
Wie geht es weiter nach radikaler Zystektomie?

Dr. MARCO MOSCHINI, Ospedale San Raffaele in Mailand, präsentierte den Fall eines 63-jährigen Mannes mit high-grade muskelinvasivem Blasenkarzinom (MIBC) ohne
Lymphknotenbeteiligung. Der Patient erhielt nach der transurethralen Resektion eine
radikale Zystektomie und eine intrakorporale Neoblase. Nach der Operation stellten die
Kolleg:innen die Diagnose eines rein urothelialen T3a N0R0 MIBC. Optionen für das weitere Management diskutierten Prof. Dr. Dr. JOAN PALOU, Universitat Autònoma de Barcelona, aus Sicht des Urologen und Prof. Dr. ANDREA NECCHI von der Universität Vita-Salute San Raffaele in Mailand aus Sicht des Onkologen.
Bei Risikofaktoren alle sechs Monate kontrollieren
Prof. Palou verwies zunächst auf eine retrospektive Analyse: Diese deutete darauf hin, dass Betroffene bessere Überlebenschancen hatten, wenn Rezidive im Rahmen der
Routinenachsorge entdeckt wurden, als wenn der Rückfall aufgrund von Symptomen ans Licht kam. Regelmäßige Nachsorgetermine seien essenziell, so der Referent, da mit der Zytologie urethrale Rezidive in früheren Stadien detektiert würden, was die Prognose
verbessere. Liegen Risikofaktoren vor, sollte für die ersten drei Jahre alle sechs Monate eine Zytologie erfolgen, danach jährlich. Bei Patient:innen ohne Risikofaktoren ist eine jährliche Zytologie angezeigt. Besonders gefährdet, ein Urothelkarzinom des oberen Harntrakts nach Zystektomie zu entwickeln, seien u.a. Personen mit high-grade und multifokaler Erkrankung.
Betroffene mit Neoblase erfordern eine engmaschige Nachbeobachtung; das Wichtigste
sei, sie auf Restharnbildung hin zu überwachen. Die Erkrankten müssten die Blase komplett entleeren. „Ich fordere meine Patient:innen bei jedem Nachsorgetermin auf, alle drei bis vier Stunden zu urinieren.“ Auch Bluttests auf metabolische Veränderungen wie einen Vitamin-B12-Mangel oder eine metabolische Azidose seien indiziert.
Der Mann im vorliegenden Fall hatte keine neoadjuvante Chemotherapie (NACT) mit
Cisplatin erhalten, wie sie von den Leitlinien für fitte Betroffene empfohlen wird. Zur Frage, ob eine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden sollte, verwies Prof. Necchi zunächst auf die EORTC30994-Studie, in der die Teilnehmenden hinsichtlich des PFS von einer sofortigen Adjuvanz, verglichen mit einer aufgeschobenen Behandlung, profitierten. Beim Gesamtüberleben verfehlte der beobachtete Benefit die statistische Signifikanz.
Forschende kamen in einer aktuellen Metaanalyse von 10 klinischen Studien zu dem
Schluss, dass die cisplatinbasierte adjuvante Chemotherapie das rezidiv-, lokalrezidiv- und metastasenfreie Überleben verbesserte. Das OS verbesserte sich um 6 % nach fünf Jahren. Eine aktuelle retrospektive Analyse ergab, dass Patient:innen nach radikaler Zystektomie und mehr als drei befallenen Lymphknoten am meisten von der adjuvanten Chemotherapie mit Cisplatin profitierten.
Studien zur Sequenzbehandlung gefordert
Zukünftige Biomarker könnten von der bereits durchgeführten Therapie abhängen, betonte Prof. Necchi. In einer Analyse unterschied sich das Genexpressionsprofil von Tumoren je nachdem, ob die Patient:innen zuvor eine Chemo- oder eine Immuntherapie erhalten hatten. Damit seien Studien zur Sequenzbehandlung im
perioperativen Setting besonders vielversprechend. Die stärksten Biomarker-Daten lägen zur zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA) vor. Diese sei, ebenso wie die ctDNA-Clearance, unabhängig von der adjuvanten Therapie prognostisch. Nach der radikalen Zystektomie sei ein positiver ctDNA-Test nur für das Ansprechen auf die adjuvante Immuntherapie prognostisch. Zur adjuvanten Chemo liegen nur begrenzt Daten vor.
Neoadjuvante Chemo sagt Ansprechen auf CPI voraus
Die Langzeitdaten der Studie CheckMate-274 verdeutlichten, dass eine neoadjuvante
Chemotherapie ein Prädiktor für das Ansprechen auf Nivolumab sei, sagte Prof. Necchi. Mit Cisplatin vorbehandelte, PD-L1 + Personen sollten deshalb adjuvant den Checkpoint-Inhibitor erhalten. Patient:innen mit T3–4N0-Tumoren ohne NACT sollten, wenn sie sich dafür eignen, mit einer adjuvanten Chemotherapie behandelt werden. Bei Erkrankten, die dafür nicht infrage kommen, sei adjuvantes Nivolumab angezeigt, fasste Prof. Necchi die Optionen zusammen.
Kongressbericht: 37. Annual EAU Congress
Quelle: Afferi L et al. Eur Urol Oncol 2022; DOI: 10.1016/j.euo.2022.04.001
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