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Wer ist besonders anfällig für die akute Höhenkrankheit?

Nach sechs bis zwölf Stunden auf mehr als 2000–2500 m beginnt langsam der Kopf zu schmerzen. Es folgen Übelkeit, Erbrechen, Schwindel. Für viele Gipfelstürmer fangen die Berge erst in dieser Höhe richtig an. Steigen sie trotz dieser Symptome der akuten Bergkrankheit weiter auf, drohen Höhenhirn- oder Höhenlungenödem. Entsprechend groß ist das Interesse, schon im Vorfeld zu erfahren, wie anfällig man für Höhenkrankheiten ist.
Mit der absoluten Höhe, Vorakklimatisation, Aufstiegsgeschwindigkeit und der individuellen Anfälligkeit nennen Professor Dr. Peter Bärtsch, Universitätsklinikum Heidelberg, und Privatdozent Dr. Christoph Dehnert, Medbase Sports Medical Center Zürich, die vier wichtigsten Prädiktoren der Höhenkrankheit. Letztere lässt sich anhand vorheriger Höhenerfahrungen abschätzen, die jedoch meist fehlen. Können Tests im Flachland diese Lücke schließen?
Tatsächlich zeigen Höhenkranke auf derselben Höhe im Durchschnitt eine signifikant niedrigere arterielle Sauerstoffsättigung als Gesunde. Allerdings überlappen sich die Werte beider Gruppen so sehr, dass sie keine individuellen Prognosen erlauben. Ebenso unzuverlässig seien die gern genutzten Pulsoximeter oder Ventilationsmessungen in akuter Hypoxie, bei der Betroffene lediglich eine klinisch irrelevante Atemantwort zeigen.
Sportanamnese hat mehr Aussagekraft als Belastungstest
Eine Ergometrie können sich Kollegen ebenfalls sparen, schreiben Prof. Bärtsch und Dr. Dehnert. Mit einer Sportanamnese lässt sich die Leistungsfähigkeit einfacher beurteilen. Von Belastungstests in Hypoxie raten die Experten ab. Bis dato liegen keine Daten vor, ob diese auch bei fehlender Höhenanamnese die Vorhersage verbessern und die akuten Bergerkrankungen stärker reduzieren als eine sorgfältige Beratung.
Prof. Bärtsch und Dr. Dehnert argumentieren weiter, dass sich die schwere Höhenkrankheit durch eine adäquate Therapie meistens verhindern lässt. Bei akuter Bergkrankheit genügt es in der Regel, einen Ruhetag einzulegen und einfache Analgetika einzunehmen, ggf. Acetazolamid. Dem beginnenden Hirnödem wirken Dexamethason und Abstieg bzw. zusätzlicher Sauerstoff entgegen. Auch ohne medikamentöse Prophylaxe können für ein Höhenlungenödem prädisponierte Personen auf bis zu 7000 m Höhe kraxeln – vorausgesetzt, sie steigen langsam genug auf (ab 2000 m im Durchschnitt 300–350 m/Tag).
Cave: Viel Ehrgeiz bei wenig Erfahrung
- Niedriges Risiko: Langsamer Aufstieg (< 500 m/Tag), keine Anamnese von akuter Bergkrankheit, Höhenhirnödem oder Höhenlungenödem bei früherer Exposition
- Moderates Risiko: Unbekannte Höhenanamnese und Aufstieg > 500 m/Tag auf mehr als 2500 m oder 3000 m an einem Tag
- Höheres Risiko: Unbekannte Höhenanamnese und sehr schneller Aufstieg (deutlich > 500 m/Tag) und einer Endhöhe > 4000 m oder anamnestisch bekannte akute Bergkrankheit, Höhenhirnödem oder Höhenlungenödem in vergleichbarer Situation
Niedriges Risiko schließt eine Höhenkrankheit nicht aus
In jedem Fall sollten Ärzte eine mangelnde Leistungsreserve der Ratsuchenden ausschließen. Daneben gilt es Erkrankungen zu detektieren, welche die Höhentauglichkeit mindern. Das individuelle Risiko können sie anhand von Höhenanamnese, Aufstiegsprofil und geplanter Vorakklimatisierung ermitteln (s. Kasten oben). Cave: Sogar ein niedriges Risiko schließt eine Höhenkrankheit nicht komplett aus. Mit fünf einfachen Regeln kann man schwere Verläufe jedoch oft verhindern (s. Kasten unten).Fünf Regeln zur Prophylaxe
- Ruhetage und symptomatische Therapie bei beginnender akuter Bergkrankheit
- bei anhaltenden Symptomen trotz Ruhetag und symptomatischer Therapie absteigen
- nie mit Symptomen zu einer größeren Schlafhöhe aufsteigen
- bei Verdacht auf ein beginnendes Hirn- oder Lungenödem wenn möglich sofort absteigen
- nie eine kranke Person alleine lassen
Quelle: Bärtsch P, Dehnert C. Flug u Reisemed 2018; 25: 69-74
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