Wichtiges zu Teststrategie, Therapie und Monitoring

Dr. Melanie Söchtig

Stammfettsucht und Striae rubrae zählen zu den typischen Symptomen eines Cushing-Syndroms. Stammfettsucht und Striae rubrae zählen zu den typischen Symptomen eines Cushing-Syndroms. © Science Photo Library

Im Rahmen eines virtuellen Workshops haben mehr als 50 Forscher und klinische Experten aus 13 Ländern aktuelle Erkenntnisse zum Morbus Cushing diskutiert. Ihre dabei erarbeiteten Empfehlungen für die Diagnose und Behandlung wurden jetzt in einem Konsensus-Papier veröffentlicht.

Oft ziehen viele Jahre ins Land, bevor ein Cushing-Syndrom diagnostiziert wird. Das liegt einerseits an dem schleichend fortschreitenden Krankheitsprozess und andererseits an der Komplexität der Teststrategie. Um die Cortisol-Sekretion zu beurteilen und Störungen festzustellen, stehen verschiedene Testmethoden zur Verfügung:

  • Bestimmung des nächtlichen Speichelcortisols (LNSC) zur Feststellung eines abnormen zirkadianen Rhythmus
  • Übernacht-1-mg-Dexamethason-Suppressionstest (DST) oder der niedrig dosierte 2-Tage-Dexamethason-Test (LDDT) zur Detektion eines gestörten Glukokortikoid-Feedbacks
  • Bestimmung des freien 24-Stunden-Urin-Cortisols (UFC), um erhöhtes bioverfügbares Cortisol festzustellen

Generell eignen sich alle genannten Testmethoden, um einem klinischen Verdacht auf das Cushing-Syndrom nachzugehen. Die Konsensgruppe empfiehlt, grundsätzlich mit der Bestimmung des UFC (2–3 Proben), des LNSC (mindestens 2 Tests) oder beiden Tests zu beginnen. Der DST ist eine gute Alternative, wenn eine Bestimmung des LNSC nicht durchführbar ist.

Besteht der Verdacht auf einen Nebennierentumor, sollte dagegen mit dem DST begonnen werden. Die Bestimmung des LNSC ist in diesem Fall nur dann sinnvoll, wenn die Kortison-Konzentration ebenfalls angegeben werden kann.

MRT bleibt bildgebendes Verfahren der Wahl

Der DST bietet sich außerdem bei Schichtarbeitern und Patienten mit gestörtem zirkadianem Rhythmus an, die unregelmäßige Schlafzeiten haben. Er eignet sich allerdings nicht für z.B. Frauen, die mit oralen Östrogenen behandelt werden. Wenn aufgrund des klinischen Szenarios ein falsch positiver DST vermutet wird, kann eine Messung des Dexamethasonspiegels am Morgen nach der Verabreichung nützlich sein.

Pseudo-Cushing

Auch psychische Störungen, Alkoholabusus, PCOS und Adipositas können zu cushingähnlichen Symptomen führen. Gleiches gilt für Steroidtherapien. In diesen Fällen sind auch die Tests positiv. Allerdings fallen die Werte nur leicht erhöht aus. Der UFS bleibt i.d.R. immer im Rahmen eines maximal dreifachen Anstiegs, so die Experten. Neben einer genauen Anamnese, die auch den zeitlichen Verlauf der Beschwerden berücksichtigt, können CRH-Stimulationstest (CRH, Dex-CRH), LDDT oder Desmopressintest bei solchen Patienten weiterhelfen, da Patienten bei einem ATCH-unabhängigen Pseudo-Cushing z.B. beim Dex-CRH keine Cortisol-Antwort auf die Dexamethasonsuppression zeigen.

Die MRT bleibt das bildgebende Verfahren der Wahl bei ACTH-sezernierenden Hypophysenadenomen. Weil die meisten Läsionen sehr klein sind, werden sie nur in der Hälfte der Fälle mittels Standard-MRT (1,5T) erkannt. Deshalb sollte, falls möglich, bevorzugt ein 3T-MRT durchgeführt werden.

Therapeutisches Vorgehen

Eine transsphenoidale Hypophysen-Operation ist Erstlinien-Therapie bei Morbus Cushing. Die Operation sollte nach Möglichkeit in einem spezialisierten Tumor-Zentrum durchgeführt werden, weil dies mit dem niedrigsten Remissionsrisiko verbunden ist. Die Nachsorge erfolgt durch ein multidisziplinäres Team einschließlich eines Endokrinologen. Um Rezidive zügig behandeln zu können, wird ein lebenslanges Monitoring der Patienten empfohlen. Unter den verfügbaren Tests ist die Bestimmung des LNSC die empfindlichste Methode. Sie sollte jährlich durchgeführt werden. Zudem sollten beim Monitoring die Tests, die bei der Erstdiagnose abnormale Ergebnisse gezeigt haben, berücksichtigt werden. Wenn die Hypophysen-Operation bzw. Reintervention nicht durchführbar ist oder erfolglos war, kommt eine Strahlentherapie und/oder medikamentöse Behandlung infrage – auch eine adjuvante Radiotherapie ist möglich. Für die Auswahl der Medikamente gibt die Konsensgruppe folgende Empfehlungen:
  • Wenn eine schnelle Normalisierung des Cortisolspiegels erforderlich ist, sollte ein Inhibitor der adrenalen Steroidsynthese eingesetzt werden. Osilodrostat und Metyrapon haben die schnellste Wirkung und sind oral verfügbar, während Etomidat (off label) in sehr schweren Fällen intravenös verabreicht werden kann.
  • Bei leichter Erkrankung, wenn ein Resttumor vorhanden ist und eine Verkleinerung des Tumors möglich ist, kommt Pasireotid oder Cabergolin (off label) zum Einsatz.
  • Für den Einsatz in der Schwangerschaft sind keine der infrage kommenden Medikamente zugelassen. Bei Schwangeren oder Frauen mit Kinderwunsch könnte eine Off-Label-Therapie mit Cabergolin oder Metyrapon erwogen werden.
  • Wenn in der Vorgeschichte bipolare Störungen oder Störungen der Impulskontrolle aufgetreten sind, sollte Cabergolin vermieden werden.
  • Wenn kein erfahrener Hypophysen-Endokrinologe zur Überwachung des Ansprechens auf die Behandlung zur Verfügung steht, sollte Mifepriston (off label) nur mit Vorsicht eingesetzt werden. Bei der Anwendung dieses Medikaments müssen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln berücksichtigt werden.
In jedem Fall sollten bei der Wahl der Medikamente Unverträglichkeit und Nebenwirkungen sowie Komorbiditäten wie Typ-2-Diabetes und Bluthochdruck berücksichtigt werden. Eine Adrenalektomie sollte zwar nur in absoluten Ausnahmefällen durchgeführt, aber auch bei Patienten mit schweren Verläufen nicht unnötig lange hinausgezögert werden.

Quelle: Fleseriu M et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2021; DOI: 10.1016/S2213-8587(21)00235-7

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Stammfettsucht und Striae rubrae zählen zu den typischen Symptomen eines Cushing-Syndroms. Stammfettsucht und Striae rubrae zählen zu den typischen Symptomen eines Cushing-Syndroms. © Science Photo Library