Cushing-Syndrom: Überaktive Hypophyse rechtzeitig identifizieren

Ulrike Viegener

Ein typisches Cushing-Symptom ist die periphere Muskelatrophie. Ein typisches Cushing-Symptom ist die periphere Muskelatrophie. © Science Photo Library/CNRI

Mit Blick auf Morbidität und Mortalität des Cushing-Syndroms gilt eine Diabeteserkrankung als hochpotenter Risikofaktor, mahnt ein Experte. Nicht zuletzt deshalb muss es das Anliegen jedes Behandlungsteams sein, eine überaktive Hypophyse bei Menschen mit Typ-2-Diabetes so früh wie möglich zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln.

Ärztinnen und Ärzte, die Personen mit Typ-2-Diabetes betreuen, sollten den Morbus Cushing immer auf dem Schirm haben und im Verdachtsfall einen 1-mg-Dexamethason-Hemmtest durchführen, erklärte Professor Dr. Matthias­ Weber von der Universitätsklinik Mainz die Zuhörenden. Dieser einfache Test sei sehr aussagekräftig. Gemäß den Ergebnissen einer im Jahr 2020 publizierten Metaanalyse weist er die höchste Sensitivität auf. Am schlechtesten schnitt die Bestimmung von Kortisol im 24-Stunden-Urin ab.

Die konsequente Anwendung des Dexamethasonhemmtests könne maßgeblich dazu beitragen, Patienten mit Cushing-Syndrom endlich frühzeitig zu identifizieren, betonte der Endokrinologe. Seiner Meinung nach lasse die Früherkennung des Morbus Cushing sehr zu wünschen übrig. In Deutschland vergehen durchschnittlich 48 Monate, bis die Diagnose eines hypophysären Cushing-Syndroms gestellt wird.

Haut- und muskuläre Zeichen weisen zur Diagnose

Obwohl das metabolische Syndrom und der Morbus Cushing klinisch starke Überlappungen aufweisen, gibt es doch klare Verdachtsmomente, die auf eine überaktive Hypophyse hindeuten. Dies sind vor allem Hautzeichen wie Pergamenthaut, Einblutungen und schlechte Wundheilung, aber auch muskuläre Zeichen wie ein flaches Gesäß und dünne Extremitäten infolge Muskelatrophie. Stammbetonte Adipositas sowie Nacken- bzw. Backenfettpolster – die stigmatisierenden Begriffe „Büffelnacken“ und „Mondgesicht“ sollten nicht verwendet werden – seien zwar weniger spezifisch, betonte Prof. Weber. Aber bei der Diagnosefindung helfen sie in jedem Fall weiter.

Etwa 30 % der Patienten mit Morbus Cushing weisen eine prädiabetische Stoffwechsellage auf, weitere 30 % einen manifesten Diabetes. Dies überrasche nicht, sei doch Kortisol einer der wichtigsten Gegenspieler von Insulin, erinnerte der Referent. Umgekehrt verbirgt sich hinter einem phänotypischen Typ-2-Diabetes in rund 1 % der Fälle ein endogenes Cushing-Syndrom. Angesichts der epidemieartigen Ausbreitung des Typ-2-Diabetes betrifft dies eine große Anzahl von Personen, die es aus dem großen Pool „herauszufischen“ gilt, so Prof. Weber.

Die Früherkennung ist umso wichtiger, als dass der Morbus Cushing mit einer stark erhöhten Morbidität und Mortalität verbunden ist, die vor allem auf das Konto kardiovaskulärer Erkrankungen geht. Aus den Daten einer 2021 veröffentlichten longitudinalen Kohortenstudie geht hervor, dass die Sterblichkeit um den Faktor 3 erhöht ist. Liegt ein aktiver Cushing vor, erhöht sich die Mortalität sogar um das 7,5-Fache. Dia­betes mellitus sei diesbezüglich ein nicht zu unterschätzender, hochpotenter Risikofaktor, erklärte Prof. Weber weiter. Im Vergleich zu Gesunden liegt bei Cushingpatienten mit einer schlecht eingestellten Stoffwechsellage die Sterblichkeitsrate fünfmal höher.

Metformin beim iatrogenen Cushing-Syndrom?

Vielversprechend sind die Ergebnisse mit Metformin beim iatrogenen Cushing-Syndrom. Viele ungünstige Effekte der Glukokokortikoide werden durch die AMP-aktivierte Proteinkinase vermittelt, deren Aktivität sich offenbar durch Metformin modulieren lässt. In einer placebo-kontrollierten Doppelblind-Studie erhielten 53 Patienten, die wegen entzündlicher Grunderkrankungen mit Glukokortikoiden (Prednisolon-Äquivalent 24 mg/d) behandelt wurden, Metformin in aufsteigender Dosierung bis dreimal täglich 850 mg. Nach zwölfwöchiger Gabe hatten sich unter Metformin nicht nur metabolische und kardiovaskuläre Parameter günstig verändert, auch das Risiko schwerer Infektionen nahm deutlich ab.

Signifikantes Mortalitätsrisiko trotz erfolgreicher Therapie

Dass die Mortalität bereits vor der Cushing-Diagnose in relevantem Ausmaß steigt, konnten Forschende in einer weiteren kürzlich publizierten Studie aus Schweden zeigen. Außerdem war in dieser Untersuchung auch nach erfolgreicher Behandlung des Morbus Cushing über viele Jahre hinweg ein signifikanter Mortalitätsanstieg nachweisbar.

Quelle: Diabetes Update 2021

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Ein typisches Cushing-Symptom ist die periphere Muskelatrophie. Ein typisches Cushing-Symptom ist die periphere Muskelatrophie. © Science Photo Library/CNRI