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Zungenschrittmacher gegen Schlafapnoe
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Selbstverständlich kann die Hypoglossus-Stimulation weder die CPAP-Beatmung noch die Protrusionsschiene ersetzen, so der HNO-Arzt Dr. Winfried Hohenhorst vom Alfried Krupp Krankenhaus Essen-Rüttenscheid. Aber in der Praxis werden Alternativen gebraucht, wenn die klassische Behandlung scheitert und der Patient irreversible Eingriffe an Gaumensegel oder Kieferknochen ablehnt. Dann bietet die Hypoglossus-Stimulation eine wertvolle Therapieoption.
Elektrode submandibulär, Sensor zwischen den Rippen
Diese Methode nutzt die motorische Innervation der Zungenmuskulatur durch den XII. Hirnnerv zur Therapie der Schlafapnoe. Über die Stimulation des N. hypoglossus kommt es zu einer Protrusion der Zunge mit entsprechender Erweiterung des dahinter liegenden Atemwegs. Derzeit wird die auch als „Zungenschrittmacher“ bekannte Methode in zwei verschiedenen Ausführungen angeboten.
Das inspirationsgetriggerte System besteht aus drei Komponenten, die mit Kabeln verbunden sind: Die Stimulationselektrode kommt um den N. hypoglossus unterhalb des Unterkiefers zum Liegen. Der mit Batterie bestückte Stimulator wird in der Infraklavikulargrube implantiert und der Drucksensor für die Atmung findet zwischen der vierten und sechsten Rippe Platz. Die Stimulationselektrode reizt selektiv mediale Äste des N. hypoglossus, die für die Protrusion der Zunge zuständig sind, nicht aber für die Retraktion. Der Drucksensor sorgt dafür, dass die Zunge bei jeder Inspiration tonisiert wird, wodurch sich der pathologisch verengte Raum dahinter erweitert.
Die relativ lange Operationszeit von anderthalb bis zwei Stunden erklärt sich unter anderem durch die komplizierte mikroskopische Identifikation der Nervenfasern. Außerdem muss die korrekte Funktion des Drucksensors für die Atmung bereits während des Eingriffs geprüft werden. Die optimale Einstellung erfolgt später in zwei bis drei Nächten im Schlaflabor, erklärte Dr. Hohenhorst. Mit einer Art Fernbedienung kann der Patient das Gerät je nach Bedarf ein- und ausschalten.
Adipositas kann Therapieerfolg verschlechtern
Das zweite Schrittmacher-System funktioniert nicht inspirationsgetriggert und braucht entsprechend nur einen Stimulator plus Elektrode, keinen Drucksensor. Der Trick dabei: Man bringt eine Manschette mit sechs Elektroden um den N. hypoglossus herum an und ermittelt dann durch Ausprobieren, welche die beste Wirkung hervorrufen. Auch hier sollte die Platzierung der Manschette mikrochirurgisch erfolgen, empfahl Dr. Hohenhorst. Wegen der einfacheren Technik dauert die Implantation nur etwa eine Dreiviertelstunde.
Entscheidend für den Therapieerfolg ist die Auswahl geeigneter Patienten. Sie sollten eine mittelschwere bis schwere Schlafapnoe mit vornehmlich retrolingualer Enge aufweisen, bei langstreckigem konzentrischem Kollaps macht die Implantation keinen Sinn. Die Nasenatmung muss funktionieren und störende Tonsillen-Hyperplasien sind vorab zu korrigieren. Auch eine Adipositas kann den Therapieerfolg verschlechtern, als Obergrenze nannte der Referent einen BMI von 32 kg/m2 (Inspirationssystem) bzw. 35 kg/m2. Selbstverständlich kommen auch Patienten mit Hypoglossusparese oder anstehender MRT-Untersuchung nicht für die Implantation infrage.
Beide Stimulationssysteme haben in Deutschland eine Zulassung, für die inspirationsgetriggerte Variante liegen aufgrund der längeren Erfahrung die meisten Untersuchungen vor.
Sorge um Nebenwirkungen war offenbar unberechtigt
Für beide Modelle fand sich eine signifikante Reduktion des Schweregrads der Schlafapnoe um rund 70 %, gemessen anhand des Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI). Harte Endpunktstudien stehen zwar noch aus, Dr. Hohenhorst ging jedoch davon aus, dass sich die Verringerung der Beschwerden auch in einer verbesserten Risikokonstellation (z.B. Hypertonie, Herzinsuffizienz, Schlaganfall) niederschlägt.
Frühere Befürchtungen, mögliche Nebenwirkung wie Kribbeln oder Tonisierung der Zunge, stellten einen Weckreiz dar, erwiesen sich als unbegründet: Mehr als 80 % der Patienten nutzen das System auch zwei Jahre nach der Implantation noch täglich.
6. Kongress der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie
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