Äpfel vs. Birnen PKV-Standard-/Basistarif und GKV-Kostenerstattung – was den Unterschied macht
Der Standardtarif der PKV wurde 1993 vom Gesetzgeber als ein brancheneinheitlicher Tarif mit einem gesetzlich begrenzten Höchstbeitrag eingeführt. Der Versicherungsschutz in diesem Tarif ist vergleichbar mit dem der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Die damalige Neueinführung war nur bestimmten, vom Gesetzgeber definierten Personengruppen zugänglich und sollte insbesondere für niedrigere Beiträge für privat Versicherte, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind, sorgen. Im Jahr 2009 wurde dieser Tarif dann vom Basistarif abgelöst. Für den Standardtarif besteht allerdings Bestandsschutz: Versicherte, die schon vor dem 31. Dezember 2008 privat krankenversichert waren, können weiterhin unter den aktuell gültigen Bedingungen in den Standardtarif wechseln.
Patient:innen müssen sich zu erkennen geben
In der Praxis ergibt sich immer wieder das Problem, dass Patient:innen mit einem solchen Versichertenstatus nicht genau wissen, ob sie im Standard- oder im Basistarif versichert sind. Bei der Anmeldung wird dann oft vergessen, entsprechend darauf hinzuweisen. Die Patient:innen sind aber verpflichtet, das von sich aus zu tun und nicht erst nach der Rechnungsstellung. In einem solchen Fall muss die Rechnung nicht korrigiert werden.
Um Diskussionen zu vermeiden, ist es aber natürlich ratsam, den Versichertenstatus bei Neupatient:innen grundsätzlich abzufragen und sich eine Kopie der Versicherungsbescheinigung der PKV z.B. in Form einer Versichertenkarte zeigen zu lassen. So kann bei den Stammdaten der entsprechende Tarif eingetragen werden, damit die Praxissoftware den richtigen Gebührenrahmen für die Rechnungsstellung hinterlegt.
Im Zuge der Einführung des Basistarifs zum 1. Januar 2009 hat der Verband der privaten Krankenversicherung die von ihm festzusetzenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) veröffentlicht. Auf diesen AVB basiert, dass die im Basistarif versicherten Personen verpflichtet sind, gegenüber den „Leistungserbringern“ und damit auch Ärzt:innen gegenüber auf ihren Versicherungsschutz im Basistarif hinzuweisen, indem sie den Ausweis bzw. die elektronische Gesundheitskarte ihres Versicherers vorlegen. Bei der Behandlung sollte man dann die Leistungsdetails beachten:
- Der Leistungsumfang entspricht dem der gesetzlichen Krankenversicherungen. Wer im Basistarif versichert ist, darf deswegen keine reinen Privatärzt:innen aufsuchen, sondern muss Ärzt:innen mit Kassenzulassung wählen, wenn er bzw. sie die Kosten für die Behandlung erstattet bekommen will.
- Überweisungen, Rezepte und Heilmittelverordnungen müssen einerseits nach den GKV-Regelungen ausgestellt werden. Aandererseits ist es aber unzulässig, GKV-Formulare in der Privatabrechnung zu verwenden. Hier empfiehlt es sich, die GKV-Formulare als Vorlagen zu benutzen und auf neutralem Papier mit dem Praxiskopf auszudrucken.
- Die Rechnung wird nach GOÄ gestellt, wobei die in der Tabelle genannten Steigerungsfaktoren nicht überschritten werden dürfen. Zusätzlich muss, wie in der GKV-Abrechnung, die LANR des behandelnden Arztes angegeben werden.
- Normalerweise zahlen die Patient:innen die Rechnung zunächst selbst und reichen sie dann mit dem Zahlungsbeleg beim Versicherer ein, der den Betrag erstattet. Man kann aber auch mit den Patient:innen vereinbaren, dass die Praxis die Rechnung gleich an den Versicherer schickt und dieser den Betrag direkt an die Praxis überweist. Hierzu ist eine schriftliche Abtretungserklärung der Patient:innen erforderlich.
Konditionen beim Standard- bzw. Basisvertrag | ||
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Leistungen | Standardtarif | Basistarif |
Abschnitt M und GOÄ-Nr. 437 | 1,16 | 0,9 |
Abschnitte A, E und O | 1,38 | 1,0 |
Übrige Leistungen der GOÄ | 1,80 | 1,2 |
Abschnitt A: Gebühren in besonderen Fällen, Abschnitt E: Physikalisch-medizinische Leistungen (GOÄ-Nrn. 500 – 569), Abschnitt O: Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomographie und Strahlentherapie (GOÄ-Nrn. 5000 – 5855), Abschnitt M: Labor |
Die „scheinbaren“ Privatpatient:innen
Die Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist in § 13 Abs. 2 SGB V geregelt. Aus diesem geht hervor, dass Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung wählen können. Auch hier erhalten die Patient:innen eine Privatrechnung. Die gesetzliche Krankenkasse erstattet aber nur den „Kassensatz“. Daher werden die meisten Kostenerstattungsrechnungen mit dem Satz des Basistarifs berechnet, da die GKV in der Regel bereit ist, diesen zu bezahlen. Die Versicherten müssen ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung informieren, die Praxis wiederum muss die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber informieren, dass die Kosten, die nicht von der Kasse übernommen werden, von ihnen selbst zu bezahlen sind. Die Patient:innen haben dabei gegenüber der Krankenkasse keinen Anspruch auf den Ersatz der vollen Vergütung, sondern nur auf Ersatz in der Höhe, die bei Erbringung als Sachleistung zu tragen wäre. In der Regel werden von der Kasse vom Erstattungsbetrag Verwaltungskosten für den Aufwand der Umrechnung von GOÄ in EBM erhoben und vom Erstattungsbetrag abgezogen.
Um Diskussionen zu vermeiden, sollte man bei diesen Erstattungsfällen in der GKV vorab einen schriftlichen Behandlungsvertrag (Honorarvereinbarung) mit den Patient:innen abschließen, der die Rechte aller Beteiligten regelt und unangenehmen Diskussionen im Nachgang vermeidet.
Beachtenswert ist noch, dass im Praxisalltag auch Mischfälle aus Kostenerstattung und Sachleistungsprinzip vorkommen können. Die Patient:innen haben nämlich die Möglichkeit, für die ärztliche Behandlung Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen und für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln das Sachleistungsprinzip. Sie können also den rein ärztlichen Behandlungsteil von der Versorgung mit Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln trennen. Das macht die ganze Sache etwas komplizierter. Der umgekehrte Weg ist auch möglich, allerdings weniger aufwendig, da es dann nur um die Erstattung der Arznei-, Heil- und Hilfsmittel geht.
Mischfälle verlangen besondere Aufmerksamkeit
Bei solchen Mischfällen müssen die notwendigen Arznei- oder Heilmittel auf Kassenrezept verschrieben werden. Da der betreffende Kostenerstattungspatient jedoch keinen kurativ-ambulanten Fall bei der Kassenabrechnung darstellt, bekommt man für ihn keinen Arzneimittelbudgetanteil, während z.B. die verordneten Medikamente trotzdem zu Lasten der Arzneimittelrichtgröße der Praxis gehen. Es empfiehlt sich deshalb, für solche Fälle einen KV-Schein anzulegen und mit der Pseudonummer 88190 zu kennzeichnen. Dadurch wird der Fall bei der Berechnung der Arzneimittelrichtgröße und auch beim Heilmittelbudget berücksichtigt.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht