
Zahl der Parvovirus-B19-Infektionen explodiert

In mehreren europäischen Ländern kam es im ersten Quartal 2024 zu einer Häufung von B19V-Infektionen. Das European Center for Disease Prevention and Control warnt angesichts der Situation vor Komplikationen bei Risikogruppen (Schwangere, Personen mit gestörter Blutbildung oder Immunschwäche). Für Kinder mit Ringelröteln, die als häufigste Infektionsquelle gelten, fehlen repräsentative Zahlen. Auszugehen ist in dieser Altersgruppe von einer ebenfalls stark erhöhten Viruszirkulation, schreibt die Forschergruppe um Dr. Robert Beck vom Konsiliarlabor für Parvoviren, Stuttgart.
Die Daten aus der Routinediagnostik zeigten im Konsiliarlabor im April 2019 zehn B19V-Infektionen. Im April 2024 waren es 320 akute Fälle bei Schwangeren. „Es ist unklar, wann der Gipfel der Ausbruchswelle erreicht sein wird“, so die Forschenden. Dass die Coronapandemie einen Einfluss auf den Anstieg hatte, halten sie für wahrscheinlich.
Am häufigsten treten Ringelröteln bei Kindern unter zehn Jahren auf. Die Infektion kann in jedem Alter vorkommen, gehäuft zwischen März und Juni. Die Seroprävalenz bei Frauen im gebärfähigen Alter liegt zwischen 60 % und 70 %. In der unspezifischen Prodromalphase (Fieber Myalgien, Kopfschmerz) 6 – 8 Tage nach Infektion ist die Virusausscheidung am höchsten. Die typischen Zeichen, wie ein geringelter Ausschlag und gerötete Wangen, treten bei Kindern erst 13 – 18 Tage nach Infektion auf. Zur selben Zeit sinkt das Ansteckungsrisiko.
Intrauterine Transmissionsrate beträgt 30 – 50 %
Häufig verläuft die Infektion asymptomatisch. Etwa 20 % der infizierten Schwangeren zeigen unspezifische Symptome (Exanthem, Gelenkbeschwerden), 30 % sind asymptomatisch. Die intrauterine Transmissionsrate liegt bei 30 – 50 %. Die Risiken beinhalten fetale Anämie, Hydrops fetalis, Verlust der Schwangerschaft oder intrauteriner Fruchttod. In den ersten 20 Schwangerschaftswochen ziehen weniger als 10 % der mütterlichen B19V-Infektionen fetale Komplikationen nach sich. Danach sinkt das Risiko auf < 1 – 2 %. Kommt es zu Komplikationen, so treten diese in 75 – 90 % innerhalb von acht Wochen nach Infektion auf. In systematischen Untersuchungen wurde kein Hinweis für ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko nach B19V-Infektion in der Schwangerschaft festgestellt, schreibt das Autorenteam.
Ist eine Schwangere beruflich exponiert, gibt es einen Expositionsverdacht (häufig über eigene Kinder) oder einen B19V-Ausbruch im Kindergarten, sollte der Immunstatus erhoben werden. Weitere Indikationen wären Krankheitssymptome oder sonografische Auffälligkeiten. Das Autorenteam empfiehlt in Bezug auf das lokale Infektionsgeschehen, die Bestimmung aktuell großzügig anzubieten. So könne im Ernstfall ein zeitgerechtes Monitoring des Ungeborenen stattfinden.
Im Falle einer akuten B19V-Infektion in der Schwangerschaft wird zu zusätzlichen Ultraschall- und Dopplerkontrollen geraten. Die Planung hängt vom Gestationsalter ab und wird gemeinsam mit dem Pränatalzentrum geplant. Präventiv sollten Schwangere Einrichtungen mit B19V-Ausbrüchen meiden. Im Alltag ist dies schwer umzusetzen, zumal Infizierte vor dem Beginn klassischer Symptome ansteckend sind. Schutz bieten Handhygiene und das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Ein Beschäftigungsverbot für nicht-immunisierte Schwangere muss man individuell prüfen.
Quelle: Beck R et al. Epid Bull 2024; 24: 3-7; DOI: 10.25646/12157
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).