Wenn sich alles um die Achse dreht

Dr. Sonja Kempinski

Definitionsgemäß handelt es sich bei der axSpA um einen entzündlichen Rückenschmerz. Definitionsgemäß handelt es sich bei der axSpA um einen entzündlichen Rückenschmerz. © iStock/DjelicS

Einer axialen Spondyloarthritis auf die Spur zu kommen ist gar nicht so einfach. Vor allem, wenn die radiologischen Zeichen fehlen. In diesem Fall verhelfen SpA-Parameter, HLA-B27 und MRT zur Diagnose.

Die zentralen pathogenetischen Vorgänge bei der axialen Spondyloarthritis (axSpA) sind chronische Entzündung, Knochendestruktion und -neubildung, schreiben Dr. Victoria Navarro-Compán, La Paz University Hospital in Madrid, und Kollegen. Sie betreffen in erster Linie das Achsenskelett (und dort vor allem die Iliosakralgelenke, ISG) und führen zu quälenden chronischen Rückenschmerzen. Diese treten fast jede Nacht auf und sind oft von Morgensteifigkeit begleitet. Dabei schmerzen vor allem der untere Rücken und das Gesäß, manchmal aber auch andere Bereiche entlang der Wirbelsäule.

Definitionsgemäß handelt es sich bei der axSpA um einen entzündlichen Rückenschmerz. Dieser liegt vor, wenn vier der fünf folgenden Kriterien zutreffen:

  • Beginn < 40 Jahre
  • schleichender Beginn
  • Schmerzen vor allem nachts, Besserung beim Aufstehen
  • Besserung durch Bewegung
  • keine Besserung durch Ruhe

Doch die Rückenschmerzen sind bei der axSpA nicht alles. Etwa 30 % der Betroffenen leiden zusätzlich an peripheren Arthritiden und Enthesitiden, manche auch an Daktylitiden. Daneben gibt es häufig Manifestationen außerhalb des muskulo­skelettalen Systems, wie beispielsweise Uveitis, Psoriasis oder entzündliche Darm­erkrankungen. Sie alle gehören zu den axSpA-Parametern (s. Kasten) und spielen bei Diagnose und Therapieentscheidung eine Rolle.

Was für axSpA spricht

  •  entzündlicher Rückenschmerz
  • wechselseitige Gesäßschmerzen
  • gutes Ansprechen auf NSAR
  • periphere Arthritis (meist asymmetrische Monobzw. Oligoarthritis)
  • Enthesitis (v.a. Achillessehne und Plantarfaszie betroffen)
  • Daktylitis („Wurstfinger“)
  • Psoriasis
  • entzündliche Darmerkrankungen
  • Uveitis
  • erhöhte Akute-Phase-Proteine
  • vorangegangene Infektion
  • positive Familiengeschichte

Bei SpA-verdächtigen Rückenschmerzen steht zur Beurteilung der ISG zunächst eine konventionelle Röntgenaufnahme an. Sind die typischen Anzeichen einer Sakroiliitis erkennbar, ist die Diagnose klar: Es handelt sich um eine „röntgenologische axSpA“ (r-axSpA).

Strukturschäden erst Jahre nach Symptombeginn

Ein negativer Befund schließt eine axSpA allerdings nicht aus. Das liegt daran, dass die Strukturschäden radiologisch meist erst mehrere Jahre nach Beginn der Beschwerden sichtbar werden. In diesen Fällen spricht man von einer nicht-röntgenologischen axSpA (nr-axSpA) (s. Kas­ten unten). Besteht bei negativem Röntgenbefund weiterhin ein Verdacht, helfen die axSpA-Parameter diagnostisch weiter. Sind mindestens vier davon nachweisbar, ist die Dia­gnose axSpA sehr wahrscheinlich, bei zwei oder drei plus positivem HLA-B27 ebenfalls (70–90 % der axSpA-Patienten sind HLA-B27-positiv). Spätestens wenn trotz ausgeprägtem Verdacht nur ein oder gar kein SpA-Parameter vorliegt, kommt die MRT zum Zug.

Ist es r-axSpA oder nr-axSpA?

