Nur wenige Ärzte wollen Videosprechstunden anbieten

e-Health , Telemedizin Autor: Michael Reischmann

Bislang bieten nur 4 % der Klinikärzte und nur 2 % der Niedergelassenen eine Video-Konsultation an. Bislang bieten nur 4 % der Klinikärzte und nur 2 % der Niedergelassenen eine Video-Konsultation an. © agenturfotografin – stock.adobe.com

Einen Nachfolger für die eigene Praxis zu finden, halten zwei von drei niedergelassenen Ärzten für (sehr) schwierig. Kein Wunder: Sieht doch nur etwa jeder dritte Klinikarzt in der Niederlassung eine Option. Und auch die Telemedizin behebt nicht wirklich die weißen Flecken.

Die Praxisärzte spüren eine Verschärfung des Ärztemangels: Sahen vor drei Jahren 60 % von ihnen in der eigenen Region einen Mangel oder rechneten damit, tun dies jetzt 71 %. In Städten und Regionen mit weniger als 100 000 Einwohnern sprechen 89 % der Mediziner von zu wenigen Kollegen in ihrer Umgebung. 83 % der Hausärzte und 54 % der Fachärzte glauben, dass es (sehr) schwierig ist, einen Nachfolger zu finden. Das besagt der 10. Gesundheitsreport des Finanzdienstleisters MLP. Ihm liegt eine repräsentative Bevölkerungs- und Ärztebefragung durch das Institut für Demoskopie Allensbach zugrunde.

Selbstständigkeit? 58 % der Kliniker schließen das aus

Passend dazu hat das Interesse der Krankenhausärzte, ihre Tätigkeit in der Klinik aufzugeben, um eine eigene Praxis zu eröffnen, in den vergangenen Jahren nachgelassen. Vor fünf Jahren kam eine Niederlassung noch für fast jeden zweiten Kliniker grundsätzlich in Betracht. Heute zeigen sich lediglich 37 % daran interessiert. 58 % schließen diese Möglichkeit für sich aus.

Für 69 % der Niedergelassenen ist es zudem schwierig, geeignetes Personal für ihre Praxis zu finden (2016: 59 %). Fast drei von vier Hausärzten melden hier Probleme. Laut Arbeits­agentur ist rund jede zehnte Ausbildungsstelle für Arzt- und Praxishilfen unbesetzt, ergänzt MLP.

Video-Konsultation: Honorare im EBM neu geregelt

Wie vom Gesetzgeber verlangt, haben KBV und GKV-Spitzenverband die Abrechnungsmöglichkeiten für Video-Sprechstunden ausgeweitet. Seit Oktober können fast alle Arztgruppen (ausgenommen sind nur Laborärzte, Nuklearmediziner, Pathologen und Radiologen) sowie Psychotherapeuten mitmachen. Eine Konsultation per Video darf nun auch erfolgen, wenn der Patient zuvor noch nicht bei dem Arzt in Behandlung war. Die Vergütung wurde neu geregelt. Sie erfolgt seit Oktober über die jeweilige Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale statt wie bisher über die EBM-Nr. 01439, berichtet die KBV auf ihrer Homepage. Die Pauschale nebst Zuschlägen, z.B. für den hausärztlichen Versorgungsauftrag, werden in voller Höhe gezahlt, wenn im selben Quartal noch ein persönlicher Kontakt stattfindet. Bleibt es dagegen beim Video-Kontakt – was auf 20 % aller Behandlungsfälle des Arztes beschränkt ist – reduziert die KV Pauschale und Zuschlag vor, z.B. bei Hausärzten um 20 % und bei Dermatologen um 25 %. Über die aktuellen Regelungen zur Abrechnung von Psychotherapie, Gesprächsleistungen, Fallkonferenzen in der Pflege u.a.m. informiert die KBV auf der Website www.kbv.de/html/1150_42530.php ausführlich.

57 % der Ärzte sehen in einem verstärkten Einsatz von Online-Sprechstunden oder Telediagnostik eine Möglichkeit, eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Auch ein Drittel der Bürger zeigt sich mittlerweile prinzipiell daran interessiert, den Arzt in einer Video-Sprechstunde zu konsultieren (2016: 22 %). Die Ärzte erwarten auch mehr telemedizinische Angebote in den nächsten zehn Jahren und gehen generell von mehr Vorteilen (58 %) als Nachteilen (30 %) aus. Dennoch macht kaum einer mit. Nach eigenen Angaben bieten bislang 4 % der Klinikärzte und nur 2 % der Niedergelassenen Video-Konsultationen an. 86 bzw. 88 % planen nicht einmal, das zu tun. Als Gründe werden genannt: der steigende Verwaltungsaufwand (74 %) und die Kostenbelastung (48 %). Zudem gibt es Zweifel daran, ob der Schutz der Patientendaten ausreichend gewährleistet ist (63 %). 57 % gehen davon aus, dass sich die Medizin durch die weitere Digitalisierung grundlegend verändern wird bzw. sehen bereits heute massive Auswirkungen. Genauso viele meinen, dass die Politik in diesem Bereich mehr tun muss.

Pressekonferenz von MLP