Dorothea Ranft

Bei der interstitiellen Lungenerkrankung lagert sich zwischen den Alveolen fibröses Gewebe (rot) an. Bei der interstitiellen Lungenerkrankung lagert sich zwischen den Alveolen fibröses Gewebe (rot) an. © Science Photo Library/PHT; iStock/DjelicS

Husten und Dyspnoe sind mitunter die ersten Symptome einer rheumatischen Erkrankung. Im Verlauf drohen neben einer chronischen Verschlechterung der pulmonalen Funktion schwere Exazerbationen.

Jeder dritte Patient mit rheumatoider Arthritis entwickelt bereits im Jahr vor oder nach der Dia­gnosestellung eine interstitielle Lungenerkrankung (ILD). Auch bei systemischer Sklerose ist die Lunge oft schon betroffen, bevor die Kollagenose als solche erkannt wird, berichtete Professor Dr. ­Andreas ­Krause vom Immanuel Krankenhaus Berlin. Bei den idiopathischen inflammatorischen Myopathien sind pulmonale Symptome oder CT-Veränderungen in einem Drittel der Fälle das erste Zeichen.

Deshalb gehört die Frage nach Husten und Dyspnoe schon zur Erstdiagnose rheumatischer Erkrankungen. Auskultatorisch fällt schon früh ein Knisterrasseln auf. Generell rät Prof. ­Krause, die Lungenfunktion bei entsprechendem Verdacht zu überprüfen. Besonders dringlich ist dies bei Patienten mit rheumato­ider Arthritis, systemischer Sklerose, Sjögren-Syndrom oder Myositis. Allerdings schließt ein unauffälliges Ergebnis eine ILD nicht aus. Entscheidend ist die Veränderung der einzelnen Parameter, z.B. ein Abfall der forcierten Vitalkapazität (FVC).

Zwei neue Lungenmarker

  • Bei rheumatoider Arthritis tragen Patienten mit einer Mutation im MUC5B-Gen ein sechsfach erhöhtes Risiko für eine interstitielle Lungenerkrankung. Die Genvariante sorgt für die vermehrte Produktion von Mucin 5B, einem Protein im Bronchialsekret.
  • Als Serummarker könnte sich das muzinartige profibrotische Glykoprotein KL-6 eignen. Bei rheumatoider Arthrits und hohen Werten ist das Risiko für eine ILD erhöht (Sensitivität 68 %, Spezifität 83 %).

Gibt es Hinweise auf eine interstitielle Lungenerkrankung, sollte das mit einer hoch auflösenden Computertomographie (HRCT) des Thorax abgeklärt werden, ohne Kontrastmittel. Bei Patienten mit systemischer Sklerose oder Myositiden mit erhöhtem ILD-Risiko rät der Rheumatologe in jedem Fall zu einer HRCT. Ein erheblicher Anteil der interstitiellen Lungenerkrankungen verläuft progredient fibrosierend mit deutlich erhöhter Mortalität. Dabei lässt sich der individuelle Krankheitsverlauf nur schwer vorhersehen. Um rechtzeitig therapeutisch eingreifen zu können, werden pulmonale Kontrolluntersuchungen alle sechs bis zwölf Monate empfohlen. Eine normale Lungenfunktion schließt die Progression nicht aus. Bei der Einschätzung der Belastbarkeit hilft der Sechs-Minuten-Gehtest.

