
Cartoon Medizin und Markt
Wirksamkeitsdiskussion bei Grippevakzinen

Wenn wir Daten zur Effektivität von Grippeimpfstoffen lesen, dann müssen wir immer unterscheiden – auf welchen Studien basieren diese Daten?“, sagte Prof. Dr. Tino Schwarz, Zentrallabor, KWM Juliusspital, Würzburg. Randomisierte kontrollierte Untersuchungen werten nach klar vordefinierten Regeln aus, wie effektiv Vakzinen wirken. Allerdings werden viele Patienten von diesen Studien ausgeschlossen. „Also müssen wir immer vorsichtig sein, diese Daten als die reine Wahrheit anzunehmen.“ Auf der anderen Seite stehen Arbeiten aus der Real World, für die es keine Aus- oder Einschlusskriterien gibt und in die in der Regel sehr viele Betroffene eingeschlossen wurden.
Derzeit gibt es in Deutschland vier weiterentwickelte Grippevakzinen: Ein MF-59-adjuvantiertes eibasiertes Präparat, welches ab 65 Jahren zugelassen ist, einen ebenfalls auf Hühnereiern basierenden Hochdosis-Impfstoff, zugelassen ab 60 Jahren sowie eine zellkulturbasierte Immunisierung, zugelassen ab zwei Jahren. Voraussichtlich 2024 komme ein rekombinanter, auf dem Baculovirus-Vektorsystem basierender Impfstoff, der über Insektenzellen hergestellt wird.
Zellkulturbasierte Impfstoffe zeigen höhere Effektivität
Antigendrift, höheres Alter der Patienten oder Immunsuppression und die Eiadaptation verringern die Effektivität der Vakzinen. Von Eiadaptation spricht man, wenn sich das Hämagglutinin bei der Impfstofferzeugung im Ei verändert. Wird der Wirkstoff in menschlichen Zellen erzeugt, besteht dieses Risiko nicht. Wie stark sich die Wirkung von im Ei und in Zellkultur hergestellten Präparaten unterscheidet, ändert sich von Jahr zu Jahr und ist schwer vorherzusagen.
Eine Auswertung von Real-World-Daten der Saison 2018/19 aus den USA ergab bei allen untersuchten respiratorischen Endpunkten einen Vorteil für die in Zellkulturen hergestellte Vakzine. Ähnlich sind die Ergebnisse der vorausgehenden und folgenden Saison. „Generell sieht man einen klaren Trend, dass der zellkulturbasierte Impfstoff eine höhere Effektivität aufweist“, erklärte Prof. Schwarz. Würden in Deutschland die tetravalenten eibasierten Präparate gegen solche aus Zellkultur ersetzt, verringere sich die Zahl der Arztbesuche um 26.000. Zudem gäbe es etwa 1.000 Hospitalisierungen und 50 Todesfälle weniger und damit sänken die Kosten um etwa 85 Mio. Euro, so der Referent. Darüber müsse man mit den Krankenkassen sprechen.
Um auch bei älteren Menschen eine ausreichende Immunantwort zu erzeugen, stehen in Deutschland derzeit adjuvantierte und hoch dosierte Vakzinen zur Verfügung. In einer Auswertung der vorhandenen Daten zu beiden zugelassenen Präparaten habe sich kein großer Unterschied in der Wirksamkeit ergeben.
Wie der Referent betonte, sei er immer wieder erschüttert über die Impfquoten bei den über 60-jährigen Personen hierzulande. So ließen sich in der Saison 2021/22 in Baden-Württemberg nur 26,8 %, in Bayern 32,2 % der Menschen immunisieren, in den östlichen Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt waren es mit 56,3 % und 61,3 % etwas mehr. Bei Indikationsimpfungen liegt die Quote in Deutschland bei 35,4 %, in Bayern und Baden-Württemberg sind es 22,1 % beziehungsweise 26,3 %. Darüber hinaus seien nur 17,5 % der Schwangeren immunisiert, obwohl für sie die Impfung schon seit dem Jahr 2010 empfohlen werde, monierte der Referent abschließend.
Webinar „Influenza gefährlicher als Corona? – Rückblick auf die aktuelle Grippe-Saison und Einsatz innovativer Grippe-Impfstoffe“; Veranstalter: CSL Seqirus/MediVerbund
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