Die axSpA wird in zwei Formen unterteilt: Bei der r-axSpA ist der strukturelle Schaden radiologisch nachweisbar, Männer sind von dieser Form häufiger betroffen als Frauen (2:1). Viele axSpA-Patienten haben jedoch trotz typischer Beschwerden keine radiologisch erkennbaren Veränderungen. Wahrscheinlich handelt es sich bei dieser nicht-röntgenologischen nr-axSpA um eine Frühform, die aber nicht zwingend in eine r-axSpA münden muss. Die nr-axSpA ist bei Männern und Frauen gleich häufig. Obwohl nr-axSpA und r-axSpA in der Praxis meist als axSpA zusammengefasst werden, kann die Unterscheidung therapeutisch eine Rolle spielen, denn nicht alle Wirkstoffe sind für beide Formen zugelassen.

Als starker Hinweis gilt ein darin erkennbares subchondrales Knochenmarködem, vor allem im Zusammenhang mit strukturellen Veränderungen. Allerdings müssen etwaige Ödeme in der klinischen Gesamtschau betrachtet werden. Sie können nämlich auch beim unspezifischen Rückenschmerz, bei Gesunden, post partum oder in der Regenerationsphase nach Leistungssport auftreten. Die Ziele der Behandlung der axSpA lauten: Schmerzen eindämmen, Mobilität erhalten und die Lebensqualität maximieren. Physio­therapie und Körperübungen bessern die Beweglichkeit und reduzieren die Krankheitsaktivität, weshalb sie derzeit (noch) empfohlen werden. Knackpunkt ist, dass Bewegung womöglich Knochenneubildungen an Enthesen und Gelenken fördern könnte. Hier besteht noch Forschungsbedarf, schreiben die Autoren. Die medikamentöse Therapie beginnt mit NSAR in höchstmöglicher Dosierung. Bei gleichzeitiger entzündlicher Darmerkrankung sind Cox-2-Hemmer vorzuziehen. Ob traditionelles NSAR oder Cox-2-Hemmer: Normalerweise kommt es innerhalb von zwei Wochen zur Response. Ist dies nicht der Fall, wechselt man auf ein NSAR der anderen Klasse. Ist nach vier Wochen unter NSAR keine Besserung eingetreten, sind Biologika angezeigt. Als weitere Voraussetzung für deren Einsatz gelten ein erhöhter CRP-Wert, Entzündungszeichen in der MRT oder radiologische Anzeichen einer Sakroili­itis. Da sowohl Tumornekrosefaktor (TNF) alpha als auch Interleukin-17 (IL-17) in das Krankheitsgeschehen involviert sind, bessert deren Blockade die Beschwerden. Die Effektivität von TNF-a-Blockern und IL-17-Inhibitoren ist vergleichbar. Häufig wird einem TNF-a-Blocker der Vorzug gegeben, weil man mit ihm bereits mehr Erfahrung hat.

Genauer Stellenwert der JAK-Inhibitoren noch offen

Auch eine begleitende Uveitis oder entzündliche Darmerkrankung erfordert dessen Gabe, allerdings in Form eines monoklonalen Antikörpers (z.B. Adalimumab oder Certolizumab). Die Anspache auf Biologika, insbesondere TNF-a, ist bei Nichtrauchern besser, weshalb Raucher zur Aufgabe ihres Tabakkonsums angehalten werden sollten. 60–65 % der Patienten profitieren von Biologika. Bleibt die Response über einen längeren Zeitraum stabil, kann die Dosis reduziert werden. Absetzen ist allerdings nicht angesagt, weil dann erneute Schübe drohen. Spricht der Patient auf das Biologikum nicht an, kann vom TNF-a-Blocker auf einen IL-17-Inhibitor geswitcht werden und umgekehrt. Auch Januskinase-­Inhibitoren sind inzwischen für die ax­SpA zugelassen. Ihr Vorteil ist, dass sie im Gegensatz zu Biologika oral verabreicht werden. Ihr genauer Platz im Management der axSpA muss aber noch definiert werden, meinen die ­Autoren.

Quelle: Navarro-Compán V et al. Ann Rheum Dis 2021; DOI: 10.1136/annrheumdis-2021-221035

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