Zweit-Generations-Antiandrogene begünstigen kognitive Defizite, Fatigue und Stürze

Dr. Judith Lorenz

Zweit-Generations-Antiandrogene scheinen kognitive Defizite, Fatigue und Stürze bei Männern mit Prostatakrebs zu verursachen. Zweit-Generations-Antiandrogene scheinen kognitive Defizite, Fatigue und Stürze bei Männern mit Prostatakrebs zu verursachen. © cirquedesprit – stock.adobe.com

Die Androgenentzugstherapie: Eine wichtige Behandlungssäule für Männer mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom. Die Wirkstoffe der zweiten Generation können jedoch kognitive Beeinträchtigungen, Fatigue und Sturzereignisse begünstigen.

Retrospektive Untersuchungen deuten auf einen Zusammenhang zwischen Antiandrogenen der zweiten Generation und kognitiven Beeinträchtigungen hin. Die Substanzen blockieren deutlich effektiver als die traditionell zur Hormontherapie des Prostatakarzinoms eingesetzten Wirkstoffe den Androgensignalweg: Abirateron hemmt die Androgensynthese, wogegen Enzalutamid, Darolutamid und Apalut­amid direkt die Androgenrezeptoren blockieren, schreiben Forschende um ­Malgorzata K. ­Nowakowska vom Baylor College of Medicine vom MD Anderson Cancer Center in Houston.1 Sie gingen der Frage nach, inwiefern diese modernen Medikamente für kognitive Defizite, für eine Muskelschwäche bzw. Fatigue oder für Stürze prädisponieren. 

Mittels systematischer Literaturrecherche identifizierte das Autor:innenteam zwölf thematisch relevante, internationale randomisierte, placebokontrollierte Studien mit geringem Verzerrungsrisiko, an welchen 13.524 Männer mit einem metastasierten oder nicht-metastasierten Prostatakarzinom teilgenommen hatten. 

Nebenwirkungen frühzeitig erkennen

Ein Nachlassen der kognitiven Funktion verschlechtert die Prognose von Krebskranken, warnen die Autor:innen. Sie halten es daher für wichtig, mit Antiandrogenen der zweiten Generation behandelte Prostatakarzinompatienten regelmäßig auf entsprechende Einschränkungen zu untersuchen, um gegebenenfalls frühzeitig Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Die Forschung konzentriert sich diesbezüglich auf verschiedene Interventionen, beispielsweise Donepezil, Methylphenidat, eine fettarme Diät, Akupunktur sowie Sportprogramme, berichten die Wissenschaftler:innen. Weiterhin empfehlen sie, die Betroffenen über das Sturzrisiko aufzuklären und entsprechende Präventionsmaßnahmen zu ergreifen. 

Höheres Nebenwirkungsrisiko 

Die Metaanalyse der Daten er­gab, dass die mit Antiandrogenen der zweiten Generation behandelten Patienten im Vergleich zu den Kontrollen doppelt so häufig kognitive Nebenwirkungen erlitten (Risk Ratio 2,10; 95%-KI 1,30–3,38). Auch in Bezug auf das Risiko für eine Fatigue (RR 1,34; 95%-KI 1,16–1,54) waren sie signifikant im Nachteil. Gleiches galt für das Sturzrisiko, inklusive hospitalisationspflichtiger und invasiv behandlungsbedürftiger Stürze (RR 1,87; 95%-KI 1,27–2,75). Das erhöhte Nebenwirkungsrisiko bestand auch dann, wenn die Zweit-Generations-Antiandrogene begleitend zu einer traditionellen Hormontherapie verabreicht wurden. Eine Metaregressionsanalyse deutete ferner darauf hin, dass das Fatigue-Risiko mit dem Alter zunahm.

Die vorgestellten Studienergebnisse unterstreichen, wie wichtig es ist, den Nutzen und die potenziellen Gefahren onkologischer Therapien gegeneinander abzuwägen, schreiben Prof. Dr. ­Alexandra ­Sokolova und Prof. Dr. ­Julie ­Graff von der Oregon Health & Science University, Portland, in ihrem Editorial.2 Da Antiandrogene der zweiten Generation zunehmend in frühen Stadien des Prostatakarzinoms sowie bei jungen Männern eingesetzt werden, müssen die Auswirkungen der Medikation auf die Lebensqualität sorgfältig bedacht werden, betonen sie. Die Teilnehmer randomisierter Studien repräsentierten allerdings in der Regel nicht das Kollektiv der Prostatakarzinompatienten im klinischen Alltag; daher sei zu klären, ob die Antiandrogene der zweiten Generation in der Gruppe der älteren, weniger gesunden und sozioökonomisch benachteiligten Männer möglicherweise sogar noch stärkere Nebenwirkungen hervorrufen.

Quellen:
1.    Nowakowska MK et al. JAMA Oncol 2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.0998
2.    Sokolova AO, Graff JN. JAMA Oncol 2023; DOI: 10.1001/jamaoncol.2023.0982 

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Zweit-Generations-Antiandrogene scheinen kognitive Defizite, Fatigue und Stürze bei Männern mit Prostatakrebs zu verursachen. Zweit-Generations-Antiandrogene scheinen kognitive Defizite, Fatigue und Stürze bei Männern mit Prostatakrebs zu verursachen. © cirquedesprit – stock.adobe.com