Jahrespressekonferenz der DDG „Heilfroh, dass es die Zertifizierung gibt“
Etwa jeder dritte Mensch mit Diabetes fühlt sich im Krankenhaus bezüglich seiner Stoffwechselerkrankung unzureichend versorgt. Laut Umfragen unter Betroffenen hat nur jeder Vierte während des Klinikaufenthaltes Kontakt zu diabetologisch geschultem Fachpersonal. Kann sich daran etwas ändern durch die Krankenhausreform? Oder auch schon durch das Krankenhaustransparenzgesetz, auf das sich kurz vor der DDG Jahrespressekonferenz Bundestag und Bundesrat geeinigt hatten? Vorgesehen ist ein staatlicher Online-Atlas, der Auskunft gibt über die Behandlungsqualität der Krankenhäuser. Geplant ist zudem ein Transformationsfonds für die Kliniken – 50 Milliarden Euro ab 2025 für zehn Jahre, finanziert durch Versichertenbeiträge, was absehbar die Krankenkassenbeiträge beträchtlich steigern wird.
DDG fordert Zuschläge für diabetologische Leistungen
Beides – das Sichtbarmachen von Behandlungsqualität und die Finanzierung der Behandlung – beschäftigt auch die DDG sehr. Professor Dr. Baptist Gallwitz, Vorstandsmitglied und Pressesprecher der DDG, sieht im Fortschritt des Reformprozesses „eine Chance, dass es weitergehen kann, weil die Krankenhäuser finanziell schon in einer sehr misslichen Lage sind“. Aber, so Gallwitz: „Es ist ganz klar, dass wir Geld nicht mit der Gießkanne ausgeben können.“ Die DDG fordere deshalb, dass nur Krankenhäuser einen Zuschlag bekommen, die bestimmte diabetolgische Leistungen erbringen und entsprechende Strukturen vorweisen. Und das müsse mit der Krankenhausreform geregelt werden – z. B. durch eine Vorhaltefinanzierung für die Diabetologie.
Kliniken und Praxen, die nach den Kriterien der DDG zertifiziert sind (Klinik mit Diabetes im Blick als Basis, Diabeteszentrum DDG und Diabetes Exzellenzzentrum DDG), machen schon heute transparent, welche Behandlungsqualität vorgehalten wird. Und: Die Zertifikate der DDG wirken sich positiv aus, wie Norbert Kuster, Vorsitzender des Landesverbandes NRW von Deutsche Diabetes-Hilfe – Menschen mit Diabetes, in seiner Videobotschaft erklärte: „Wir sind heilfroh, dass es die DDG Zertifizierung für Krankenhäuser gibt. Wir merken, dass in den Häusern mit einer Zertifizierung die Versorgung wesentlich besser ist als in Häusern ohne Zertifizierung.“ Er schilderte Situationen, in denen falsch behandelt wurde und Menschen mit Diabetes in lebensgefährliche Situationen kamen – hatte aber auch positive Beispiele von zertifizierten Kliniken mitgebracht.
Zertifikate der DDG schaffen schon jetzt Transparenz
Nicht nur für die Menschen mit Diabetes zahlt sich eine Zertifizierung aus – auch die Diabetesteams in den Kliniken profitieren davon. „Wenn geregelte Fort- und Weiterbildungen, Hospitationen und regelmäßige Besprechungen feste Bestandteile der Arbeit werden, sind die Mitarbeitenden sicherer in der Behandlung von Menschen mit Diabetes und ihre Zufriedenheit steigt“, sagt Professor Dr. Julia Szendrödi. Sie ist Vizepräsidentin der DDG und Ärztliche Direktorin der als Diabetes Exzellenzzentrum zertifizierten Klinik für Endokrinologie, Diabetologie, Stoffwechselkrankheiten und Klinische Chemie des Universitätsklinikums Heidelberg. Die Zertifizierung fördere den Zusammenhalt und erhöhe die Arbeitgeber-Attraktivität des Krankenhauses, das zugleich eine bessere Reputation und Außenwirkung erhalte. Und Prof. Szendrödi nennt noch einen weiteren Vorteil der DDG Zertifizierungen: „Damit haben wir schon sehr vorweggenommen, was das Transparenzgesetz fordert. Wir müssen aber darauf achten, dass z. B. die höchste Zertifizierungsstufe der DDG sich wiederfindet in der Stufe, die anzustreben ist für Maximalversorger.“
3-Punkte-Plan der DDG
- Strukturierte Diabetes-Erkennung und -Versorgung in allen Krankenhäusern!
- Vulnerable Gruppen schützen! Kinder und multimorbide ältere Menschen mit Diabetes brauchen besondere Pflege und zeitintensive ärztliche Betreuung.
- Versorgungsqualität muss finanziert werden! Krankenhäuser mit Diabetesbehandlungsstrukturen sollten finanzielle Zuschläge erhalten. Einrichtungen ohne diabetologische Expertise finanzielle Abschläge.
Natürlich, so Prof. Szendrödi, müsse das Angebot auch refinanziert werden, im Moment seien das „Extra-Leistungen“. Maßgebend für die Behandlung solle nicht die Ökonomie sein, sondern der medizinische Bedarf und die Leitlinien. Die Finanzierung ist auch ein Thema für Dr. Silvia Müther, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Leiterin des Diabeteszentrums für Kinder und Jugendliche an den DRK Kliniken Berlin Westend. Sie schilderte, wie schwierig es ist, eine gute Behandlungsqualität und genügend Personal zu finanzieren und betonte zudem die Rolle der Diabetologie als „sprechende Medizin“, die nur unzureichend vergütet wird. Gerade, wenn Kinder behandelt werden, gilt: „Diabetes ist eine Familienerkrankung.“ Die Eltern müssen mit ins Boot geholt werden, und nicht alle Familien können sich gleich gut auf den Diabetes eines Kindes einstellen. Eine weitere Herausforderung stellen die neuen Diabetestechnologien dar, die immer mehr technische Expertise voraussetzen.