GOÄ-Reform Vergleich von Status quo, BÄK-Wunsch und dem PKV-Konsensentwurf

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Es dauerte Jahre, bis sich Bundesärztekammer und PKV auf den Entwurf für eine neue GOÄ einigen konnten. Es dauerte Jahre, bis sich Bundesärztekammer und PKV auf den Entwurf für eine neue GOÄ einigen konnten. © MQ-Illustrations - stock.adobe.com

Es dauerte Jahre, bis sich Bundesärztekammer und PKV auf den Entwurf für eine neue GOÄ einigen konnten. 

Die Politik macht eine Novellierung davon abhängig. Die Kritik von Ärzteverbänden an drohenden Abwertungen will die BÄK in weiteren Gesprächen klären. Nächstes Etappenziel ist der Deutsche Ärztetag im Mai 2025. Wie könnte sich diese Honorarreform in der Onkologie auswirken?

Ein Blick in die Abschnitte der neuen GOÄ, die für Onkolog:innen bei der Behandlung von Privatpatient:innen eine Rolle spielen dürften, signalisiert ein positives Bild. Das beginnt mit den in der Tab. 1 dargestellten Leistungen der „Sprechenden Medizin“.

Tab. 1: Gesprächsleistungen (Auszüge) – Vergleich aktuelle GOÄ (2,3-facher Satz) mit dem ­Vorschlag der BÄK und der zwischen BÄK und PKV vereinbarten Version
GOÄ-Leistung (soweit in alter und neuer GOÄ vergleichbar)GOÄ-Nr. aktuell
 
Preis (€) aktuell
 
Preis (€) BÄK
 
Preis (€) BÄK/PKV
 

Persönliche Beratung durch den Arzt/die Ärztin 

  • Dauer unter 10 Minuten
  • je vollendete 10 Minuten
1
3
10,72
20,10
8,41
22,29
14,11
21,21

Zuschlag zur Beratung für die palliativmedizinische Patientenbetreuung

  • Dauer unter 10 Minuten
  • je vollendete 10 Minuten 
34
 
40,22
89,35
103,23
 

94,32
101,42
 
Beurteilung der Auswirkung der diagnostizierten Erkrankungen auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Feststellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden und/oder lebensbedrohenden Erkrankung einschließlich Beurteilung der Interaktion der Medikamente (und ggf. Anpassung der Verordnung) bei einem multimorbiden Patienten mit mindestens vier chronischen den Behandlungsaufwand erschwerenden Erkrankungen unter Polymedikation (mindestens fünf über mindestens 28 Tage verordnete Medikamente)3440,2243,3541,35

Anamnese und verbale Intervention in der psychosomatischen Grundversorgung mit ätiologischen Erwägungen

  • Dauer unter 10 Minuten
  • je vollendete 10 Minuten
84930,84
 

 

8,38
22,76
 

 

6,64
21,63
 

Beratung durch den Arzt/die Ärztin mittels Telefon oder E-Mail (SMS und Chat ausgeschlossen), Dauer bis zu 10 Minuten110,72
 
8,34
 
14,11
 
Beratung durch den Arzt/die Ärztin mittels Telefon, Dauer mehr als 10 Minuten320,10
 
19,34
 
19,26
 
Erheben einer ausführlichen Erstanamnese, Dauer 60 Minuten30
 
120,66
 
134,70
 
128,12
 
Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken oder einen zu Beraten­den und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en), im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken oder einer Beratung zur Prävention4
 
29,49
 
32,38
 
30,88
 
Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen, auch mittels Telefon, Videotelefonie oder E-Mail (SMS und Chat ausgeschlossen), durch qualifiziertes Praxispersonal und/oder Messung von Körperzuständen (z. B. Blutdruck, Temperatur) ohne Beratung, bei einer Inanspruchnahme des Arztes/der Ärztin2
 
3,15
 
3,95
 
3,34
 

Quelle: BÄK und eigene Erhebungen


Betrachtet man zunächst nur diese Beratungen, fällt es schwer, die Aufregung in den berufspolitischen Medien nachzuvollziehen. Die Sprechende Medizin, die auch in onkologischen Praxen eine wichtige Rolle spielt, wird nahezu durchgehend besser bewertet. Sie wird auch weitgehend von bisherigen Zwängen befreit, wie z. B. einer Kombination der längeren Beratung nach Nr. 3 nur mit bestimmten Untersuchungen.

