Videosprechstunde Log-in mit Folgen

e-Health , Telemedizin Autor: Angela Monecke

In Zukunft sollten in der Telemedizin auch Videosprechstunden mittels Gastzugang angeboten werden. (Agenturfoto) In Zukunft sollten in der Telemedizin auch Videosprechstunden mittels Gastzugang angeboten werden. (Agenturfoto) © agenturfotografin – stock.adobe.com

Name, Grund des Besuchs, Facharzt: Diese und weitere sensible Daten geben Patienten meist munter auf Telemedizin- und Arztterminportalen ein, wenn sie im Netz live mit einem Arzt sprechen wollen. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen warnt vor Lücken bei der Datensicherheit und hat zwei Anbieter abgemahnt.

Für Anmeldung und Log-in gibt der Patient auf Terminportalen einiges von sich preis. Name und Wohnort etwa, warum er eine virtuelle Beratung bzw. eine ärztliche Zweitmeinung braucht und um welches medizinische Problem es bei ihm geht. Zum vereinbarten Zeitpunkt betritt er ein virtuelles Wartezimmer, durch das er in die Videosprechstunde mit dem zugeschalteten Doktor gelangt. Sicher und datenschutzkonform sollen diese videotelefonischen Verbindungen sein – und nur für Arzt und Patient sind sie gedacht. Eigentlich.

Die meisten Online-Plattform­anbieter halten die nötigen Datenschutzstandards für sensible Gesundheitsdaten nicht richtig ein, kritisiert der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und stützt sich dabei auf eine Untersuchung seines Projekts „Verbraucherschutz bei digitalen Gesundheitsangeboten“, das vom Bundesverbraucherschutzministerium gefördert wird.

Rückschlüsse auf den Gesundheitszustand des einzelnen Patienten ließen demnach nicht nur der angegebene Besuchsgrund oder die gewünschte Facharztrichtung zu, sondern auch die genannten Termindaten. Die Verbraucherschützer warnen daher vor Datenmissbrauch und fordern, dass „diese Daten als besondere Kategorien personenbezogener Daten der Datenschutzgrundverordnung behandelt werden“. Seitens des Nutzers solcher Online-Dienste sei hierfür „eine ausdrückliche Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten“ erforderlich. Laut der Untersuchung würden jedoch „sieben der neun geprüften Anbieter keine oder nur eine unzureichende ausdrückliche Einwilligung einholen“.

Kein Tracking bei Videosprechstunden

Acht von neun untersuchten Anbietern geben in der Datenschutzerklärung zudem an, dass sie Tracking-Dienste verwenden. Für den Portalnutzer bedeutet dies, dass sein Verhalten z.B. für Werbezwecke ausgewertet wird. Gesundheitsdaten oder Daten, die auf den Gesundheitszustand schließen lassen, aus Marketinggründen zu nutzen, sieht der vzbv grundsätzlich kritisch. Zwei Anbieter hat er deshalb abgemahnt.

Digitale Gesundheitsangebote bedenkenlos nutzen können

Gut drei Viertel (76 %) der Internetnutzer ist der Schutz ihrer Daten bei digitalen Gesundheitsangeboten sehr bzw. eher wichtig. Das ergab eine internetrepräsentative Online-Befragung des Marktforschungsinstituts eye square, die der vzbv beauftragt hat. 1.100 Internetnutzer ab 16 Jahren wurden im Dezember 2022 zum Datenschutz befragt – 167 von ihnen nahmen an Videosprechstunden teil. 49 % machen den Schutz ihrer Daten davon abhängig, ob sie ein digitales Gesundheitsangebot nutzt oder nicht.

Die Befragung ergab zudem, dass die Mehrheit der Videosprechstunden von den Ärzten selbst (59 %) angeboten wird. Zum Videogespräch gelangen 33 % über Arztportale und 22 % über Telemedizin-Plattformen. Mehr als vier von zehn Befragten (44 %), die keine Videosprechstunden nutzen, wollen lieber mit dem Arzt vor Ort sprechen. 34 % der Nicht-Nutzer nennen hier jedoch das fehlende Videoangebot bei Ärzten.

Die Portalbetreiber hätten verschiedentlich gegen den Datenschutz verstoßen, etwa durch eine mangelhafte Ausgestaltung der ausdrücklichen Einwilligung in die Verarbeitung von Gesundheitsdaten oder durch eine zu lange Speicherdauer, hieß es. In beiden Fällen ließen sich die Verfahren bereits mit Unterlassungserklärungen außergerichtlich beenden. Weitere Abmahnungen würden derzeit geprüft, so der vzbv.

Die Europäische Union hat unlängst wieder beim Datenschutz interveniert. Der Digital Services Act (DSA), den die EU im vergangenen Sommer verabschiedet hat, untersagt z.B. den Online-Plattformen, dass sie sensible Daten für Werbung verwenden dürfen. Diese Regelungen sollen die Anbieter nun schnell umsetzen, fordert der vzbv. 

Politik soll Datenschutz bei Videosprechstunden sichern

„Nicht nur die reine Übertragung des Videos, sondern auch der Zugang zur Videosprechstunde sollte frei von Tracking und Werbung sein“, sagt Thomas Moormann, Leiter Team Gesundheit und Pflege. Sollten nach Inkrafttreten des DSA weitere Schutzlücken auftauchen, sei die Bundesregierung gefordert, den Datenschutz bei Videosprechstunden zu sichern. 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband fordert auch, die Möglichkeit eines Gastzugangs zu Videosprechstunden verpflichtend anzubieten, damit Patienten das Angebot niedrigschwelliger nutzen könnten.

Medical-Tribune-Bericht