GOÄ-Reform Vergleich von Status quo, BÄK-Wunsch und dem PKV-Konsensentwurf

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Es dauerte Jahre, bis sich Bundesärztekammer  und PKV auf den Entwurf für eine neue GOÄ einigen konnten. Es dauerte Jahre, bis sich Bundesärztekammer und PKV auf den Entwurf für eine neue GOÄ einigen konnten. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Es dauerte Jahre, bis sich Bundesärztekammer (BÄK) und PKV auf den Entwurf für eine neue GOÄ einigen konnten. Die Politik macht eine Novellierung davon abhängig. Die Kritik von Ärzteverbänden an drohenden Abwertungen will die BÄK in weiteren Gesprächen klären. Nächstes Etappenziel ist der Deutsche Ärztetag im Mai 2025. Wie könnte sich diese Honorarreform in der Kardiologie auswirken?

Der Berufsverband der in Bayern niedergelassenen Kardiologen (BFK) hat in einem offenen Brief an Bundesärztekammerpräsident Dr. Klaus Reinhardt erkennen lassen, dass man den vorliegenden Entwurf einer neuen GOÄ ablehnt. Ein Blick in die einzelnen Abschnitte dieser GOÄ, die für Kardiolog:innen bei der Behandlung von Privatpatient:innen eine Rolle spielen dürften, lässt erkennen, wo im Detail Bewertungsprobleme gesehen werden könnten. 

In der Tabelle 1 sind die wichtigsten Leistungen der sog. Sprechenden Medizin dargestellt. Die aktuell mit dem Regel-Multiplikator erzielbaren Honorare sind den Preisen gegen­übergestellt, wie sie von der BÄK betriebswirtschaftlich ermittelt wurden, sowie denen, wie sie mit der PKV vereinbart wurden.

Tab. 1: Gesprächsleistungen (Auszüge) – Vergleich aktuelle GOÄ (2,3-facher Satz) mit dem ­Vorschlag der BÄK und der zwischen BÄK und PKV vereinbarten Version
GOÄ-Leistung (soweit in alter und neuer GOÄ vergleichbar)GOÄ-Nr. aktuell Preis (€) aktuellPreis (€) BÄKPreis (€) BÄK/PKV

Persönliche Beratung durch den Arzt/die Ärztin 

  • Dauer unter 10 Minuten
  • je vollendete 10 Minuten
1
3
10,72
20,10
8,41
22,29
14,11
21,21
Beurteilung der Auswirkung der diagnostizierten Erkrankungen auf die Lebensgestaltung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Fest­stellung oder erheblichen Verschlimmerung einer nachhaltig lebensverändernden und/oder lebensbedrohenden Erkrankung einschließlich Beurteilung der Interaktion der Medikamente (und ggf. Anpassung der Verordnung) bei einem multimorbiden Patienten mit mindestens vier chronischen den Behandlungsaufwand erschwerenden Erkrankungen unter Polymedikation (mindestens fünf über mindestens 28 Tage verordnete Medikamente)3440,2243,3541,35

Anamnese und verbale Intervention in der psychosomatischen Grund­versorgung mit ätiologischen Erwägungen

  • Dauer unter 10 Minuten
  • je vollendete 10 Minuten
84930,848,38
22,76
6,64
21,63
Beratung durch den Arzt/die Ärztin mittels Telefon oder E-Mail (SMS und Chat ausgeschlossen), Dauer bis zu 10 Minuten110,728,3414,11
Beratung durch den Arzt/die Ärztin mittels Telefon, Dauer mehr als 10 Minuten320,1019,3419,26
Erheben einer ausführlichen Erstanamnese, Dauer 60 Minuten30120,66134,70128,12
Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken oder einen zu Beraten­den und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en), im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken oder einer Beratung zur Prävention429,4932,3830,88
lanung, Einleitung und Koordination flankierender diagnostischer und/oder therapeutischer und zusätzlicher sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines Patienten, einmal im Kalenderhalbjahr1540,2345,0242,48
Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen, auch ­mittels Telefon, Videotelefonie oder E-Mail (SMS und Chat ausgeschlossen), durch qualifiziertes Praxispersonal und/oder Messung von Körperzuständen (z. B. Blutdruck, Temperatur) ohne Beratung, bei einer Inanspruchnahme des Arztes/der Ärztin23,153,953,34