Darüber hinaus wurde die Ansatzhäufigkeit grundlegend verändert. Einfache Gesprächsleistungen können je 10 Minuten und pro Tag bis zu fünfmal berechnet werden. Auch der bisherige Ausschluss von Beratungen neben Sonderleistungen ab dem zweiten Kontakt im Behandlungsfall ist weg. In den Allgemeinen Bestimmungen des Kapitels B ist unter Punkt 2 vielmehr eindeutig geregelt: „Eine Erbringung von Beratungs-, Gesprächs-, Schulungs- und/oder Betreuungsleistungen vor oder im Anschluss an eine andere Leistung ist berechnungsfähig.“

Bemerkenswert ist die Differenzierung des Gesprächshonorars nach Inhalten. So gibt es weiterhin die „alte“ Nr. 34, dann aber mit erheblich verschärften Auflagen, allerdings ohne eine Zeitvorgabe bei einer nur leicht modifizierten Einschränkung der Berechnungshäufigkeit auf einmal im Kalenderhalbjahr. Die bisher dem „Fachkapitel“ untergeordnete psychosomatische Behandlung zählt nun, wenn auch etwas geringer bewertet als aktuell, zu den Gesprächsgrundleistungen, sodass ein Ansinnen, dies sei nur mit einer Zusatzqualifikation berechnungsfähig, gar nicht mehr aufkommen kann.

Die Tatsache, dass Onkolog:innen in der neuen GOÄ nicht mehr in einen Topf mit der Inneren Medizin, der Kinderheilkunde und den Dermatolog:innen geworfen werden, ist sicherlich positiv zu werten. Trotzdem müssen sie sich weiterhin– je nach Ausrichtung – ihre Leistungen in der GOÄ zusammensuchen.

Analyse

In der heutigen GOÄ gibt es kein Spezialkapitel für die Onkologie. Das wird sich offensichtlich kaum ändern, denn in der mit der PKV vereinbarten Fassung sind zwar onkologische Leistungen unter dem Kapitel F IX aufgeführt. Es handelt sich dabei aber nur um wenige Abrechnungspositionen, die als eine Art Komplex für bisher einzeln abrechnungsfähige Leistungen anzusehen sind.

Die übrigen denkbaren onkologischen Leistungen sind den jeweils betroffenen Fachgruppen oder dem allgemeinen Teil der neuen GOÄ zugeordnet. In der Tabelle 2 ist deshalb nur ein Querschnitt an Leistungen aufgeführt, die bei der Diagnostik und Therapie onkologischer Erkrankungen denkbar sind.
Eine Vergleichsschwierigkeit zeigt sich bereits bei den Injektionen und Infusionen. Den bisherigen Abrechnungspositionen 275 und 276 für die Infusion von Zytostatika wird eine sehr breite Staffelung mit unterschiedlicher Infusionsdauer, Zuschlag für die Medikamentenapplikation und das Alter der Patient:innen gegenübergestellt. Ähnliche Zuschläge gibt es auch bei einer subkutanen, submukösen, intrakutanen oder intramuskulären Injektion. In dieser Breite kann man allerdings von einem deutlich höheren Honorar – je nach Fall – ausgehen.

