Budgetferien sind voll out!
Die Vertragsärzte der KV Hessen haben nicht schlecht gestaunt: Die Restzahlung des 2. Quartals 2017 fiel so hoch aus wie nie zuvor. Grund dafür war der Punktwert jener Leistungen, die über das praxisindividuelle RLV hinaus erbracht wurden. Denn der war diesmal genauso hoch wie der reguläre RLV-Punktwert.
Wie geht das? Die regionale morbiditätsbedingte Gesamtvergütung (MGV) muss von den KVen möglichst gleichmäßig über die einzelnen Quartale verteilt ausgezahlt werden. Dazu machen die KVen im Vorfeld eines Quartals eine Art „Kostenvoranschlag“. Nach Vorlage des Abrechnungsergebnisses werden dann die RLV-Leistungen zum festgelegten Punktwert vergütet. Bleibt Geld übrig, fließt das in das Honorar für die Leistungen außerhalb des RLV – mal mehr, mal weniger. Dass darüber so hohe Werte erreicht werden wie in besagtem Quartal, passiert leider nicht dauernd – es ist aber auch nicht außergewöhnlich.
Für den einzelnen Arzt heißt es dann ganz nüchtern: Wer nichts über sein RLV hinaus abgerechnet hat, geht leer aus. Budgetferien sind also wenig zielführend, die Konsequenz lautet stattdessen: Schöpfen Sie das gesamte EBM-Spektrum aus, um sich die Überschreitung des RLV so leicht wie möglich zu machen.
Zwei von mehreren Wegen, die der EBM dazu bietet, sind die Hyposensibilisierung und die Kompressionstherapie. Die Ziffer 30130 für die Hyposensibilisierungsbehandlung kann nur einmal am Behandlungstag berechnet werden. Einen Zuschlag für jede weitere Behandlung ermöglicht die Ziffer 30131, die durch Injektion(en) zu unterschiedlichen Zeiten am selben Behandlungstag bis zu viermal neben der 30130 angesetzt werden kann.
Vergessen Sie hier nicht die Angaben zur Uhrzeit. Und beachten Sie, dass eine Nachbeobachtung von mindestens 30 Minuten Dauer gefordert ist und für den Fall einer anaphylaktischen Reaktion die sachlichen und personellen Bedingungen für eine Schockbehandlung und Intubation vorhanden sein müssen.
Zwei Beinumfänge? Macht zweimal 02313
Ein weiterer hier exemplarisch aufgezeigter Weg: die Kompressionstherapie. Verbände unterschiedlichster Art sind in der Regel nicht gesondert berechnungsfähig, weil Bestandteil der hausärztlichen Versichertenpauschale. Eine Ausnahme stellt die Ziffer 02313 dar, hinter der sich u.a. der Kompressionsverband verbirgt. Voraussetzung für die Abrechnung ist die Dokumentation des Beinumfanges an mindestens drei Messpunkten und das Vorliegen mindestens der Diagnosen chronisch venöse Insuffizienz, postthrombotisches Syndrom, tiefe Beinvenenthrombose, oberflächliche Beinvenenthrombose und/oder Lymphödem. Der Leistungsinhalt der Ziffer ist aber auch erfüllt, wenn zum Beispiel ein patientenindividueller Kompressionsstrumpf angelegt wurde und die geforderte Dokumentation des Beinumfanges zu den angegebenen Zeitpunkten erfolgte. Eine Abrechnung ist je Sitzung zweifach möglich, wenn z.B. beide Beine behandelt wurden.
Zwei Ärzte in Gemeinschaft? Verdoppelt Höchstpunktzahl
Die früher geforderte Fotodokumentation ist übrigens nicht mehr erforderlich. Allerdings unterliegt die Ziffer 02313 einer Grenze von 4244 Punkten im Quartal. Dieser Höchstwert gilt aber für den Arztfall – in einer Zweiergemeinschaftspraxis verdoppelt sich also die Punktzahl.