Quelle: BÄK und eigene Erhebungen

Sprechende Medizin wird weitgehend besser bewertet

Betrachtet man zunächst nur diese Leistungen, fällt es eher schwer, die Aufregung in den berufspolitischen Medien nachzuvollziehen. Die Sprechende Medizin, wie sie auch in kardiologischen Praxen eine wichtige Rolle spielt, wird nahezu durchgehend besser bewertet und weitgehend von bisherigen Zwängen befreit, wie z.B. einer Kombination der längeren Beratung nach Nr. 3 nur mit bestimmten Untersuchungen. Man kann sogar von einer grundsätzlichen Befreiung dieser einfachen Gesprächsleistungen sprechen, die jetzt je 10 Minuten und pro Tag bis zu fünfmal berechnungsfähig sind.

Bemerkenswert ist darüber hinaus die jetzt in der GOÄ deutliche Differenzierung des Gesprächshonorars nach Inhalten. So gibt es weiterhin die „alte“ Nr. 34 mit allerdings deutlich erhöhten Auflagen, jetzt aber ohne eine Zeitvorgabe bei einer nur leicht modifizierten Einschränkung der Berechnungshäufigkeit auf einmal im Kalenderhalbjahr. Sogar die bisher dem „Fachkapitel“ untergeordnete psychosomatische Behandlung zählt nun, wenn auch etwas geringer bewertet als in der aktuellen GOÄ, zu den Gesprächsgrundleistungen, sodass ein Ansinnen, dies sei nur mit einer Zusatzqualifikation berechnungsfähig oder für Kardiolog:innen fachfremd, erst gar nicht mehr aufkommen kann.

Die neu eingeführte, allerdings nur einmal im Kalenderjahr berechnungsfähige Sichtung und Bewertung komplexer klinischer Vorbefunde dürfte ebenfalls eine Erweiterung der kardiologischen Vor- oder Begleitleis­tungen zur Folge haben.

Die Tatsache, dass die Kardiologie in der neuen GOÄ nicht mehr in einen „Topf“ mit der gesamten Inneren Medizin, der Kinderheilkunde und der Dermatologie geworfen wird, macht die Abrechnung übersichtlicher, zumal die invasiven Leistungen nun auch in diesem Kapitel zusammengefasst werden und neue Leistungspositionen dazukommen, die bisher nur analog berechnungsfähig waren.

Es ist angesichts der Fülle der Leistungen schwierig zu beurteilen, inwieweit sich die neue GOÄ in der Kardiologie positiv oder negativ auswirken wird. Insbesondere muss man die konventionellen und die interventionellen Leistungen getrennt betrachten. Dabei fällt zunächst auf, dass die BÄK im Rahmen der Einigung mit der PKV auf die Preise in beiden Bereichen einen z.T. erheblichen „Rabatt“ geben musste.

Abwertungen sind teilweise auch verdeckt, weil die neuen Leistungen als Komplexe dargestellt werden, bei denen Elemente enthalten sind, die zuvor gesondert berechnet werden konnten. Allein die Integration des Vektorkardiogramms in das Ruhe- bzw. Belastungs-EKG reduziert das bisher mögliche Honorar in beiden Fällen um rund 24 Euro. 

Anders sieht es beim Langzeit-EKG aus. Hier soll das Honorar um rund 20 % angehoben werden. Außerdem gibt es einen Zuschlag bei längerer Ableitung. Und es ist möglich, die Auswertung von Daten aus einem Eventrecorder zu berechnen, was bisher allenfalls analog machbar war. Bei der Herzschrittmacherkontrolle wiederum wurde dem unterschiedlichen Aufwand bei moderneren Geräten Rechnung getragen.