Tab. 2: Onkologische Leistungen – Vergleich aktuelle GOÄ (2,3-facher Satz) mit dem ­Vorschlag der BÄK und der zwischen BÄK und PKV vereinbarten Version
GOÄ-Leistung (soweit in alter und neuer GOÄ vergleichbar)GOÄ-Nr. aktuell
 
Preis (€) aktuell
 
Preis (€) BÄK
 
Preis (€) BÄK/PKV

 
Steuerung und Überwachung einer kontinuierlichen hämatologischen und/oder onkologischen Therapie eines Patienten mit einer gesicherten hämatologischen und/oder onkologischen Erkrankung, einmal im Kalenderhalbjahr34
15
78
 
40,23
40,23
24,13
 
132,86
 
126,08
 
Erstanlegen einer Medikamentenpumpe zur Behandlung einer hämatologischen und/oder onkologischen Erkrankung784
 
36,87
 
51,24
 
46,91
 
Infusion, intravenös, einschließlich Gefäßpunktion, Legen sowie ggf. Entfernen des Zugangs, (Kompressions-)Verband, ggf. einschließlich Lokalanästhesie, Erstellung eines Infusionsplans, je vollendete 30 Minuten

275
203

 

48,25
12,74

 

19,37
3,14
8,51
 
17,17
1,70
4,63
 
Zuschlag für die Applikation von Zytostatika, monoklonalen Antikörpern oder Substanzen, die einen vergleichbar erhöhten Aufwand bedingen, einschließlich der erforderlichen Beratung, Überwachung und Prämedikation1
 
10,72
 
67,00
 
60,61
 
Punktion eines Organs (z. B. Leber, Niere, Hoden)315
 
33,51
 
87,18
 
76,68
 
Punktion einer Mamma oder Punktion eines Lymphknotens314
 
16,08
 
43,68
 
40,78
 
Punktion bzw. Saugbiopsie der Prostata, je Sitzung

319

 

26,82

 

43,68
 
40,78
 
Punktion der Schilddrüse, ggf. beidseitig, je Herd

319

 

26,82

 

42,27
 
39,53
 
Sonografie des Abdomens mittels B-Mode(2D-real-time)-Verfahren, einschließlich der Untersuchung von Leber, Gallenblase, Gallengängen, Pan­kreas, Milz, V. cava, Aorta, Niere(n) sowie ggf. einschließlich abschnittsweiser Mitdarstellung von benachbarten Organen und Strukturen, je Sitzung

410
3x 420

 

26,82
32,15

 

88,36
 
80,00
 
Zuschlag zur Leistung für die Sonografie weiterer abdominaler Organe, je Sitzung  29,87
 
27,00
 

Quelle: BÄK und eigene Erhebungen

Bemerkenswert sind die Anhebungen bei den Punktionen. Die Organpunktion ist mehr als doppelt und die Punktion der Mamma und von Lymphknoten sogar mehr als dreifach so hoch. Deutlich besser ist auch die Honorierung bei der Prostata und der Schilddrüse. Relativiert wird das durch die Abrechnungseinschränkung bei der Prostata je Sitzung und der Schilddrüse beidseits.

Die Legendierung der Sonografieleistungen ist in der neuen GOÄ differenzierter, jedoch in Richtung Komplexbildung verändert. Nimmt man exemplarisch die Abdomensonografie heraus, wird eine verbesserte Honorierung erkennbar.

Fazit

Es sieht so aus, als ob die Onkologie zu den Gewinnern der beabsichtigten GOÄ-Reform gehören wird, da deren Leistungen – zumindest bezogen auf den 2,3-fachen Regelmultiplikator der bisherigen Gebührenordnung – durchweg deutlich besser bewertet sind. Da sich die Onkologie aber auf mehrere Fachgruppen verteilt, hängt das Resultat vom Gesamtergebnis in den jeweiligen Fachkapiteln ab.

Die Frage ist auch, welche Gefahr von den strukturellen Änderungen in der neuen GOÄ ausgeht. Der Multiplikator wurde durch einen sog. robusten Einfachsatz ersetzt. Robust sollte er sein, weil die Leistungen betriebswirtschaftlich kalkuliert wurden. Nachdem man der PKV einen „Rabatt“ geben musste, stimmt diese Kalkulation aber nicht mehr.

Der Wegfall der analogen Bewertung wird zwar durch die Neugestaltung und Aktualisierung der Leistungslegenden kompensiert. Aber auch hier ist die Frage, wie lang noch, denn die Medizin wird sich weiterentwickeln und die GOÄ kann dem nicht wie bisher folgen, da diese Stellschraube dann weg ist. 

Quelle: Medical-Tribune-Bericht