Antikörper gegen citrullinierte Antigene und Scl-70 ungünstig

Als Risikofaktoren für einen Progress und eine ungünstige Prognose gelten folgende Parameter:
  • initiale FVC < 75 % bzw. DLCO* < 55 %
  • Alter > 65 Jahre und männliches Geschlecht
  • Abfall der FVC > 10 % oder der DLCO > 15 % innerhalb von sechs Monaten oder wiederholte Reduktion > 5 %
  • Beteiligung > 20 % der Lunge im HRCT bzw. Zunahme im Verlauf
  • Antikörper gegen citrullinierte Peptidantigene (rheumatoide Arthritis) bzw. Scl-70 (Sklerodermie)
  • chronisch fibrosierende Erkrankung mit UIP*-Muster
Patienten mit idiopathischer inflammatorischer Myopathie können trotz eines leichten oder sogar klinisch asymptomatischen Muskel­befalls an einer schweren interstitiellen Lungenerkrankung leiden. Besonders häufig ist die pulmonale Beteiligung bei Anti­synthetase-Syndromen und Overlap-Myositiden. Zur Abklärung einer neu aufgetretenen interstitiellen Lungenerkrankung unbekannter Ursache empfiehlt Prof. ­Krause die Suche nach charakteristischen Antikörpern (siehe. Kasten), um eine Myo­sitis beizeiten erkennen zu können.

Therapie mit Biologika und Immunsuppressiva

Therapeutisch steht bei Patienten mit rheumatisch bedingter ILD die immunsuppressive Behandlung der Grundkrankheit an erster Stelle. Denn solange die Inflammation noch aktiv ist, droht eine Verschlechterung der pulmonalen Situation, erklärte Professor Dr. ­Ulf ­Müller-­Ladner von der ­Kerckhoff-­Klinik Bad ­Nauheim. Eingesetzt werden neben klassischen Immunsuppressiva auch gezielt wirkende Biologika. Für Myko­phenolat­mofetil und den B-Zell-Hemmer ­Rituximab konnte gezeigt werden, dass diese Medikamente bei Patienten mit ILD neben der auslösenden Autoimmun­erkrankung auch die beeinträchtigte Lungenfunktion zu bessern vermögen. Immunsuppressiva haben also möglicherweise zusätzlich einen anti­fibrotischen Effekt.

Autoantikörper bei Myositis

  • Overlap-Syndrome: Ku, PM-Scl-100, PM-Scl-75
  • Dermatomyositis: Mi-2α, Mi-2β, TIF-1γ, MDA5, NXP2, SAE1
  • Antisynthetase-Syndrom: Jo-1, PL-7, PL-12, EJ, OJ
  • nekrotisierende Myositis: SRP, HMG-CoA
  • Einschlusskörpermyositis: 5NT1A

Einen neuen Ansatz zur Therapie von Rheumapatienten mit progredienter interstitieller Lungenerkrankung trotz suffizienter Behandlung der Grunderkrankung eröffnet der ­Tyrosinkinase-Inhibitor ­Nintedanib. Der antifibrotisch wirkende Small-­Molecule-Arzneistoff hat in der randomisierten Doppelblindstudie ­INBUILD einen günstigen Einfluss auf die Lungenfunktion gezeigt. Die Untersuchung schloss unter anderem 170 Patienten mit Autoimmunerkrankungen ein, vor allem mit rheumatoider Arthritis, systemischer Sklerose und Mischkollagenose. In dieser Subgruppe verringerte ­Nintedanib den FVC-Verlust innerhalb eines Jahres signifikant um mehr als die Hälfte (58 %). Diese Reduktion entspricht einer absoluten Differenz von mehr als 100 Milli­litern im Vergleich zu Placebo – ein für den Patienten durchaus spürbarer Effekt. Außerdem traten weniger akute Exazerbationen auf und die Mortalität war ebenfalls reduziert. Gleichzeitig erwies sich die Behandlung als gut verträglich. Die beobachteten Nebenwirkungen waren überwiegend gastrointestinaler Natur.

* Kohlenmonoxid-Diffusionskapazität der ­Lunge
** Usual Interstitial Pneumonia

Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2020 – virtuell

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Bei der interstitiellen Lungenerkrankung lagert sich zwischen den Alveolen fibröses Gewebe (rot) an. Bei der interstitiellen Lungenerkrankung lagert sich zwischen den Alveolen fibröses Gewebe (rot) an. © Science Photo Library/PHT; iStock/DjelicS