Wie krankheitsmodulierende Therapien die Schwangerschaft und das Kind beeinflussen

Dr. Judith Lorenz

Dank der modernen krankheitsmodifizierenden Therapien lässt sich die MS recht gut behandeln. Vorsicht ist allerdings bei Frauen mit Kinderwunsch und während einer Schwangerschaft geboten. Dank der modernen krankheitsmodifizierenden Therapien lässt sich die MS recht gut behandeln. Vorsicht ist allerdings bei Frauen mit Kinderwunsch und während einer Schwangerschaft geboten. © Romolo Tavani - stock.adobe.com

Eine Analyse von 3.722 Schwangerschaften hat gezeigt, dass einige MS-Therapien das Risiko für Infektionen, niedriges Geburtsgewicht und Antibiotikabehandlungen erhöhen. Besonders betroffen sind Kinder von Müttern, die hochwirksame Präparate wie Sphingosin-1-Phosphat-Modulatoren oder Anti-CD20-Antikörper erhalten haben.

Dank der modernen krankheitsmodifizierenden Therapien (disease-modifying therapies, DMT) lässt sich die Multiple Sklerose (MS) recht gut behandeln. Vorsicht ist allerdings bei Frauen mit Kinderwunsch und während einer Schwangerschaft geboten, wie ein Wissenschaftlerteam um Nadine Bast vom St. Josef-Hospital in Bochum schreibt. Denn einige Wirkstoffe gefährden die Gesundheit des ungeborenen Kindes.

Das Risiko für einen Krankheitsschub nimmt zwar für gewöhnlich mit Beginn einer Schwangerschaft ab, erläutert die Autorengruppe. In schweren Fällen könne man allerdings auch während einer Gravidität nicht auf die immunmodulierende Therapie verzichten.

Das Risiko für den Fötus unter DMT untersuchten die Forschenden mithilfe des deutschsprachigen Multiple Sklerose und Kinderwunsch Registers (DMSKW). In die Analyse gingen 3.722 Schwangerschaften aus den Jahren 2006 bis 2023 ein.

Bei 1.833 Frauen waren mäßig effektive Substanzen wie Interferon-β, Glatirameracetat, Teriflunomid oder Fumarate im Einsatz, in 1.052 Fällen fanden hocheffektive Arzneistoffe wie Sphingosin-1-Phosphat-Modulatoren, Cladribin, Alemtuzumab, Natalizumab oder Anti-CD20-Antikörper Verwendung. Die Kontrollgruppe bildeten 837 Schwangere ohne DMT.

Nach Exposition gegenüber den Substanzen traten weder gehäuft Spontanaborte noch Frühgeburten noch schwere kindliche Fehlbildungen auf. Schwere Infektionen ließen sich im Vergleich zur Kontrollgruppe überproportional häufig bei Therapie mit Fumaraten oder Alemtuzumab feststellen. Natalizumab bis ins dritte Trimenon sowie Anti-CD20-Antikörper erhöhten die Wahrscheinlichkeit für eine systemische Antibiotikabehandlung.

Kinder von MS-Patientinnen sind bei Geburt oft zu leicht

Weiter fand die Wissenschaftlergruppe, dass hochwirksame MS-Medikamente die Entwicklung der Ungeborenen beeinträchtigen: Die gegenüber Sphingosin-1-Phosphat-Modulatoren sowie die im dritten Trimenon gegenüber Natalizumab exponierten Kinder kamen mit signifikant weniger Gewicht zur Welt.

Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung traten in der Registerkohorte insgesamt mehr Small-for-Gestational-Age-Geburten (Geburtsgewicht ≤ 10. Perzentile bezogen auf das Alter und das Geschlecht) auf (18,8 % vs. 10 %). Insbesondere die Sphingosin-1-Phosphat-Modulatoren und Anti-CD20-Antikörper prädisponierten hierfür.

Die Autorinnen und Autoren hoffen, dass ihre Ergebnisse bei der Beratung von Patientinnen mit Kinderwunsch helfen können, sehen hinsichtlich der Sicherheit der MS-Therapien für die Ungeborenen jedoch großen weiteren Forschungsbedarf. Wichtige Erkenntnisse erhoffen sie sich von Langzeitbeobachtungen und der Vernetzung mit anderen Registern. 

Quelle: Bast N et al. Lancet Reg Health Eur 2024; 48: 101137; doi: 10.1016/j.lanepe.2024.101137

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