Inwieweit sich die neue GOÄ bei den invasiven kardiologischen Leistungen auswirkt, ist kaum zu beurteilen. Hier hat sich die Systematik den sehr differenzierten Möglichkeiten der Diagnostik angepasst. Geht man von einer Kernleistung, wie der Linksherzkatheteruntersuchung aus, so fällt auf, dass hier eine sehr umfangreiche Komplexleistung aus Positionen gebildet wurde, die üblicherweise bei einem solchen Eingriff auch vorkommen. 

Tab. 2: Kardiologische Leistungen – Vergleich aktuelle GOÄ (2,3-facher Satz) mit dem ­Vorschlag der BÄK und der zwischen BÄK und PKV vereinbarten Version
GOÄ-Leistung (soweit in alter und neuer GOÄ vergleichbar)GOÄ-Nr. aktuellPreis (€) aktuellPreis (€) BÄKPreis (€) BÄK/PKV
EKG mit mindestens zwölf Ableitungen in Ruhe, mit grafischer Aufzeichnung, ggf. inkl. Untersuchung nach Belastung und Vektorkardiografie, je Sitzung651
657
26,55
26,55
30,8329,00
Zuschlag für physikalische oder pharmakologische Provokation von Herzrhythmusstörungen, je Testneu22,9622,44
EKG mit mindestens zwölf Ableitungen unter fortschreibender Registrierung, als Ausgangs-EKG in Belastungsposition und bei physikalisch definierter, variabler und reproduzierbarer Belastung sowie Nachbeobachtung (Belastungs-EKG), einschl. Blutdruckmessung, ggf. einschl. Pulsoxymetrie, Vektorkardiografie, Anpassung der Belastungsmodi bei orthopädischen Einschränkungen, je Sitzung652
657
602
59,66
26,55
15,95
65,6662,93
Langzeitblutdruckmessung, Dauer 18 bis 36 Stunden65415,7326,94 19,37
Langzeit-EKG, Dauer 18 bis 36 Stunden
Zuschlag bei einer Aufzeichnungsdauer von mehr als 36 Stunden
659
neu
41,9653,94
8,37
50,00
8,37
EKG-Registrierung und Auswertung mittels eines externen Event-Recorders für jeweils sechs Tageneu 22,5721,36

Funktionsanalyse und ggf. Umprogrammierung 

  • eines Einkammer-Herzschrittmachers
  • eines Zweikammer-Herzschrittmachers
  • eines biventrikulären Schrittmachers zur Resynchronisationstherapie
66155,6046,28
69,42
142,99
43,23
64,85
134,61
Linksherzkatheteruntersuchung mit Sondierung eines großen Herzkranzgefäßes oder mehrerer großer Herzkranzgefäße (RIVA, RCA, RCX) oder eines Bypasses627
261
272
490
201,09
4,03
24,13
8,19
548,04483,00

Quelle: BÄK und eigene Erhebungen

Schwieriger Vergleich mit der Analogabrechnung

Alle anderen denkbar möglichen Maßnahmen, die sich ggf. anschließen könnten, kommen als Zuschläge zum Ansatz und sorgen damit für Abrechnungsklarheit und eine gewisse Rechtssicherheit. Ob die dabei gewählten Bewertungen einem Vergleich mit dem bisher möglichen Konvolut aus analogen Berechnungen und dem Einsatz des Multiplikators standhalten, ist schwierig zu beurteilen. In gleicher Weise sind die neuen Gebührenordnungslegenden und Bewertungen bei der Rechtsherzkatheteruntersuchung, den Katheterablationen sowie den Schrittmacher- und Eventrecorderim- und -explantationen einzuschätzen.

Medical-Tribune-Bericht