VR im Arztberuf „Das Metaverse ist schon längst da“
Trockener Frontalunterricht bei einer Fortbildung zur Alzheimertherapie? Viel spannender wäre es, selbst durch ein virtuelles Gehirn zu reisen und zu sehen, wie Antikörper gegen Plaques vorgehen. Das ist demnächst möglich, meint Thomas Zorbach – und zwar im Metaverse. Die virtuelle Realität sei im medizinischen Bereich längst einsatzfähig.
Zorbach ist geschäftsführender Gesellschafter von „vm-people“, einer Agentur für immersive Markenführung. In einer neuen Folge von O-Ton Allgemeinmedizin erklärt er, welche Virtual-Reality-Anwendungen schon jetzt nutzbar sind. Beispielsweise sollen sich Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall wieder in ihrem Alltag zurechtfinden, indem sie sich als Avatare in einer computergenerierten Küche bewegen. Sie bekommen kurz ein Rezept gezeigt, dann müssen sie es aus dem Gedächtnis mithilfe der Controller in ihren Händen umsetzen. Das haptische Erleben in der virtuellen Realität werde immer besser simuliert, so Zorbach.
Selbst Erfahrungen, die vielen Menschen bislang nicht zugänglich waren, sollen im Metaverse erlebbar werden: Zorbach und sein Team arbeiten für die MedTriX Group daran, Menschen in den Körper von Personen mit Typ-1-Diabetes schlüpfen zu lassen. Die „Reisenden“ sollen fühlen und verstehen können, was bei einer Hyperglykämie passiert. „Auf diese Art wird Wissen ganz anders verankert“, meint der Experte. Auch in der Ausbildung von medizinischem Personal lassen sich verschiedene Abläufe an virtuellen Patienten sicher trainieren – sowohl allein als auch in interprofessionellen Teams aus Ärzten und Pflegenden.
In der Sprechstunde könnten virtuelle Anwendungen künftig ebenfalls Zeit sparen: Um Patientinnen und Patienten die gesundheitsschädlichen Folgen von ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel zu veranschaulichen, könnten Medizinerinnen und Mediziner ihnen etwa zeigen, in welchem Zustand ihr Körper bei gleichbleibenden Gewohnheiten in einigen Jahren sein wird.
Jetzt die Folge hören:
O-Ton Allgemeinmedizin gibt es alle 14 Tage donnerstags auf den gängigen Podcast-Plattformen.
Tipps von Kolleginnen und Kollegen zum Umgang mit besonders anspruchsvollen Situationen in der Sprechstunde: medical-tribune.de/o-ton-allgemeinmedizin
Datenschutz-Standards sind noch auszuarbeiten
Dies soll durch einen „digitalen Zwilling“ möglich sein, ein virtuelles Modell einer Person, das anhand exakter Daten erstellt wird. Diese Daten können etwa von Wearables stammen, aus der Forschung oder aus Gesundheitseinrichtungen, zählt Zorbach auf.
Der Datenschutz und die Datensicherheit müssten auch im Metaverse gegeben sein, betont er. So sollten Nutzende dem aktuellen Standard des Webs entsprechend zustimmen können, welche Daten erhoben werden. Insbesondere mit Blick auf das datenbasierte Geschäftsmodell von Unternehmen wie Meta – einem der derzeit prominentesten Player in der Entwicklung eines Metaverse – sei dies relevant.
Die Übertragung der neuen Technologie in die Regelversorgung steht noch aus. Zorbach ist sicher, dass sie ähnlich rasant ablaufen wird wie die Etablierung von Smartphones. Schon bald würden VR-Brillen wie selbstverständlich von fast jedem genutzt, der Schritt in die flächendeckende medizinische Anwendung sei dann nur noch klein.
Welche weiteren Einsatzmöglichkeiten virtueller Realitäten es in Medizin und Psychotherapie gibt und welche Erfahrungen Zorbach selbst im Metaverse gemacht hat, hören Sie in der Podcastfolge.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht